Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
15) Außer etwa Z. 7449 -- 7464, in einem Liede, das,
wie sich nachher zeigen wird, in einer anderen Sammlung
der Nibelungengesänge fehlte.
16) Daraus und nicht anders ist auch zu erklären, was
die Brüder Grimm zu Hildebrand und Hadubrand S. 44
bemerkt haben, daß in der Vilkinasaga an den Stellen,
wo sich das Christenthum in den Nibelungen zeigt, nichts
davon vorkommt; zumahl die Vilkinasaga nicht durchaus
nach Deutschen Gedichten, sondern großentheils nur nach
Deutscher Sage, in der freilich manche Nebenumstände
wegfallen mußten, verfaßt ist. Wie das Christenthum
übrigens gewissermaßen sogar im Gegensatz zu den Nibe-
lungen stehe, zeigt Göttling in der öfter angeführten Schrift.
Eine von ihm S. 65 erwähnte Stelle steht ganz einzeln da
und gehört auch nur der Hohenemser Umarbeitung an, Z.
9277:
Swie vil von manigen landen gesamnet woere
dar,
Vil fursten krefterliche gegen ir kleinen schar,
Woeren die Kriftenlute wider si niht gewesen,
Si woeren mit ir ellen vor allen heiden wol gene-
sen.
17) Auch in den Heldengedichten des dreizehnten Jahr-
hunderts finden wir oft dergleichen, wo es nun schon eine
nachgeahmte Manier ist; eben so vermuthlich auch schon
in einem neueren Stücke (Z. 2657 -- 2772) unserer Ni-
belungen, Z. 2748. Verschieden ist das mehrmahlige An-
heben in vielen Volksliedern, wo dadurch verschiedene Per-
sonen, die im Fortgange der Erzählung zusammentreffen,
in einen Gegensatz gebracht werden.
15) Außer etwa Z. 7449 — 7464, in einem Liede, das,
wie ſich nachher zeigen wird, in einer anderen Sammlung
der Nibelungengeſänge fehlte.
16) Daraus und nicht anders iſt auch zu erklären, was
die Brüder Grimm zu Hildebrand und Hadubrand S. 44
bemerkt haben, daß in der Vilkinaſaga an den Stellen,
wo ſich das Chriſtenthum in den Nibelungen zeigt, nichts
davon vorkommt; zumahl die Vilkinaſaga nicht durchaus
nach Deutſchen Gedichten, ſondern großentheils nur nach
Deutſcher Sage, in der freilich manche Nebenumſtände
wegfallen mußten, verfaßt iſt. Wie das Chriſtenthum
übrigens gewiſſermaßen ſogar im Gegenſatz zu den Nibe-
lungen ſtehe, zeigt Göttling in der öfter angeführten Schrift.
Eine von ihm S. 65 erwähnte Stelle ſteht ganz einzeln da
und gehört auch nur der Hohenemſer Umarbeitung an, Z.
9277:
Swie vil von manigen landen geſamnet wœre
dar,
Vil fu̓rſten krefterliche gegen ir kleinen ſchar,
Wœren die Kriftenlu̓te wider ſi niht geweſen,
Si wœren mit ir ellen vor allen heiden wol gene-
ſen.
