Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 101. Die Gerichte. Landgerichts steht der Präsident, der zugleich den Vorsitz in einerKammer übernimmt; den Vorsitz in den übrigen Kammern führen Directoren. Bei der Bildung der einzelnen Kammern kömmt nun Dreierlei in Betracht: die Bestimmung des Vorsitzenden, die Be- stimmung der Mitglieder und, falls mehrere Kammern derselben Art gebildet werden, die Vertheilung der Geschäfte unter dieselben. a) Der Vorsitz in den einzelnen Kammern wird für das ganze b) Vor Beginn des Geschäftsjahres werden auf die Dauer 1) Gerichtsverf.Ges. §. 61. Wenn die Directoren, nachdem der Präsident seine Wahl getroffen, über die Zutheilung der übrigen Kammern sich unter einander verständigen, kann demnach der Präsident nicht widersprechen. 2) a. a. O. §. 65 Abs. 1. Vom Vorsitz ausgeschlossen ist daher ein zur Vertretung des ständigen Vorsitzenden der Kammer zugewiesener Ergänzungs- richter, auch wenn derselbe dem ältesten ordentlichen Mitgliede der Kammer im Dienstalter vorgeht. Urth. des Reichsgerichts v. 2. März 1880. Entsch. in Strafsachen I. S. 238. 3) Auch ist es für ausgeschlossen zu erachten, daß Jemand den Vorsitz in mehreren Kammern führt. Vgl. Hauck, Gerichtsv.Ges. S. 99 ff. 4) a. a. O. §. 62 Abs. 1.
§. 101. Die Gerichte. Landgerichts ſteht der Präſident, der zugleich den Vorſitz in einerKammer übernimmt; den Vorſitz in den übrigen Kammern führen Directoren. Bei der Bildung der einzelnen Kammern kömmt nun Dreierlei in Betracht: die Beſtimmung des Vorſitzenden, die Be- ſtimmung der Mitglieder und, falls mehrere Kammern derſelben Art gebildet werden, die Vertheilung der Geſchäfte unter dieſelben. α) Der Vorſitz in den einzelnen Kammern wird für das ganze β) Vor Beginn des Geſchäftsjahres werden auf die Dauer 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 61. Wenn die Directoren, nachdem der Präſident ſeine Wahl getroffen, über die Zutheilung der übrigen Kammern ſich unter einander verſtändigen, kann demnach der Präſident nicht widerſprechen. 2) a. a. O. §. 65 Abſ. 1. Vom Vorſitz ausgeſchloſſen iſt daher ein zur Vertretung des ſtändigen Vorſitzenden der Kammer zugewieſener Ergänzungs- richter, auch wenn derſelbe dem älteſten ordentlichen Mitgliede der Kammer im Dienſtalter vorgeht. Urth. des Reichsgerichts v. 2. März 1880. Entſch. in Strafſachen I. S. 238. 3) Auch iſt es für ausgeſchloſſen zu erachten, daß Jemand den Vorſitz in mehreren Kammern führt. Vgl. Hauck, Gerichtsv.Geſ. S. 99 ff. 4) a. a. O. §. 62 Abſ. 1.
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§. 101. Die Gerichte.
Landgerichts ſteht der Präſident, der zugleich den Vorſitz in einer
Kammer übernimmt; den Vorſitz in den übrigen Kammern führen
Directoren. Bei der Bildung der einzelnen Kammern kömmt nun
Dreierlei in Betracht: die Beſtimmung des Vorſitzenden, die Be-
ſtimmung der Mitglieder und, falls mehrere Kammern derſelben
Art gebildet werden, die Vertheilung der Geſchäfte unter dieſelben.
α) Der Vorſitz in den einzelnen Kammern wird für das ganze
Geſchäftsjahr im Voraus beſtimmt; der Präſident iſt befugt,
die Kammer zu wählen, welcher er vorſitzen will; die Vertheilung
des Vorſitzes in den übrigen Kammern erfolgt durch den Präſi-
denten und die Directoren nach Stimmenmehrheit, indem die Stimme
des Präſidenten im Falle der Stimmengleichheit den Ausſchlag
giebt 1). Iſt der ordentliche Vorſitzende einer Kammer verhindert,
den Vorſitz zu führen, ſo vertritt ihn dasjenige Mitglied der
Kammer, welches dem Dienſtalter nach und bei gleichem Dienſt-
alter der Geburt nach das älteſte iſt 2). Daher iſt es ausge-
ſchloſſen, daß der Präſident oder Director im Laufe des Geſchäfts-
jahres in einer andern Kammer als der ihm zugetheilten den Vor-
ſitz in einzelnen Sachen übernimmt oder mit einem andern Vor-
ſitzenden die Kammer wechſelt 3).
β) Vor Beginn des Geſchäftsjahres werden auf die Dauer
deſſelben die ſtändigen Mitglieder der einzelnen Kammern, ſo-
wie für den Fall ihrer Verhinderung die regelmäßigen Ver-
treter beſtimmt. Jeder Richter kann zum Mitgliede mehrerer
Kammern beſtimmt werden 4). Da jede Willkühr in der Zuſammen-
ſetzung der Beſchluß- und Spruchcollegien für den einzelnen Fall
ausgeſchloſſen ſein ſoll, ſo ſind dieſe Anordnungen ſo zu verſtehen,
daß für jedes einzelne ſtändige Mitglied ein beſtimmter Vertreter
1) Gerichtsverf.Geſ. §. 61. Wenn die Directoren, nachdem der Präſident
ſeine Wahl getroffen, über die Zutheilung der übrigen Kammern ſich unter
einander verſtändigen, kann demnach der Präſident nicht widerſprechen.
2) a. a. O. §. 65 Abſ. 1. Vom Vorſitz ausgeſchloſſen iſt daher ein zur
Vertretung des ſtändigen Vorſitzenden der Kammer zugewieſener Ergänzungs-
richter, auch wenn derſelbe dem älteſten ordentlichen Mitgliede der Kammer
im Dienſtalter vorgeht. Urth. des Reichsgerichts v. 2. März 1880.
Entſch. in Strafſachen I. S. 238.
3) Auch iſt es für ausgeſchloſſen zu erachten, daß Jemand den Vorſitz in
mehreren Kammern führt. Vgl. Hauck, Gerichtsv.Geſ. S. 99 ff.
4) a. a. O. §. 62 Abſ. 1.
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