nicht B seyn, weil es solche Bestimmungen Nicht - B hat, die das B schlechthin ausschließen.
§. 258.
Auf diese Art können wir z. E. sagen: Ein Mensch ist gelehrt, und dieses ist ganz positiv, weil die Gelehrsamkeit in der That unter den mensch- lichen Prädicaten ist. Sagen wir hingegen: Ein Mensch ist nicht gelehrt, so ist dieses privativ, weil er die Gelehrsamkeit, die er als Mensch doch haben könnte, schlechthin nur nicht hat. Sagen wir: Ein Stein ist gelehrt, so ist dieses absurd, weil die Gelehrsamkeit unter den Prädicaten eines Steins gar nicht vorkömmt, und so fern sie nicht darinn vor- kommen kann, können wir den Terminum infinitum nicht - gelehrt mit seiner völligen Categorie von dem Steine bejahen. Denn dieser Terminus ist eigentlich ein abgekürzter Ausdruck, den wir statt der Umschreibung gebrauchen können; ein Stein habe solche Bestimmungen, bey welchen die Gelehrsamkeit nicht als Prädicat vorkommen könne. Wir werden nun aus dem bisher Gesagten einige Folgen ziehen.
§. 259.
Die erste ist, daß die Theorie desTermini in- finitieigentlich nur bey denIndiniduisangebracht werden könne. Denn die Begriffe der Arten und Gattungen, sind dadurch allgemein, weil wir die Be- stimmungen, die sie in den Indiuiduis haben, schlecht- hin nur weglassen, oder davon abstrahiren. So z. E. ist ein Mensch, überhaupt betrachtet, weder gelehrt noch ungelehrt, weil in dem Begriffe der Gattung die bloße Möglichkeit, gelehrt zu werden, oder un- gelehrt zu bleiben, beybehalten wird. Wenn wir
dem-
P 4
Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.
nicht B ſeyn, weil es ſolche Beſtimmungen Nicht ‒ B hat, die das B ſchlechthin ausſchließen.
§. 258.
Auf dieſe Art koͤnnen wir z. E. ſagen: Ein Menſch iſt gelehrt, und dieſes iſt ganz poſitiv, weil die Gelehrſamkeit in der That unter den menſch- lichen Praͤdicaten iſt. Sagen wir hingegen: Ein Menſch iſt nicht gelehrt, ſo iſt dieſes privativ, weil er die Gelehrſamkeit, die er als Menſch doch haben koͤnnte, ſchlechthin nur nicht hat. Sagen wir: Ein Stein iſt gelehrt, ſo iſt dieſes abſurd, weil die Gelehrſamkeit unter den Praͤdicaten eines Steins gar nicht vorkoͤmmt, und ſo fern ſie nicht darinn vor- kommen kann, koͤnnen wir den Terminum infinitum nicht ‒ gelehrt mit ſeiner voͤlligen Categorie von dem Steine bejahen. Denn dieſer Terminus iſt eigentlich ein abgekuͤrzter Ausdruck, den wir ſtatt der Umſchreibung gebrauchen koͤnnen; ein Stein habe ſolche Beſtimmungen, bey welchen die Gelehrſamkeit nicht als Praͤdicat vorkommen koͤnne. Wir werden nun aus dem bisher Geſagten einige Folgen ziehen.
§. 259.
