Wir fangen demnach bey dem |Postulato an: Unter dem Begriffe eines zusammengesetz- tenIndiuiduikönnen so viele und so vieler- ley und auf jede Art mit einander verbun- dene solide Theile zusammen genommen werden, als man will.
Man sieht leicht, daß dieses Postulatum durchaus Statt hat, wenn man in Gedanken und a priori In- diuidua bildet oder zusammensetzet. Die wenigen Einschränkungen, so dabey vorkommen, haben wir bereits §. 118. seqq. angezeiget. Das Solide und die Kräfte sind die Anlage zur Existenz, und so auch zur Jndividualität, weil sich ohne Solides und Kräfte nichts Existirendes gedenken läßt (§. 103. Axiom. 2.), und weil ohne die Jndividualität ebenfalls nichts existiren kann, und alles, was nicht das Solide selbst ist, sich dennoch darauf bezieht. Fragt man aber, ob dieses Postulatum ebenfalls so unbedingt sey, wenn man a posteriori geht, und die Indiuidua nimmt, wie sie wirklich in der Natur sind, so läßt sich Fol- gendes darüber anmerken, welches die Einschrän- kungen angiebt.
1°. Können wir allerdings das Solide nicht ver- nichten, und anders an seiner Stelle erschaffen.
2°. Um die Theile desselben zu trennen, zu versetzen, andere an ihre Stelle zu bringen etc. haben wir keine anderen Kräfte, als die, so in der Natur da sind, und diese sind der Art, den Graden und ihren Modificationen nach bestimmet. Wir wissen sie auch noch weder alle, noch können wir sie alle gebrauchen.
3°. Können wir zwar, wenigstens in Gedanken, oder auf eine bloß ideale Art, von dem Soliden
der
VI. Hauptſtuͤck.
§. 210.
Wir fangen demnach bey dem |Poſtulato an: Unter dem Begriffe eines zuſammengeſetz- tenIndiuiduikoͤnnen ſo viele und ſo vieler- ley und auf jede Art mit einander verbun- dene ſolide Theile zuſammen genommen werden, als man will.
Man ſieht leicht, daß dieſes Poſtulatum durchaus Statt hat, wenn man in Gedanken und a priori In- diuidua bildet oder zuſammenſetzet. Die wenigen Einſchraͤnkungen, ſo dabey vorkommen, haben wir bereits §. 118. ſeqq. angezeiget. Das Solide und die Kraͤfte ſind die Anlage zur Exiſtenz, und ſo auch zur Jndividualitaͤt, weil ſich ohne Solides und Kraͤfte nichts Exiſtirendes gedenken laͤßt (§. 103. Axiom. 2.), und weil ohne die Jndividualitaͤt ebenfalls nichts exiſtiren kann, und alles, was nicht das Solide ſelbſt iſt, ſich dennoch darauf bezieht. Fragt man aber, ob dieſes Poſtulatum ebenfalls ſo unbedingt ſey, wenn man a poſteriori geht, und die Indiuidua nimmt, wie ſie wirklich in der Natur ſind, ſo laͤßt ſich Fol- gendes daruͤber anmerken, welches die Einſchraͤn- kungen angiebt.
1°. Koͤnnen wir allerdings das Solide nicht ver- nichten, und anders an ſeiner Stelle erſchaffen.
2°. Um die Theile deſſelben zu trennen, zu verſetzen, andere an ihre Stelle zu bringen ꝛc. haben wir keine anderen Kraͤfte, als die, ſo in der Natur da ſind, und dieſe ſind der Art, den Graden und ihren Modificationen nach beſtimmet. Wir wiſſen ſie auch noch weder alle, noch koͤnnen wir ſie alle gebrauchen.
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VI. Hauptſtuͤck.
§. 210.
Wir fangen demnach bey dem |Poſtulato an:
Unter dem Begriffe eines zuſammengeſetz-
ten Indiuidui koͤnnen ſo viele und ſo vieler-
ley und auf jede Art mit einander verbun-
dene ſolide Theile zuſammen genommen
werden, als man will.
Man ſieht leicht, daß dieſes Poſtulatum durchaus
Statt hat, wenn man in Gedanken und a priori In-
diuidua bildet oder zuſammenſetzet. Die wenigen
Einſchraͤnkungen, ſo dabey vorkommen, haben wir
bereits §. 118. ſeqq. angezeiget. Das Solide und
die Kraͤfte ſind die Anlage zur Exiſtenz, und ſo auch
zur Jndividualitaͤt, weil ſich ohne Solides und Kraͤfte
nichts Exiſtirendes gedenken laͤßt (§. 103. Axiom. 2.),
und weil ohne die Jndividualitaͤt ebenfalls nichts
exiſtiren kann, und alles, was nicht das Solide ſelbſt
iſt, ſich dennoch darauf bezieht. Fragt man aber,
ob dieſes Poſtulatum ebenfalls ſo unbedingt ſey, wenn
man a poſteriori geht, und die Indiuidua nimmt,
wie ſie wirklich in der Natur ſind, ſo laͤßt ſich Fol-
gendes daruͤber anmerken, welches die Einſchraͤn-
kungen angiebt.
1°. Koͤnnen wir allerdings das Solide nicht ver-
nichten, und anders an ſeiner Stelle erſchaffen.
2°. Um die Theile deſſelben zu trennen, zu verſetzen,
andere an ihre Stelle zu bringen ꝛc. haben wir
keine anderen Kraͤfte, als die, ſo in der Natur
da ſind, und dieſe ſind der Art, den Graden
und ihren Modificationen nach beſtimmet. Wir
wiſſen ſie auch noch weder alle, noch koͤnnen wir
ſie alle gebrauchen.
3°. Koͤnnen wir zwar, wenigſtens in Gedanken,
oder auf eine bloß ideale Art, von dem Soliden
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/208>, abgerufen am 16.02.2025.
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