Aufklärung abstracter und transcendenter Be- griffe folgen muß, weil dadurch die Entstehens- art derselben deutlich gemacht wird. Jn vor- erwähntem Nucleo Logicae Weisianae sieht Lange die Form als eine Ursache an, und sa- get, sie sey materiam essentialiter modificatam reddens. Also würde die Form in der Sache selbst der complexus modificationum essentia- lium seyn. Die Hauptfrage war aber immer, diese Modificationen selbst kenntlich zu machen und vorzuzählen. Denn darauf kömmt in practischen Dingen das Brauchbare des Be- griffes an.
Ueber den Begriff der Qualität hat sich mir nichts dargebothen, das zu einer besondern und brauchbaren Theorie desselben hinreichend wäre. Aristoteles erkläret die Qualität durch das Quale, und hat darinn nicht so ganz unrecht. Es liegt in dem Begriffe etwas ganz einfaches, welches wir sehr klar aber auch nicht mehr als klar denken. Die Qualität wird der Quan- tität entgegengesetzt, und sowohl von den blo- ßen Verhältnissen, als von der Sache und ihren Theilen unterschieden. Daraus folget, daß die eigentlich sogenannten Qualitäten die einfachen und für sich gedenkbaren Eigenschaften in den Dingen sind. Man nimmt aber im ge- meinen Gebrauche zu reden, die Sache nicht so genau, und die wahren innern Eigenschaften der Dinge sind noch viel zu unbekannt, als daß sich
an
Vorrede.
Aufklaͤrung abſtracter und tranſcendenter Be- griffe folgen muß, weil dadurch die Entſtehens- art derſelben deutlich gemacht wird. Jn vor- erwaͤhntem Nucleo Logicae Weiſianae ſieht Lange die Form als eine Urſache an, und ſa- get, ſie ſey materiam eſſentialiter modificatam reddens. Alſo wuͤrde die Form in der Sache ſelbſt der complexus modificationum eſſentia- lium ſeyn. Die Hauptfrage war aber immer, dieſe Modificationen ſelbſt kenntlich zu machen und vorzuzaͤhlen. Denn darauf koͤmmt in practiſchen Dingen das Brauchbare des Be- griffes an.
Ueber den Begriff der Qualitaͤt hat ſich mir nichts dargebothen, das zu einer beſondern und brauchbaren Theorie deſſelben hinreichend waͤre. Ariſtoteles erklaͤret die Qualitaͤt durch das Quale, und hat darinn nicht ſo ganz unrecht. Es liegt in dem Begriffe etwas ganz einfaches, welches wir ſehr klar aber auch nicht mehr als klar denken. Die Qualitaͤt wird der Quan- titaͤt entgegengeſetzt, und ſowohl von den blo- ßen Verhaͤltniſſen, als von der Sache und ihren Theilen unterſchieden. Daraus folget, daß die eigentlich ſogenannten Qualitaͤten die einfachen und fuͤr ſich gedenkbaren Eigenſchaften in den Dingen ſind. Man nimmt aber im ge- meinen Gebrauche zu reden, die Sache nicht ſo genau, und die wahren innern Eigenſchaften der Dinge ſind noch viel zu unbekannt, als daß ſich
an
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0022"n="XVIII"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Aufklaͤrung abſtracter und tranſcendenter Be-<lb/>
griffe folgen muß, weil dadurch die <hirendition="#fr">Entſtehens-<lb/>
art</hi> derſelben deutlich gemacht wird. Jn vor-<lb/>
erwaͤhntem <hirendition="#aq">Nucleo Logicae Weiſianae</hi>ſieht<lb/><hirendition="#fr">Lange</hi> die <hirendition="#fr">Form</hi> als eine <hirendition="#fr">Urſache</hi> an, und ſa-<lb/>
get, ſie ſey <hirendition="#aq">materiam eſſentialiter modificatam<lb/>