Die erſte iſt, daß die Theorie desTermini in- finitieigentlich nur bey denIndiniduisangebracht werden koͤnne. Denn die Begriffe der Arten und Gattungen, ſind dadurch allgemein, weil wir die Be- ſtimmungen, die ſie in den Indiuiduis haben, ſchlecht- hin nur weglaſſen, oder davon abſtrahiren. So z. E. iſt ein Menſch, uͤberhaupt betrachtet, weder gelehrt noch ungelehrt, weil in dem Begriffe der Gattung die bloße Moͤglichkeit, gelehrt zu werden, oder un- gelehrt zu bleiben, beybehalten wird. Wenn wir
dem-
P 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0267"n="231"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.</hi></fw><lb/>
nicht <hirendition="#aq">B</hi>ſeyn, weil es ſolche Beſtimmungen <hirendition="#fr">Nicht</hi>‒<hirendition="#aq"><hirendition="#i">B</hi></hi><lb/>
hat, die das <hirendition="#aq">B</hi>ſchlechthin ausſchließen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 258.</head><lb/><p>Auf dieſe Art koͤnnen wir z. E. ſagen: <hirendition="#fr">Ein<lb/>
Menſch iſt gelehrt,</hi> und dieſes iſt ganz <hirendition="#fr">poſitiv,</hi><lb/>
weil die Gelehrſamkeit in der That unter den menſch-<lb/>
lichen Praͤdicaten iſt. Sagen wir hingegen: <hirendition="#fr">Ein<lb/>
Menſch iſt nicht gelehrt,</hi>ſo iſt dieſes <hirendition="#fr">privativ,</hi><lb/>
weil er die Gelehrſamkeit, die er als Menſch doch<lb/>
haben koͤnnte, ſchlechthin nur nicht hat. Sagen wir:<lb/><hirendition="#fr">Ein Stein iſt gelehrt,</hi>ſo iſt dieſes <hirendition="#fr">abſurd,</hi> weil<lb/>
die Gelehrſamkeit unter den Praͤdicaten eines Steins<lb/>
gar nicht vorkoͤmmt, und ſo fern ſie nicht darinn vor-<lb/>
kommen kann, koͤnnen wir den <hirendition="#aq">Terminum infinitum</hi><lb/><hirendition="#fr">nicht ‒ gelehrt</hi> mit ſeiner voͤlligen Categorie von<lb/>
dem Steine bejahen. Denn dieſer <hirendition="#aq">Terminus</hi> iſt<lb/>
eigentlich ein abgekuͤrzter Ausdruck, den wir ſtatt der<lb/>
Umſchreibung gebrauchen koͤnnen; ein Stein habe<lb/>ſolche Beſtimmungen, bey welchen die Gelehrſamkeit<lb/>
nicht als Praͤdicat vorkommen koͤnne. Wir werden<lb/>
nun aus dem bisher Geſagten einige Folgen ziehen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 259.</head><lb/><p>Die erſte iſt, <hirendition="#fr">daß die Theorie des</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Termini in-<lb/>
finiti</hi></hi><hirendition="#fr">eigentlich nur bey den</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Indiniduis</hi></hi><hirendition="#fr">angebracht<lb/>
werden koͤnne.</hi> Denn die Begriffe der Arten und<lb/>
Gattungen, ſind dadurch allgemein, weil wir die Be-<lb/>ſtimmungen, die ſie in den <hirendition="#aq">Indiuiduis</hi> haben, ſchlecht-<lb/>
hin nur weglaſſen, oder davon abſtrahiren. So z. E.<lb/>
iſt ein Menſch, uͤberhaupt betrachtet, weder gelehrt<lb/>
noch ungelehrt, weil in dem Begriffe der Gattung<lb/>
die bloße Moͤglichkeit, gelehrt zu werden, oder un-<lb/>
gelehrt zu bleiben, beybehalten wird. Wenn wir<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">dem-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[231/0267]
Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.
nicht B ſeyn, weil es ſolche Beſtimmungen Nicht ‒ B
hat, die das B ſchlechthin ausſchließen.
§. 258.
Auf dieſe Art koͤnnen wir z. E. ſagen: Ein
Menſch iſt gelehrt, und dieſes iſt ganz poſitiv,
weil die Gelehrſamkeit in der That unter den menſch-
lichen Praͤdicaten iſt. Sagen wir hingegen: Ein
Menſch iſt nicht gelehrt, ſo iſt dieſes privativ,
weil er die Gelehrſamkeit, die er als Menſch doch
haben koͤnnte, ſchlechthin nur nicht hat. Sagen wir:
Ein Stein iſt gelehrt, ſo iſt dieſes abſurd, weil
die Gelehrſamkeit unter den Praͤdicaten eines Steins
gar nicht vorkoͤmmt, und ſo fern ſie nicht darinn vor-
kommen kann, koͤnnen wir den Terminum infinitum
nicht ‒ gelehrt mit ſeiner voͤlligen Categorie von
dem Steine bejahen. Denn dieſer Terminus iſt
eigentlich ein abgekuͤrzter Ausdruck, den wir ſtatt der
Umſchreibung gebrauchen koͤnnen; ein Stein habe
ſolche Beſtimmungen, bey welchen die Gelehrſamkeit
nicht als Praͤdicat vorkommen koͤnne. Wir werden
nun aus dem bisher Geſagten einige Folgen ziehen.
§. 259.
Die erſte iſt, daß die Theorie des Termini in-
finiti eigentlich nur bey den Indiniduis angebracht
werden koͤnne. Denn die Begriffe der Arten und
Gattungen, ſind dadurch allgemein, weil wir die Be-
ſtimmungen, die ſie in den Indiuiduis haben, ſchlecht-
hin nur weglaſſen, oder davon abſtrahiren. So z. E.
iſt ein Menſch, uͤberhaupt betrachtet, weder gelehrt
noch ungelehrt, weil in dem Begriffe der Gattung
die bloße Moͤglichkeit, gelehrt zu werden, oder un-
gelehrt zu bleiben, beybehalten wird. Wenn wir
dem-
P 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/267>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.