17) Auch in den Heldengedichten des dreizehnten Jahr-
hunderts finden wir oft dergleichen, wo es nun ſchon eine
nachgeahmte Manier iſt; eben ſo vermuthlich auch ſchon
in einem neueren Stücke (Z. 2657 — 2772) unſerer Ni-
belungen, Z. 2748. Verſchieden iſt das mehrmahlige An-
heben in vielen Volksliedern, wo dadurch verſchiedene Per-
ſonen, die im Fortgange der Erzählung zuſammentreffen,
in einen Gegenſatz gebracht werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0103" n="95"/>
        <note xml:id="en15-text" prev="#en15" place="end" n="15)">Außer etwa Z. 7449 &#x2014; 7464, in einem Liede, das,<lb/>
wie &#x017F;ich nachher zeigen wird, in einer anderen Sammlung<lb/>
der Nibelungenge&#x017F;änge fehlte.</note><lb/>
        <note xml:id="en16-text" prev="#en16" place="end" n="16)">Daraus und nicht anders i&#x017F;t auch zu erklären, was<lb/>
die Brüder Grimm zu Hildebrand und Hadubrand S. 44<lb/>
bemerkt haben, daß in der Vilkina&#x017F;aga an den Stellen,<lb/>
wo &#x017F;ich das Chri&#x017F;tenthum in den Nibelungen zeigt, nichts<lb/>
davon vorkommt; zumahl die Vilkina&#x017F;aga nicht durchaus<lb/>
nach Deut&#x017F;chen Gedichten, &#x017F;ondern großentheils nur nach<lb/>
Deut&#x017F;cher Sage, in der freilich manche Nebenum&#x017F;tände<lb/>
wegfallen mußten, verfaßt i&#x017F;t. Wie das Chri&#x017F;tenthum<lb/>
übrigens gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen &#x017F;ogar im Gegen&#x017F;atz zu den Nibe-<lb/>
lungen &#x017F;tehe, zeigt Göttling in der öfter angeführten Schrift.<lb/>
Eine von ihm S. 65 erwähnte Stelle &#x017F;teht ganz einzeln da<lb/>
und gehört auch nur der Hohenem&#x017F;er Umarbeitung an, Z.<lb/>
9277:<lb/><quote rendition="#et" xml:lang="gmh">Swie vil von manigen landen ge&#x017F;amnet w&#x0153;re<lb/>
dar,<lb/>
Vil fu&#x0313;r&#x017F;ten krefterliche gegen ir kleinen &#x017F;char,<lb/>
W&#x0153;ren die Kriftenlu&#x0313;te wider &#x017F;i niht gewe&#x017F;en,<lb/>
Si w&#x0153;ren mit ir ellen vor allen heiden wol gene-<lb/>
&#x017F;en.</quote></note><lb/>
        <note xml:id="en17-text" prev="#en17" place="end" n="17)">Auch in den Heldengedichten des dreizehnten Jahr-<lb/>
hunderts finden wir oft dergleichen, wo es nun &#x017F;chon eine<lb/>
nachgeahmte Manier i&#x017F;t; eben &#x017F;o vermuthlich auch &#x017F;chon<lb/>
in einem neueren Stücke (Z. 2657 &#x2014; 2772) un&#x017F;erer Ni-<lb/>
belungen, Z. 2748. Ver&#x017F;chieden i&#x017F;t das mehrmahlige An-<lb/>
heben in vielen Volksliedern, wo dadurch ver&#x017F;chiedene Per-<lb/>
&#x017F;onen, die im Fortgange der Erzählung zu&#x017F;ammentreffen,<lb/>
in einen Gegen&#x017F;atz gebracht werden.</note><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0103] ¹⁵⁾ Außer etwa Z. 7449 — 7464, in einem Liede, das, wie ſich nachher zeigen wird, in einer anderen Sammlung der Nibelungengeſänge fehlte. ¹⁶⁾ Daraus und nicht anders iſt auch zu erklären, was die Brüder Grimm zu Hildebrand und Hadubrand S. 44 bemerkt haben, daß in der Vilkinaſaga an den Stellen, wo ſich das Chriſtenthum in den Nibelungen zeigt, nichts davon vorkommt; zumahl die Vilkinaſaga nicht durchaus nach Deutſchen Gedichten, ſondern großentheils nur nach Deutſcher Sage, in der freilich manche Nebenumſtände wegfallen mußten, verfaßt iſt. Wie das Chriſtenthum übrigens gewiſſermaßen ſogar im Gegenſatz zu den Nibe- lungen ſtehe, zeigt Göttling in der öfter angeführten Schrift. Eine von ihm S. 65 erwähnte Stelle ſteht ganz einzeln da und gehört auch nur der Hohenemſer Umarbeitung an, Z. 9277: Swie vil von manigen landen geſamnet wœre dar, Vil fu̓rſten krefterliche gegen ir kleinen ſchar, Wœren die Kriftenlu̓te wider ſi niht geweſen, Si wœren mit ir ellen vor allen heiden wol gene- ſen. ¹⁷⁾ Auch in den Heldengedichten des dreizehnten Jahr- hunderts finden wir oft dergleichen, wo es nun ſchon eine nachgeahmte Manier iſt; eben ſo vermuthlich auch ſchon in einem neueren Stücke (Z. 2657 — 2772) unſerer Ni- belungen, Z. 2748. Verſchieden iſt das mehrmahlige An- heben in vielen Volksliedern, wo dadurch verſchiedene Per- ſonen, die im Fortgange der Erzählung zuſammentreffen, in einen Gegenſatz gebracht werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/103
Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/103>, abgerufen am 23.12.2024.