reddens.</hi> Alſo wuͤrde die Form in der Sache<lb/>ſelbſt der <hirendition="#aq">complexus modificationum eſſentia-<lb/>
lium</hi>ſeyn. Die Hauptfrage war aber immer,<lb/>
dieſe Modificationen ſelbſt <hirendition="#fr">kenntlich zu machen</hi><lb/>
und <hirendition="#fr">vorzuzaͤhlen.</hi> Denn darauf koͤmmt in<lb/><hirendition="#fr">practiſchen</hi> Dingen das <hirendition="#fr">Brauchbare</hi> des Be-<lb/>
griffes an.</p><lb/><p>Ueber den Begriff der Qualitaͤt hat ſich mir<lb/>
nichts dargebothen, das zu einer beſondern und<lb/>
brauchbaren Theorie deſſelben hinreichend waͤre.<lb/><hirendition="#fr">Ariſtoteles</hi> erklaͤret die Qualitaͤt durch das<lb/><hirendition="#aq">Quale,</hi> und hat darinn nicht ſo ganz unrecht.<lb/>
Es liegt in dem Begriffe etwas ganz einfaches,<lb/>
welches wir ſehr <hirendition="#fr">klar</hi> aber auch nicht mehr als<lb/><hirendition="#fr">klar</hi> denken. Die <hirendition="#fr">Qualitaͤt</hi> wird der <hirendition="#fr">Quan-<lb/>
titaͤt</hi> entgegengeſetzt, und ſowohl von den blo-<lb/>
ßen <hirendition="#fr">Verhaͤltniſſen,</hi> als von der <hirendition="#fr">Sache</hi> und<lb/>
ihren <hirendition="#fr">Theilen</hi> unterſchieden. Daraus folget,<lb/>
daß die eigentlich ſogenannten <hirendition="#fr">Qualitaͤten</hi> die<lb/>
einfachen und fuͤr ſich gedenkbaren Eigenſchaften<lb/>
in den Dingen ſind. Man nimmt aber im ge-<lb/>
meinen Gebrauche zu reden, die Sache nicht ſo<lb/>
genau, und die wahren innern Eigenſchaften der<lb/>
Dinge ſind noch viel zu unbekannt, als daß ſich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">an</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[XVIII/0022]
Vorrede.
Aufklaͤrung abſtracter und tranſcendenter Be-
griffe folgen muß, weil dadurch die Entſtehens-
art derſelben deutlich gemacht wird. Jn vor-
erwaͤhntem Nucleo Logicae Weiſianae ſieht
Lange die Form als eine Urſache an, und ſa-
get, ſie ſey materiam eſſentialiter modificatam
reddens. Alſo wuͤrde die Form in der Sache
ſelbſt der complexus modificationum eſſentia-
lium ſeyn. Die Hauptfrage war aber immer,
dieſe Modificationen ſelbſt kenntlich zu machen
und vorzuzaͤhlen. Denn darauf koͤmmt in
practiſchen Dingen das Brauchbare des Be-
griffes an.
Ueber den Begriff der Qualitaͤt hat ſich mir
nichts dargebothen, das zu einer beſondern und
brauchbaren Theorie deſſelben hinreichend waͤre.
Ariſtoteles erklaͤret die Qualitaͤt durch das
Quale, und hat darinn nicht ſo ganz unrecht.
Es liegt in dem Begriffe etwas ganz einfaches,
welches wir ſehr klar aber auch nicht mehr als
klar denken. Die Qualitaͤt wird der Quan-
titaͤt entgegengeſetzt, und ſowohl von den blo-
ßen Verhaͤltniſſen, als von der Sache und
ihren Theilen unterſchieden. Daraus folget,
daß die eigentlich ſogenannten Qualitaͤten die
einfachen und fuͤr ſich gedenkbaren Eigenſchaften
in den Dingen ſind. Man nimmt aber im ge-
meinen Gebrauche zu reden, die Sache nicht ſo
genau, und die wahren innern Eigenſchaften der
Dinge ſind noch viel zu unbekannt, als daß ſich
an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. XVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/22>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.