2°. Jede Geschwindigkeit kann als eine Einheit angenommen werden.
3°. Jede Dauer der Bewegung kann als eine Ein- heit angenommen werden.
4°. Jede Länge der Linie kann als eine Einheit an- genommen werden.
§. 86.
Hiebey kömmt nun das Jdeale wiederum vor, wenn man nämlich Bewegungen in Gedanken erdich- tet. So z. E. drehet man Linien um einen Punct, oder man beweget jedes Ende derselben mit einer an- genommenen aber verschiedenen Geschwindigkeit etc. Auf diese Art hat man längst schon die Entstehensart der geometrischen Figuren erkläret, jedoch ohne die Zeit und Geschwindigkeit mit in Betrachtung zu zie- hen. Dieses gehöret in die Phoronomie, welche wie die Geometrie schlechthin nur ideal ist, und dessen uner- achtet, sodann bey den wirklichen Bewegungen an- gewandt werden kann, weil sie ihre idealen Bilder von diesen hernimmt.
§. 87.
Da wir den Begriff der Dauer und Zeit von der Succession der Gedanken haben, so kömmt der Be- griff der Geschwindigkeit ebenfalls in dem Gedan- kenreiche vor. Die Redensarten: sich nicht lange besinnen, sich geschwinde entschließen etc. geben den Begriff dieser Geschwindigkeit an. Am allge- meinsten aber gründet sich dieser Begriff auf den oben (§. 81.) schon angemerkten Ort und Abstand der Gedanken, und auf die Zeit, die wir an- wenden, von einem auf den andern zu kommen. Bey gleichem Abstande der Gedanken, richtet sich
diese
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und Forderungen der Grundlehre.
2°. Jede Geſchwindigkeit kann als eine Einheit angenommen werden.
3°. Jede Dauer der Bewegung kann als eine Ein- heit angenommen werden.
4°. Jede Laͤnge der Linie kann als eine Einheit an- genommen werden.
§. 86.
Hiebey koͤmmt nun das Jdeale wiederum vor, wenn man naͤmlich Bewegungen in Gedanken erdich- tet. So z. E. drehet man Linien um einen Punct, oder man beweget jedes Ende derſelben mit einer an- genommenen aber verſchiedenen Geſchwindigkeit ꝛc. Auf dieſe Art hat man laͤngſt ſchon die Entſtehensart der geometriſchen Figuren erklaͤret, jedoch ohne die Zeit und Geſchwindigkeit mit in Betrachtung zu zie- hen. Dieſes gehoͤret in die Phoronomie, welche wie die Geometrie ſchlechthin nur ideal iſt, und deſſen uner- achtet, ſodann bey den wirklichen Bewegungen an- gewandt werden kann, weil ſie ihre idealen Bilder von dieſen hernimmt.
§. 87.
Da wir den Begriff der Dauer und Zeit von der Succeſſion der Gedanken haben, ſo koͤmmt der Be- griff der Geſchwindigkeit ebenfalls in dem Gedan- kenreiche vor. Die Redensarten: ſich nicht lange beſinnen, ſich geſchwinde entſchließen ꝛc. geben den Begriff dieſer Geſchwindigkeit an. Am allge- meinſten aber gruͤndet ſich dieſer Begriff auf den oben (§. 81.) ſchon angemerkten Ort und Abſtand der Gedanken, und auf die Zeit, die wir an- wenden, von einem auf den andern zu kommen. Bey gleichem Abſtande der Gedanken, richtet ſich
dieſe
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und Forderungen der Grundlehre.
2°. Jede Geſchwindigkeit kann als eine Einheit
angenommen werden.
3°. Jede Dauer der Bewegung kann als eine Ein-
heit angenommen werden.
4°. Jede Laͤnge der Linie kann als eine Einheit an-
genommen werden.
§. 86.
Hiebey koͤmmt nun das Jdeale wiederum vor,
wenn man naͤmlich Bewegungen in Gedanken erdich-
tet. So z. E. drehet man Linien um einen Punct,
oder man beweget jedes Ende derſelben mit einer an-
genommenen aber verſchiedenen Geſchwindigkeit ꝛc.
Auf dieſe Art hat man laͤngſt ſchon die Entſtehensart
der geometriſchen Figuren erklaͤret, jedoch ohne die
Zeit und Geſchwindigkeit mit in Betrachtung zu zie-
hen. Dieſes gehoͤret in die Phoronomie, welche wie
die Geometrie ſchlechthin nur ideal iſt, und deſſen uner-
achtet, ſodann bey den wirklichen Bewegungen an-
gewandt werden kann, weil ſie ihre idealen Bilder
von dieſen hernimmt.
§. 87.
Da wir den Begriff der Dauer und Zeit von der
Succeſſion der Gedanken haben, ſo koͤmmt der Be-
griff der Geſchwindigkeit ebenfalls in dem Gedan-
kenreiche vor. Die Redensarten: ſich nicht lange
beſinnen, ſich geſchwinde entſchließen ꝛc. geben
den Begriff dieſer Geſchwindigkeit an. Am allge-
meinſten aber gruͤndet ſich dieſer Begriff auf den
oben (§. 81.) ſchon angemerkten Ort und Abſtand
der Gedanken, und auf die Zeit, die wir an-
wenden, von einem auf den andern zu kommen.
Bey gleichem Abſtande der Gedanken, richtet ſich
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/103>, abgerufen am 23.02.2025.
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