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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 122. Die Matrikularbeiträge.
wieder den auf die betreffenden Staaten entfallenden Matrikular-
beitrag ab. Nach dem Resultat dieser Hin- und Her-Rechnung
ergibt sich, welche Beträge der Einzelstaat an die Reichskasse zu
zahlen oder aus ihr zu empfangen hat.

Der Grundsatz aber, daß die gesammten Erträge der
Zölle, Verbrauchsabgaben und Reichssteuern -- nach den verfassungs-
mäßigen Abzügen -- "in die Reichskasse fließen", wird scheinbar
dadurch gewahrt, daß im Etatsgesetz der volle Ertrag der Zölle,
Tabaksteuer und Stempelabgaben als Einnahme des Reiches
figurirt, daneben aber im Etat des Reichsschatzamtes als "Ueber-
weisungen an die Bundesstaaten" der veranschlagte Reinertrag der
Zölle und der Tabaksteuer, soweit er die Summe von 130 Mill. Mark
übersteigt, und der veranschlagte Reinertrag der Stempelabgaben
als Ausgaben des Reiches aufgeführt werden 1).

III. Ueber die Veranschlagung der Matrikularbeiträge bestimmt
Art. 70 der R.V., daß dieselbe nach Maßgabe der Bevöl-
kerung
zu erfolgen habe, ohne jedoch darüber eine Erklärung zu
geben, wie die Bevölkerungsziffer festgestellt werden solle. Im
Jahre 1869 beschloß der Bundesrath des Nordd. Bundes, daß die
"ortsanwesende staatsangehörige Bevölkerung" der Be-
rechnung der Matrikularbeiträge zu Grunde zu legen sei 2). Ab-
gesehen von dem Bedenken, ob es sachlich irgendwie berechtigt ist,
bei der Vertheilung der Beiträge die Staatsangehörigkeit
der in den Gebieten der Einzelstaaten sich aufhaltenden Personen
in Betracht zu ziehen 3), ist durch dieses Verfahren die Incongruenz
entstanden, daß bei der Vertheilung der Matrikularbeiträge ein
anderer Maßstab zur Anwendung kam, wie bei der Abrechnung
unter den Zollvereinsstaaten. Man hat daher den ursprünglichen
Berechnungsmodus wieder verlassen und nach einem im Bundes-
rath zuerst für das Jahr 1874 getroffenen und seitdem alljährlich
erneuerten und vom Reichstage gebilligten Uebereinkommen den

1) Die praktische Bedeutung des sogen. von Frankenstein'schen
Antrages (§. 8 Abs. 1 cit.) besteht lediglich in dieser budgetrechtlichen "amoe-
nitas juris
".
2) Nach diesem Maßstabe ist in dem Bundesetat für 1870 die Veran-
schlagung erfolgt. Drucksachen des Reichstages 1869 Nr. 69 a. E. S. 246.
3) Der Reichstag sprach sich in einer Resolution dagegen aus. Stenogr.
Berichte 1871 II. Sess. Bd. I S. 647.

§. 122. Die Matrikularbeiträge.
wieder den auf die betreffenden Staaten entfallenden Matrikular-
beitrag ab. Nach dem Reſultat dieſer Hin- und Her-Rechnung
ergibt ſich, welche Beträge der Einzelſtaat an die Reichskaſſe zu
zahlen oder aus ihr zu empfangen hat.

Der Grundſatz aber, daß die geſammten Erträge der
Zölle, Verbrauchsabgaben und Reichsſteuern — nach den verfaſſungs-
mäßigen Abzügen — „in die Reichskaſſe fließen“, wird ſcheinbar
dadurch gewahrt, daß im Etatsgeſetz der volle Ertrag der Zölle,
Tabakſteuer und Stempelabgaben als Einnahme des Reiches
figurirt, daneben aber im Etat des Reichsſchatzamtes als „Ueber-
weiſungen an die Bundesſtaaten“ der veranſchlagte Reinertrag der
Zölle und der Tabakſteuer, ſoweit er die Summe von 130 Mill. Mark
überſteigt, und der veranſchlagte Reinertrag der Stempelabgaben
als Ausgaben des Reiches aufgeführt werden 1).

