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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 125. Die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben etc.
Eine Ausnahme besteht dagegen hinsichtlich folgender Einnahmen:

a) Die Matrikularbeiträge. Dieselben können nicht
erhoben werden, wenn es an einem gesetzlich festgestellten Etat
fehlt, da nach Art. 70 der R.V. der Reichskanzler dieselben nur
bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages ausschreiben darf, das
Vorhandensein eines Budgets daher eine unerläßliche Voraussetzung
hierfür ist. Demgemäß müssen in einem Jahre, in welchem es an
einem Etatsgesetz gebricht, die Einnahmen aus den Zöllen und
der Tabaksteuer, insoweit sie die Summe von 130 Mill. M. über-
steigen, sowie die Einnahmen aus den Stempelsteuern auf Grund
des Ges. v. 1. Juli 1881 im vollen Betrage den Einzelstaaten
überwiesen werden. Siehe oben §. 122. Andererseits sind aber
durch Art. 62 Abs. 2 der R.V. die einzelnen Bundesstaaten fort-
dauernd verpflichtet 1), jährlich sovielmal 225 Thaler als die
Kopfzahl der Friedensstärke ihrer Heeres-Kontingente beträgt, zur
Reichskasse fortzuzahlen. Diese Verpflichtung ist von der gesetz-
lichen Feststellung des Budgets nicht abhängig gemacht. Es erhebt
sich nun die Frage, wie sich diese Verpflichtung zu den anderen
Einnahmen des Reiches verhält. Ihr Zweck besteht, wie sich aus
dem Wortlaut des Art. 62 der R.V. und der Entstehungsgeschichte
desselben ergiebt, darin, eine gewisse Summe zur Bestreitung des
Aufwandes für das Heer sicher zu stellen 2). Daraus folgt, daß
die Reichsregierung von den Erträgen der vom Etatsgesetz unab-
hängigen Einnahmen denjenigen Theil, welcher nach Leistung der
unerläßlichen anderen Ausgaben, zu denen die Reichsregierung
gemäß den vorstehenden Erörterungen selbst ohne Etatsgesetz be-

besteht, nicht aber für die die Geschäfte des Reiches verwaltende Reichs-
regierung
und deren (!) nach Art. 17 der R.V. verantwortlichen Kanzler."
Also das Reich hat wol ein Recht auf die Portogebühren, aber die Post-
behörden
dürfen sie nicht erheben! Ein schöner Gedanke. -- v. Martitz,
Betrachtungen etc. S. 100 sagt: "Ein jährlicher Staatshaushaltsplan hat nicht
die Kraft, die gesetzlichen Landeseinkünfte in Jahresrenten zu verwandeln,
weder in England noch in einem andern Staate, der die Gesetze des
gesunden Menschenverstandes
recipirt hat". v. Martitz, Ueber den
constitut. Begriff etc., hat sich von den beengenden Fesseln der letzterwähnten
Gesetze frei gemacht und vergleicht S. 65 die Forterhebung der gesetzlich fest-
stehenden Einnahmen bei mangelndem Etatsgesetz einer -- "Brandschatzung".
1) Vgl. hierüber Bd. III. 1 S. 92 ff.
2) Siehe Bd. III. 1 S. 94.

§. 125. Die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben ꝛc.
Eine Ausnahme beſteht dagegen hinſichtlich folgender Einnahmen:

a) Die Matrikularbeiträge. Dieſelben können nicht
erhoben werden, wenn es an einem geſetzlich feſtgeſtellten Etat
fehlt, da nach Art. 70 der R.V. der Reichskanzler dieſelben nur
bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages ausſchreiben darf, das
Vorhandenſein eines Budgets daher eine unerläßliche Vorausſetzung
hierfür iſt. Demgemäß müſſen in einem Jahre, in welchem es an
einem Etatsgeſetz gebricht, die Einnahmen aus den Zöllen und
der Tabakſteuer, inſoweit ſie die Summe von 130 Mill. M. über-
ſteigen, ſowie die Einnahmen aus den Stempelſteuern auf Grund
des Geſ. v. 1. Juli 1881 im vollen Betrage den Einzelſtaaten
überwieſen werden. Siehe oben §. 122. Andererſeits ſind aber
durch Art. 62 Abſ. 2 der R.V. die einzelnen Bundesſtaaten fort-
dauernd verpflichtet 1), jährlich ſovielmal 225 Thaler als die
Kopfzahl der Friedensſtärke ihrer Heeres-Kontingente beträgt, zur
Reichskaſſe fortzuzahlen. Dieſe Verpflichtung iſt von der geſetz-
lichen Feſtſtellung des Budgets nicht abhängig gemacht. Es erhebt
ſich nun die Frage, wie ſich dieſe Verpflichtung zu den anderen
Einnahmen des Reiches verhält. Ihr Zweck beſteht, wie ſich aus
dem Wortlaut des Art. 62 der R.V. und der Entſtehungsgeſchichte
deſſelben ergiebt, darin, eine gewiſſe Summe zur Beſtreitung des
Aufwandes für das Heer ſicher zu ſtellen 2). Daraus folgt, daß
die Reichsregierung von den Erträgen der vom Etatsgeſetz unab-
hängigen Einnahmen denjenigen Theil, welcher nach Leiſtung der
unerläßlichen anderen Ausgaben, zu denen die Reichsregierung
gemäß den vorſtehenden Erörterungen ſelbſt ohne Etatsgeſetz be-

