Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Hauptstück. Erfordernisse
aber die Voraussetzung, daß sie einfach sind, umge-
stoßen. Demnach bleibt jeder innere Widerspruch
von denselben weg, und sie sind für sich möglich.
Man merke hiebey an, daß bey dieser Leibnitzi-
schen
Analyse von innern Merkmaalen die Rede ist,
oder wenigstens seyn soll. Denn die äußern Merk-
maale
sind Verhältnißbegriffe, wodurch ein Be-
griff vermittelst eines andern allenfalls auch be-
stimmt
werden kann. Durch dieses Bestimmen
aber wird der Begriff nicht analysirt. Es kann
auch allerdings ins Unendliche fortgehen, weil sich
von jedem Begriffe zu jedem andern Verhältnisse ge-
denken lasse. Und wenn man nach den Regeln, so
man in den Vernunftlehren darüber giebt, die Be-
griffe durch ihre Gattung und Unterschied der
Art
definirt, so wird man dadurch gar leicht von den
innern Merkmaalen weg und auf bloße Verhält-
nißbegriffe
gebracht, so daß man zuletzt dabey we-
der Anfang noch Ende findet.

§. 8.

Da man demnach bey der Leibnitzischen Analyse
der Begriffe endlich auf einfache Merkmaale kömmt,
so bleibt dabey die Frage, ob und wie man dieselben
erkennen und finden könne? Es ist für sich klar, daß
sie nicht nur nichts mannichfaltiges anbiethen, son-
dern auch in der That nichts mannichfaltiges ent-
halten
müssen. Ersteres würde sie nur in Absicht
auf uns einfach scheinen machen, letzteres aber machet
sie an sich einfach. Dieses muß nun die Natur und
Art des Begriffes selbst angeben. Aus der allge-
meinen Theorie der Begriffe lassen sich höchstens nur
Kennzeichen der einfachen Begriffe finden. Will
man aber jeden einzeln Begriff, der einfach ist, auf-

suchen,

I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
aber die Vorausſetzung, daß ſie einfach ſind, umge-
ſtoßen. Demnach bleibt jeder innere Widerſpruch
von denſelben weg, und ſie ſind fuͤr ſich moͤglich.
Man merke hiebey an, daß bey dieſer Leibnitzi-
ſchen
Analyſe von innern Merkmaalen die Rede iſt,
oder wenigſtens ſeyn ſoll. Denn die aͤußern Merk-
maale
ſind Verhaͤltnißbegriffe, wodurch ein Be-
griff vermittelſt eines andern allenfalls auch be-
ſtimmt
werden kann. Durch dieſes Beſtimmen
aber wird der Begriff nicht analyſirt. Es kann
auch allerdings ins Unendliche fortgehen, weil ſich
von jedem Begriffe zu jedem andern Verhaͤltniſſe ge-
denken laſſe. Und wenn man nach den Regeln, ſo
man in den Vernunftlehren daruͤber giebt, die Be-
griffe durch ihre Gattung und Unterſchied der
Art
definirt, ſo wird man dadurch gar leicht von den
innern Merkmaalen weg und auf bloße Verhaͤlt-
nißbegriffe
gebracht, ſo daß man zuletzt dabey we-
der Anfang noch Ende findet.

§. 8.

Da man demnach bey der Leibnitziſchen Analyſe
der Begriffe endlich auf einfache Merkmaale koͤmmt,
ſo bleibt dabey die Frage, ob und wie man dieſelben
erkennen und finden koͤnne? Es iſt fuͤr ſich klar, daß
ſie nicht nur nichts mannichfaltiges anbiethen, ſon-
dern auch in der That nichts mannichfaltiges ent-
halten
muͤſſen. Erſteres wuͤrde ſie nur in Abſicht
auf uns einfach ſcheinen machen, letzteres aber machet
ſie an ſich einfach. Dieſes muß nun die Natur und
Art des Begriffes ſelbſt angeben. Aus der allge-
meinen Theorie der Begriffe laſſen ſich hoͤchſtens nur
Kennzeichen der einfachen Begriffe finden. Will
man aber jeden einzeln Begriff, der einfach iſt, auf-