III. Ueber die Veranſchlagung der Matrikularbeiträge beſtimmt
Art. 70 der R.V., daß dieſelbe nach Maßgabe der Bevöl-
kerung
zu erfolgen habe, ohne jedoch darüber eine Erklärung zu
geben, wie die Bevölkerungsziffer feſtgeſtellt werden ſolle. Im
Jahre 1869 beſchloß der Bundesrath des Nordd. Bundes, daß die
ortsanweſende ſtaatsangehörige Bevölkerung“ der Be-
rechnung der Matrikularbeiträge zu Grunde zu legen ſei 2). Ab-
geſehen von dem Bedenken, ob es ſachlich irgendwie berechtigt iſt,
bei der Vertheilung der Beiträge die Staatsangehörigkeit
der in den Gebieten der Einzelſtaaten ſich aufhaltenden Perſonen
in Betracht zu ziehen 3), iſt durch dieſes Verfahren die Incongruenz
entſtanden, daß bei der Vertheilung der Matrikularbeiträge ein
anderer Maßſtab zur Anwendung kam, wie bei der Abrechnung
unter den Zollvereinsſtaaten. Man hat daher den urſprünglichen
Berechnungsmodus wieder verlaſſen und nach einem im Bundes-
rath zuerſt für das Jahr 1874 getroffenen und ſeitdem alljährlich
erneuerten und vom Reichstage gebilligten Uebereinkommen den

1) Die praktiſche Bedeutung des ſogen. von Frankenſtein’ſchen
Antrages (§. 8 Abſ. 1 cit.) beſteht lediglich in dieſer budgetrechtlichen »amoe-
nitas juris
«.
2) Nach dieſem Maßſtabe iſt in dem Bundesetat für 1870 die Veran-
ſchlagung erfolgt. Druckſachen des Reichstages 1869 Nr. 69 a. E. S. 246.
3) Der Reichstag ſprach ſich in einer Reſolution dagegen aus. Stenogr.
Berichte 1871 II. Seſſ. Bd. I S. 647.
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[335/0345] §. 122. Die Matrikularbeiträge. wieder den auf die betreffenden Staaten entfallenden Matrikular- beitrag ab. Nach dem Reſultat dieſer Hin- und Her-Rechnung ergibt ſich, welche Beträge der Einzelſtaat an die Reichskaſſe zu zahlen oder aus ihr zu empfangen hat. Der Grundſatz aber, daß die geſammten Erträge der Zölle, Verbrauchsabgaben und Reichsſteuern — nach den verfaſſungs- mäßigen Abzügen — „in die Reichskaſſe fließen“, wird ſcheinbar dadurch gewahrt, daß im Etatsgeſetz der volle Ertrag der Zölle, Tabakſteuer und Stempelabgaben als Einnahme des Reiches figurirt, daneben aber im Etat des Reichsſchatzamtes als „Ueber- weiſungen an die Bundesſtaaten“ der veranſchlagte Reinertrag der Zölle und der Tabakſteuer, ſoweit er die Summe von 130 Mill. Mark überſteigt, und der veranſchlagte Reinertrag der Stempelabgaben als Ausgaben des Reiches aufgeführt werden 1). III. Ueber die Veranſchlagung der Matrikularbeiträge beſtimmt Art. 70 der R.V., daß dieſelbe nach Maßgabe der Bevöl- kerung zu erfolgen habe, ohne jedoch darüber eine Erklärung zu geben, wie die Bevölkerungsziffer feſtgeſtellt werden ſolle. Im Jahre 1869 beſchloß der Bundesrath des Nordd. Bundes, daß die „ortsanweſende ſtaatsangehörige Bevölkerung“ der Be- rechnung der Matrikularbeiträge zu Grunde zu legen ſei 2). Ab- geſehen von dem Bedenken, ob es ſachlich irgendwie berechtigt iſt, bei der Vertheilung der Beiträge die Staatsangehörigkeit der in den Gebieten der Einzelſtaaten ſich aufhaltenden Perſonen in Betracht zu ziehen 3), iſt durch dieſes Verfahren die Incongruenz entſtanden, daß bei der Vertheilung der Matrikularbeiträge ein anderer Maßſtab zur Anwendung kam, wie bei der Abrechnung unter den Zollvereinsſtaaten. Man hat daher den urſprünglichen Berechnungsmodus wieder verlaſſen und nach einem im Bundes- rath zuerſt für das Jahr 1874 getroffenen und ſeitdem alljährlich erneuerten und vom Reichstage gebilligten Uebereinkommen den 1) Die praktiſche Bedeutung des ſogen. von Frankenſtein’ſchen Antrages (§. 8 Abſ. 1 cit.) beſteht lediglich in dieſer budgetrechtlichen »amoe- nitas juris«. 2) Nach dieſem Maßſtabe iſt in dem Bundesetat für 1870 die Veran- ſchlagung erfolgt. Druckſachen des Reichstages 1869 Nr. 69 a. E. S. 246. 3) Der Reichstag ſprach ſich in einer Reſolution dagegen aus. Stenogr. Berichte 1871 II. Seſſ. Bd. I S. 647.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/345>, abgerufen am 25.11.2024.