beſteht, nicht aber für die die Geſchäfte des Reiches verwaltende Reichs-
regierung
und deren (!) nach Art. 17 der R.V. verantwortlichen Kanzler.“
Alſo das Reich hat wol ein Recht auf die Portogebühren, aber die Poſt-
behörden
dürfen ſie nicht erheben! Ein ſchöner Gedanke. — v. Martitz,
Betrachtungen ꝛc. S. 100 ſagt: „Ein jährlicher Staatshaushaltsplan hat nicht
die Kraft, die geſetzlichen Landeseinkünfte in Jahresrenten zu verwandeln,
weder in England noch in einem andern Staate, der die Geſetze des
geſunden Menſchenverſtandes
recipirt hat“. v. Martitz, Ueber den
conſtitut. Begriff ꝛc., hat ſich von den beengenden Feſſeln der letzterwähnten
Geſetze frei gemacht und vergleicht S. 65 die Forterhebung der geſetzlich feſt-
ſtehenden Einnahmen bei mangelndem Etatsgeſetz einer — „Brandſchatzung“.
1) Vgl. hierüber Bd. III. 1 S. 92 ff.
2) Siehe Bd. III. 1 S. 94.
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[375/0385] §. 125. Die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben ꝛc. Eine Ausnahme beſteht dagegen hinſichtlich folgender Einnahmen: a) Die Matrikularbeiträge. Dieſelben können nicht erhoben werden, wenn es an einem geſetzlich feſtgeſtellten Etat fehlt, da nach Art. 70 der R.V. der Reichskanzler dieſelben nur bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages ausſchreiben darf, das Vorhandenſein eines Budgets daher eine unerläßliche Vorausſetzung hierfür iſt. Demgemäß müſſen in einem Jahre, in welchem es an einem Etatsgeſetz gebricht, die Einnahmen aus den Zöllen und der Tabakſteuer, inſoweit ſie die Summe von 130 Mill. M. über- ſteigen, ſowie die Einnahmen aus den Stempelſteuern auf Grund des Geſ. v. 1. Juli 1881 im vollen Betrage den Einzelſtaaten überwieſen werden. Siehe oben §. 122. Andererſeits ſind aber durch Art. 62 Abſ. 2 der R.V. die einzelnen Bundesſtaaten fort- dauernd verpflichtet 1), jährlich ſovielmal 225 Thaler als die Kopfzahl der Friedensſtärke ihrer Heeres-Kontingente beträgt, zur Reichskaſſe fortzuzahlen. Dieſe Verpflichtung iſt von der geſetz- lichen Feſtſtellung des Budgets nicht abhängig gemacht. Es erhebt ſich nun die Frage, wie ſich dieſe Verpflichtung zu den anderen Einnahmen des Reiches verhält. Ihr Zweck beſteht, wie ſich aus dem Wortlaut des Art. 62 der R.V. und der Entſtehungsgeſchichte deſſelben ergiebt, darin, eine gewiſſe Summe zur Beſtreitung des Aufwandes für das Heer ſicher zu ſtellen 2). Daraus folgt, daß die Reichsregierung von den Erträgen der vom Etatsgeſetz unab- hängigen Einnahmen denjenigen Theil, welcher nach Leiſtung der unerläßlichen anderen Ausgaben, zu denen die Reichsregierung gemäß den vorſtehenden Erörterungen ſelbſt ohne Etatsgeſetz be- 2) 1) Vgl. hierüber Bd. III. 1 S. 92 ff. 2) Siehe Bd. III. 1 S. 94. 2) beſteht, nicht aber für die die Geſchäfte des Reiches verwaltende Reichs- regierung und deren (!) nach Art. 17 der R.V. verantwortlichen Kanzler.“ Alſo das Reich hat wol ein Recht auf die Portogebühren, aber die Poſt- behörden dürfen ſie nicht erheben! Ein ſchöner Gedanke. — v. Martitz, Betrachtungen ꝛc. S. 100 ſagt: „Ein jährlicher Staatshaushaltsplan hat nicht die Kraft, die geſetzlichen Landeseinkünfte in Jahresrenten zu verwandeln, weder in England noch in einem andern Staate, der die Geſetze des geſunden Menſchenverſtandes recipirt hat“. v. Martitz, Ueber den conſtitut. Begriff ꝛc., hat ſich von den beengenden Feſſeln der letzterwähnten Geſetze frei gemacht und vergleicht S. 65 die Forterhebung der geſetzlich feſt- ſtehenden Einnahmen bei mangelndem Etatsgeſetz einer — „Brandſchatzung“.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/385>, abgerufen am 22.11.2024.