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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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XI. Hauptstück.
geben können, oder wirklich gebe, die durch mehrere
Verwandlungen gehen, ehe sie wiederkehren. Sonst
giebt es in der Welt keine genau periodische Verän-
derungen, und zwar aus denen Gründen, aus welchen
wir oben (§. 129. 130.) gezeiget haben, daß darinn
weder eine absolute Jdentität noch der Progressus re-
rum circularis
vorkomme, weil nämlich die wirken-
den Ursachen viel zu sehr durch einander laufen, und
die einfachen Perioden, wovon sich nur die Summe
der Wirkungen zeiget, incommensurabel sind. Dieser
einige Umstand ist an sich schon hinreichend, um zu
machen, daß die Summe, die sich jedesmal zeiget,
niemals genau in eben der Ordnung wiederkehrt.
Jndessen kommen in der Welt Perioden vor, die
sehr einfach, und deren kleinere Abwechselungen ent-
weder sich langsam äußern, oder ebenfalls auf Perio-
den können gebracht werden. Jn der Mechanic wird
aus den Grundsätzen und Postulaten der einfachen
Begriffe der Kraft und Bewegung bestimmet, durch
welchen Mechanismus solche Perioden möglich sind.
Da man nun in der Astronomie eben nicht annimmt,
daß gewisse Jntelligenzen sich um die Sonne Lauf-
bahne gezeichnet, und die Planeten freywillig nach
einem willkührlich angenommenen Gesetze darinn her-
umführen, so hat man ohne Bedenken den Mecha-
nismus der Centralkräfte dabey angenommen, den
man nach allen Jndividualien durch die Observatio-
nen bekräftiget findet. Denn da bey fortdauernden
Perioden der Zufall ausgeschlossen ist, so werden sie
entweder durch den Vorsatz eines mit Verstand, Wil-
len und Kräften begabten Wesens, oder, wo es körper-
liche Veränderungen sind, durch einen Mechanismus
von bewegenden Kräften herfürgebracht. Ersteres
können wir unmittelbar, letzteres mittelbar nennen.

Beydes

XI. Hauptſtuͤck.
geben koͤnnen, oder wirklich gebe, die durch mehrere
Verwandlungen gehen, ehe ſie wiederkehren. Sonſt
giebt es in der Welt keine genau periodiſche Veraͤn-
derungen, und zwar aus denen Gruͤnden, aus welchen
wir oben (§. 129. 130.) gezeiget haben, daß darinn
weder eine abſolute Jdentitaͤt noch der Progreſſus re-
rum circularis
vorkomme, weil naͤmlich die wirken-
den Urſachen viel zu ſehr durch einander laufen, und
die einfachen Perioden, wovon ſich nur die Summe
der Wirkungen zeiget, incommenſurabel ſind. Dieſer
einige Umſtand iſt an ſich ſchon hinreichend, um zu
machen, daß die Summe, die ſich jedesmal zeiget,
niemals genau in eben der Ordnung wiederkehrt.
Jndeſſen kommen in der Welt Perioden vor, die
ſehr einfach, und deren kleinere Abwechſelungen ent-
weder ſich langſam aͤußern, oder ebenfalls auf Perio-
den koͤnnen gebracht werden. Jn der Mechanic wird
aus den Grundſaͤtzen und Poſtulaten der einfachen
Begriffe der Kraft und Bewegung beſtimmet, durch
welchen Mechaniſmus ſolche Perioden moͤglich ſind.
Da man nun in der Aſtronomie eben nicht annimmt,
daß gewiſſe Jntelligenzen ſich um die Sonne Lauf-
bahne gezeichnet, und die Planeten freywillig nach
einem willkuͤhrlich angenommenen Geſetze darinn her-
umfuͤhren, ſo hat man ohne Bedenken den Mecha-
niſmus der Centralkraͤfte dabey angenommen, den
man nach allen Jndividualien durch die Obſervatio-
nen bekraͤftiget findet. Denn da bey fortdauernden
Perioden der Zufall ausgeſchloſſen iſt, ſo werden ſie
entweder durch den Vorſatz eines mit Verſtand, Wil-
len und Kraͤften begabten Weſens, oder, wo es koͤrper-
liche Veraͤnderungen ſind, durch einen Mechaniſmus
von bewegenden Kraͤften herfuͤrgebracht. Erſteres
koͤnnen wir unmittelbar, letzteres mittelbar nennen.

Beydes
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[324/0360] XI. Hauptſtuͤck. geben koͤnnen, oder wirklich gebe, die durch mehrere Verwandlungen gehen, ehe ſie wiederkehren. Sonſt giebt es in der Welt keine genau periodiſche Veraͤn- derungen, und zwar aus denen Gruͤnden, aus welchen wir oben (§. 129. 130.) gezeiget haben, daß darinn weder eine abſolute Jdentitaͤt noch der Progreſſus re- rum circularis vorkomme, weil naͤmlich die wirken- den Urſachen viel zu ſehr durch einander laufen, und die einfachen Perioden, wovon ſich nur die Summe der Wirkungen zeiget, incommenſurabel ſind. Dieſer einige Umſtand iſt an ſich ſchon hinreichend, um zu machen, daß die Summe, die ſich jedesmal zeiget, niemals genau in eben der Ordnung wiederkehrt. Jndeſſen kommen in der Welt Perioden vor, die ſehr einfach, und deren kleinere Abwechſelungen ent- weder ſich langſam aͤußern, oder ebenfalls auf Perio- den koͤnnen gebracht werden. Jn der Mechanic wird aus den Grundſaͤtzen und Poſtulaten der einfachen Begriffe der Kraft und Bewegung beſtimmet, durch welchen Mechaniſmus ſolche Perioden moͤglich ſind. Da man nun in der Aſtronomie eben nicht annimmt, daß gewiſſe Jntelligenzen ſich um die Sonne Lauf- bahne gezeichnet, und die Planeten freywillig nach einem willkuͤhrlich angenommenen Geſetze darinn her- umfuͤhren, ſo hat man ohne Bedenken den Mecha- niſmus der Centralkraͤfte dabey angenommen, den man nach allen Jndividualien durch die Obſervatio- nen bekraͤftiget findet. Denn da bey fortdauernden Perioden der Zufall ausgeſchloſſen iſt, ſo werden ſie entweder durch den Vorſatz eines mit Verſtand, Wil- len und Kraͤften begabten Weſens, oder, wo es koͤrper- liche Veraͤnderungen ſind, durch einen Mechaniſmus von bewegenden Kraͤften herfuͤrgebracht. Erſteres koͤnnen wir unmittelbar, letzteres mittelbar nennen. Beydes

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/360>, abgerufen am 25.11.2024.