Daferne wir den zweyten nicht unbestimmter lassen müßten. Denn so könnten z. E. alle A, B seyn. Wenn wir aber nur noch von etlichen A wissen, daß sie B sind, so sagen wir schlechthin: Etliche A sind B. und dabey lassen wir es dahingestellt, ob nicht alle A, B sind. Auf gleiche Art sagen wir: Etliche A sind nicht B. und lassen unausgemacht, ob nicht kein A, B ist? Die logische Theorie von der Form der Sätze und Schlüsse nimmt die Sätze nur, so wie wir sie, ohne uns in die Untersuchung der Materie tief einzulassen, am leichtesten haben können. Nehmen wir aber die drey erst angegebene Sätze an, so ist unter demselben in jedem Falle nothwendig nur einer wahr, und zwar, weil nach der Natur dieser logischen Rechenkunst, alle, nur etliche, kein, schlechthin nicht beysammen bestehen können. Hingegen wenn wir die vier vorhin angeführten
1o. Alle A sind B.
2o. Etliche A sind B.
3o. Etliche A sind nicht B.
4o. Kein A ist B.
so unbestimmt sie genommen werden (§. 233.), gelten lassen, so hat mit dem ersten der zweyte, mit dem vierten der dritte, zugleich statt, hingegen kann der erste mit dem dritten, der vierte mit dem zweyten, nicht zugleich statt haben, und der zweyte kann mit dem dritten zugleich wahr, aber nicht zugleich falsch, und der erste mit dem vierten nicht zugleich wahr seyn.
§. 235.
Da wir hier nicht sowohl die Form als die Ma- terie der Sätze betrachten, so können wir auch anzei-
gen,
Das Seyn und das Nicht ſeyn.
Daferne wir den zweyten nicht unbeſtimmter laſſen muͤßten. Denn ſo koͤnnten z. E. alle A, B ſeyn. Wenn wir aber nur noch von etlichen A wiſſen, daß ſie B ſind, ſo ſagen wir ſchlechthin: Etliche A ſind B. und dabey laſſen wir es dahingeſtellt, ob nicht alle A, B ſind. Auf gleiche Art ſagen wir: Etliche A ſind nicht B. und laſſen unausgemacht, ob nicht kein A, B iſt? Die logiſche Theorie von der Form der Saͤtze und Schluͤſſe nimmt die Saͤtze nur, ſo wie wir ſie, ohne uns in die Unterſuchung der Materie tief einzulaſſen, am leichteſten haben koͤnnen. Nehmen wir aber die drey erſt angegebene Saͤtze an, ſo iſt unter demſelben in jedem Falle nothwendig nur einer wahr, und zwar, weil nach der Natur dieſer logiſchen Rechenkunſt, alle, nur etliche, kein, ſchlechthin nicht beyſammen beſtehen koͤnnen. Hingegen wenn wir die vier vorhin angefuͤhrten
1º. Alle A ſind B.
2º. Etliche A ſind B.
3º. Etliche A ſind nicht B.
4º. Kein A iſt B.
ſo unbeſtimmt ſie genommen werden (§. 233.), gelten laſſen, ſo hat mit dem erſten der zweyte, mit dem vierten der dritte, zugleich ſtatt, hingegen kann der erſte mit dem dritten, der vierte mit dem zweyten, nicht zugleich ſtatt haben, und der zweyte kann mit dem dritten zugleich wahr, aber nicht zugleich falſch, und der erſte mit dem vierten nicht zugleich wahr ſeyn.
§. 235.
Da wir hier nicht ſowohl die Form als die Ma- terie der Saͤtze betrachten, ſo koͤnnen wir auch anzei-
gen,
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Das Seyn und das Nicht ſeyn.
Daferne wir den zweyten nicht unbeſtimmter laſſen
muͤßten. Denn ſo koͤnnten z. E. alle A, B ſeyn.
Wenn wir aber nur noch von etlichen A wiſſen, daß
ſie B ſind, ſo ſagen wir ſchlechthin:
Etliche A ſind B.
und dabey laſſen wir es dahingeſtellt, ob nicht alle
A, B ſind. Auf gleiche Art ſagen wir:
Etliche A ſind nicht B.
und laſſen unausgemacht, ob nicht kein A, B iſt?
Die logiſche Theorie von der Form der Saͤtze und
Schluͤſſe nimmt die Saͤtze nur, ſo wie wir ſie, ohne
uns in die Unterſuchung der Materie tief einzulaſſen,
am leichteſten haben koͤnnen. Nehmen wir aber die
drey erſt angegebene Saͤtze an, ſo iſt unter demſelben
in jedem Falle nothwendig nur einer wahr, und zwar,
weil nach der Natur dieſer logiſchen Rechenkunſt,
alle, nur etliche, kein, ſchlechthin nicht beyſammen
beſtehen koͤnnen. Hingegen wenn wir die vier vorhin
angefuͤhrten
1º. Alle A ſind B.
2º. Etliche A ſind B.
3º. Etliche A ſind nicht B.
4º. Kein A iſt B.
ſo unbeſtimmt ſie genommen werden (§. 233.), gelten
laſſen, ſo hat mit dem erſten der zweyte, mit dem
vierten der dritte, zugleich ſtatt, hingegen kann der
erſte mit dem dritten, der vierte mit dem zweyten,
nicht zugleich ſtatt haben, und der zweyte kann mit
dem dritten zugleich wahr, aber nicht zugleich falſch,
und der erſte mit dem vierten nicht zugleich wahr ſeyn.
§. 235.
Da wir hier nicht ſowohl die Form als die Ma-
terie der Saͤtze betrachten, ſo koͤnnen wir auch anzei-
gen,
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/239>, abgerufen am 23.02.2025.
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