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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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VIII. Hauptstück.
§. 257.

Das Nicht - B zeiget demnach nicht alles, son-
dern nur etwas von den Dingen an, die nicht B sind,
oder denen B nicht als ein Prädicat zukömmt. Und
wenn man saget:
A ist Nicht - B,
so will man dadurch sagen: A ist etwas anders
als
B. Dieser Ausdruck ist aber noch nicht bestimmt
genug. Denn es bleiben dabey noch zween Fälle
möglich. 1°. A kann, außer daß es B ist, noch gar
wohl etwas anders, als B seyn. Und da sagt man
bestimmter: A ist noch etwas anders, oder noch
etwas mehr als
B. Und diese Redensart gebraucht
man, wenn man A definiren will, und in B noch nicht
ein vollständiges oder zureichendes Merkmal findet.
2°. Kann A dergestalt etwas anders als B seyn,
daß
B davon ganz ausgeschlossen bleibt, oder
wenn man es als eine Bestimmung mitnehmen wollte,
in A einen Widerspruch bringen würde. Und da ist A
etwas dem B Widersprechendes, das mit B nicht be-
stehen kann (incompatibile). Von diesen beyden Fäl-
len muß nun einer dem nicht - B entsprechen, und
da ist offenbar, daß es der zweyte ist. Denn das
nicht, so lange es nur dem ist als ein Aduerbium
beygefüget wird, zeiget eine bloße Privation an, hin-
gegen als Adiectiuum hat es etwas Categorisches,
und das Nicht - B schließt das B nicht nur zum
Theil, sondern ganz aus. Wenn man daher sagt:
A ist Nicht - B,
so will dieses so viel sagen: A hat solche Prädi-
cate, mit welchen
B zugleich nicht seyn kann,
und hat sie wirklich oder auch schlechthin;
oder
auch: A ist nicht nur nicht B, sondern es kann auch

nicht
VIII. Hauptſtuͤck.
§. 257.

Das NichtB zeiget demnach nicht alles, ſon-
dern nur etwas von den Dingen an, die nicht B ſind,
oder denen B nicht als ein Praͤdicat zukoͤmmt. Und
wenn man ſaget:
A iſt NichtB,
ſo will man dadurch ſagen: A iſt etwas anders
als
B. Dieſer Ausdruck iſt aber noch nicht beſtimmt
genug. Denn es bleiben dabey noch zween Faͤlle
moͤglich. 1°. A kann, außer daß es B iſt, noch gar
wohl etwas anders, als B ſeyn. Und da ſagt man
beſtimmter: A iſt noch etwas anders, oder noch
etwas mehr als
B. Und dieſe Redensart gebraucht
man, wenn man A definiren will, und in B noch nicht
ein vollſtaͤndiges oder zureichendes Merkmal findet.
2°. Kann A dergeſtalt etwas anders als B ſeyn,
daß
B davon ganz ausgeſchloſſen bleibt, oder
wenn man es als eine Beſtimmung mitnehmen wollte,
in A einen Widerſpruch bringen wuͤrde. Und da iſt A
etwas dem B Widerſprechendes, das mit B nicht be-
ſtehen kann (incompatibile). Von dieſen beyden Faͤl-
len muß nun einer dem nichtB entſprechen, und
da iſt offenbar, daß es der zweyte iſt. Denn das
nicht, ſo lange es nur dem iſt als ein Aduerbium
beygefuͤget wird, zeiget eine bloße Privation an, hin-
gegen als Adiectiuum hat es etwas Categoriſches,
und das NichtB ſchließt das B nicht nur zum
Theil, ſondern ganz aus. Wenn man daher ſagt:
A iſt NichtB,
ſo will dieſes ſo viel ſagen: A hat ſolche Praͤdi-
cate, mit welchen
B zugleich nicht ſeyn kann,
und hat ſie wirklich oder auch ſchlechthin;
oder
auch: A iſt nicht nur nicht B, ſondern es kann auch

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[230/0266] VIII. Hauptſtuͤck. §. 257. Das Nicht ‒ B zeiget demnach nicht alles, ſon- dern nur etwas von den Dingen an, die nicht B ſind, oder denen B nicht als ein Praͤdicat zukoͤmmt. Und wenn man ſaget: A iſt Nicht ‒ B, ſo will man dadurch ſagen: A iſt etwas anders als B. Dieſer Ausdruck iſt aber noch nicht beſtimmt genug. Denn es bleiben dabey noch zween Faͤlle moͤglich. 1°. A kann, außer daß es B iſt, noch gar wohl etwas anders, als B ſeyn. Und da ſagt man beſtimmter: A iſt noch etwas anders, oder noch etwas mehr als B. Und dieſe Redensart gebraucht man, wenn man A definiren will, und in B noch nicht ein vollſtaͤndiges oder zureichendes Merkmal findet. 2°. Kann A dergeſtalt etwas anders als B ſeyn, daß B davon ganz ausgeſchloſſen bleibt, oder wenn man es als eine Beſtimmung mitnehmen wollte, in A einen Widerſpruch bringen wuͤrde. Und da iſt A etwas dem B Widerſprechendes, das mit B nicht be- ſtehen kann (incompatibile). Von dieſen beyden Faͤl- len muß nun einer dem nicht ‒ B entſprechen, und da iſt offenbar, daß es der zweyte iſt. Denn das nicht, ſo lange es nur dem iſt als ein Aduerbium beygefuͤget wird, zeiget eine bloße Privation an, hin- gegen als Adiectiuum hat es etwas Categoriſches, und das Nicht ‒ B ſchließt das B nicht nur zum Theil, ſondern ganz aus. Wenn man daher ſagt: A iſt Nicht ‒ B, ſo will dieſes ſo viel ſagen: A hat ſolche Praͤdi- cate, mit welchen B zugleich nicht ſeyn kann, und hat ſie wirklich oder auch ſchlechthin; oder auch: A iſt nicht nur nicht B, ſondern es kann auch nicht

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/266>, abgerufen am 22.11.2024.