ſuchen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0042" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Erforderni&#x017F;&#x017F;e</hi></fw><lb/>
aber die Voraus&#x017F;etzung, daß &#x017F;ie einfach &#x017F;ind, umge-<lb/>
&#x017F;toßen. Demnach bleibt jeder innere Wider&#x017F;pruch<lb/>
von den&#x017F;elben weg, und &#x017F;ie &#x017F;ind fu&#x0364;r &#x017F;ich mo&#x0364;glich.<lb/>
Man merke hiebey an, daß bey die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Leibnitzi-<lb/>
&#x017F;chen</hi> Analy&#x017F;e von <hi rendition="#fr">innern</hi> Merkmaalen die Rede i&#x017F;t,<lb/>
oder wenig&#x017F;tens &#x017F;eyn &#x017F;oll. Denn die <hi rendition="#fr">a&#x0364;ußern Merk-<lb/>
maale</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltnißbegriffe,</hi> wodurch ein Be-<lb/>
griff vermittel&#x017F;t eines andern allenfalls auch <hi rendition="#fr">be-<lb/>
&#x017F;timmt</hi> werden kann. Durch die&#x017F;es Be&#x017F;timmen<lb/>
aber wird der Begriff nicht <hi rendition="#fr">analy&#x017F;irt.</hi> Es kann<lb/>
auch allerdings ins Unendliche fortgehen, weil &#x017F;ich<lb/>
von jedem Begriffe zu jedem andern Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e ge-<lb/>
denken la&#x017F;&#x017F;e. Und wenn man nach den Regeln, &#x017F;o<lb/>
man in den Vernunftlehren daru&#x0364;ber giebt, die Be-<lb/>
griffe durch ihre <hi rendition="#fr">Gattung</hi> und <hi rendition="#fr">Unter&#x017F;chied der<lb/>
Art</hi> definirt, &#x017F;o wird man dadurch gar leicht von den<lb/><hi rendition="#fr">innern Merkmaalen</hi> weg und auf bloße <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;lt-<lb/>
nißbegriffe</hi> gebracht, &#x017F;o daß man zuletzt dabey we-<lb/>
der Anfang noch Ende findet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 8.</head><lb/>
            <p>Da man demnach bey der <hi rendition="#fr">Leibnitzi&#x017F;chen</hi> Analy&#x017F;e<lb/>
der Begriffe endlich auf einfache Merkmaale ko&#x0364;mmt,<lb/>
&#x017F;o bleibt dabey die Frage, ob und wie man die&#x017F;elben<lb/>
erkennen und finden ko&#x0364;nne? Es i&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;ich klar, daß<lb/>
&#x017F;ie nicht nur nichts mannichfaltiges <hi rendition="#fr">anbiethen,</hi> &#x017F;on-<lb/>
dern auch in der That nichts mannichfaltiges <hi rendition="#fr">ent-<lb/>
halten</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Er&#x017F;teres wu&#x0364;rde &#x017F;ie nur in Ab&#x017F;icht<lb/>
auf uns einfach &#x017F;cheinen machen, letzteres aber machet<lb/>
&#x017F;ie an &#x017F;ich einfach. Die&#x017F;es muß nun die Natur und<lb/>
Art des Begriffes &#x017F;elb&#x017F;t angeben. Aus der allge-<lb/>
meinen Theorie der Begriffe la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur<lb/><hi rendition="#fr">Kennzeichen</hi> der einfachen Begriffe finden. Will<lb/>
man aber jeden einzeln Begriff, der einfach i&#x017F;t, auf-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;uchen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0042] I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe aber die Vorausſetzung, daß ſie einfach ſind, umge- ſtoßen. Demnach bleibt jeder innere Widerſpruch von denſelben weg, und ſie ſind fuͤr ſich moͤglich. Man merke hiebey an, daß bey dieſer Leibnitzi- ſchen Analyſe von innern Merkmaalen die Rede iſt, oder wenigſtens ſeyn ſoll. Denn die aͤußern Merk- maale ſind Verhaͤltnißbegriffe, wodurch ein Be- griff vermittelſt eines andern allenfalls auch be- ſtimmt werden kann. Durch dieſes Beſtimmen aber wird der Begriff nicht analyſirt. Es kann auch allerdings ins Unendliche fortgehen, weil ſich von jedem Begriffe zu jedem andern Verhaͤltniſſe ge- denken laſſe. Und wenn man nach den Regeln, ſo man in den Vernunftlehren daruͤber giebt, die Be- griffe durch ihre Gattung und Unterſchied der Art definirt, ſo wird man dadurch gar leicht von den innern Merkmaalen weg und auf bloße Verhaͤlt- nißbegriffe gebracht, ſo daß man zuletzt dabey we- der Anfang noch Ende findet. §. 8. Da man demnach bey der Leibnitziſchen Analyſe der Begriffe endlich auf einfache Merkmaale koͤmmt, ſo bleibt dabey die Frage, ob und wie man dieſelben erkennen und finden koͤnne? Es iſt fuͤr ſich klar, daß ſie nicht nur nichts mannichfaltiges anbiethen, ſon- dern auch in der That nichts mannichfaltiges ent- halten muͤſſen. Erſteres wuͤrde ſie nur in Abſicht auf uns einfach ſcheinen machen, letzteres aber machet ſie an ſich einfach. Dieſes muß nun die Natur und Art des Begriffes ſelbſt angeben. Aus der allge- meinen Theorie der Begriffe laſſen ſich hoͤchſtens nur Kennzeichen der einfachen Begriffe finden. Will man aber jeden einzeln Begriff, der einfach iſt, auf- ſuchen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/42
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/42>, abgerufen am 24.11.2024.