Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.
In diesem zweiten Liede aber ist, des Ungewisseren 30. In dem nächstfolgenden Liede von dem Kriege mit den
In dieſem zweiten Liede aber iſt, des Ungewiſſeren 30. In dem nächſtfolgenden Liede von dem Kriege mit den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <quote xml:lang="gmh" rendition="#et"><pb n="73" facs="#f0081"/> Wœre in Burgonden, ze wunſche wolgetan,<lb/> Von der er ſit vil freuden und oͧch arbeit gewan.</quote> </p><lb/> <p>In dieſem zweiten Liede aber iſt, des Ungewiſſeren<lb/> nicht zu erwähnen, außer einer Strophe mit inneren Rei-<lb/> men, die dem Ordner eigen iſt (Z. 469 — 472), wie mich<lb/> dünkt, auch Hagens ganze lange Erzählung von Siegfrieds<lb/> früheren Thaten (Z. 357 — 412), während welcher Sieg-<lb/> fried auf dem Hofe warten muß, wenn ſie nicht gar zu<lb/> dem erſten dieſer zwei Lieder gehört, doch wenigſtens ein<lb/> nur loſe angeknüpftes fremdes Stück, wie dies die Kürze<lb/> in der Nachricht von Siegfrieds Unverwundbarkeit (Z.<lb/> 409 — 412), und das unrichtige Präteritum bei der Er-<lb/> wähnung des Schwertes (Z. 389: daz <hi rendition="#g">hiez</hi> Balmunc) noch<lb/> weiter zu beſtätigen ſcheint. Endlich iſt auch am Schluß<lb/> die Erzählung von Siegfrieds und Kriemhildens Liebe, wo-<lb/> bei ſie nur ihn, er aber ſie nicht ſah (Z. 545 — 564),<lb/> zu ſehr ausgeführt und viel zu weich für dieſes Lied, als<lb/> daß man nicht leicht auch darin eine ſpätere ausmahlende<lb/> Hand erkennte.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head>30.</head><lb/> <p>In dem nächſtfolgenden Liede von dem Kriege mit den<lb/> Dänen und Sachſen zeigen ſich nun wirklich ſolche Ankün-<lb/> digungen, wie die in dem vorhergehenden ausgezeichnete:<lb/> Z. 573, »Die wil ich u̓ nennen;« Z. 745, »Ich ſag’ u̓,<lb/> wer der wœre.« Den Schluß des Liedes und zugleich den<lb/> einzigen Bezug auf die Zukunft enthalten die Zeilen (1053<lb/> — 1056):<lb/><quote xml:lang="gmh" rendition="#et">Durch der ſchönen willen gedaht’ er noch beſtan,<lb/> Ob er ſi geſehen möhte. ſit wart ez getan;<lb/></quote></p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0081]
Wœre in Burgonden, ze wunſche wolgetan,
Von der er ſit vil freuden und oͧch arbeit gewan.
In dieſem zweiten Liede aber iſt, des Ungewiſſeren
nicht zu erwähnen, außer einer Strophe mit inneren Rei-
men, die dem Ordner eigen iſt (Z. 469 — 472), wie mich
dünkt, auch Hagens ganze lange Erzählung von Siegfrieds
früheren Thaten (Z. 357 — 412), während welcher Sieg-
fried auf dem Hofe warten muß, wenn ſie nicht gar zu
dem erſten dieſer zwei Lieder gehört, doch wenigſtens ein
nur loſe angeknüpftes fremdes Stück, wie dies die Kürze
in der Nachricht von Siegfrieds Unverwundbarkeit (Z.
409 — 412), und das unrichtige Präteritum bei der Er-
wähnung des Schwertes (Z. 389: daz hiez Balmunc) noch
weiter zu beſtätigen ſcheint. Endlich iſt auch am Schluß
die Erzählung von Siegfrieds und Kriemhildens Liebe, wo-
bei ſie nur ihn, er aber ſie nicht ſah (Z. 545 — 564),
zu ſehr ausgeführt und viel zu weich für dieſes Lied, als
daß man nicht leicht auch darin eine ſpätere ausmahlende
Hand erkennte.
30.
In dem nächſtfolgenden Liede von dem Kriege mit den
Dänen und Sachſen zeigen ſich nun wirklich ſolche Ankün-
digungen, wie die in dem vorhergehenden ausgezeichnete:
Z. 573, »Die wil ich u̓ nennen;« Z. 745, »Ich ſag’ u̓,
wer der wœre.« Den Schluß des Liedes und zugleich den
einzigen Bezug auf die Zukunft enthalten die Zeilen (1053
— 1056):
Durch der ſchönen willen gedaht’ er noch beſtan,
Ob er ſi geſehen möhte. ſit wart ez getan;
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Zitationshilfe: | Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/81>, abgerufen am 03.03.2025. |