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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern.
Gleichartigkeit der dienstlichen Verrichtungen, sondern sie ist auch
äußerlich durch Bestimmung der Reichsverfassung zur Rechts-
pflicht
der einzelnen Staaten erklärt.

III. Das Reich hat für die laufende Zoll- und Steuerver-
waltung keine oberste Direktivbehörde. Es ist nicht wie bei der
Post- und Telegraphen-Verwaltung eine Linie gezogen, welche die
untere von der oberen Verwaltung trennt und die letztere dem
Reiche zuweist; es giebt keine Generalzoll- und Steuerdirection
des Reiches als höchste Instanz in allen der Reichsgesetzgebung
unterliegenden Zoll- und Steuerverwaltungssachen. Das Finanz-
ministerium oder die demselben entsprechende Behörde des einzelnen
Staates ist die oberste Centralstelle und die höchste Instanz für
die gesammte Zoll- und Steuerverwaltung in dem Gebiete dieses
Staates. Die Zoll- und Steuerämter und die Bezirks- oder
Provinzialbehörden stehen daher in keinem directen amtlichen Schrift-
wechsel und dienstlichen Verkehr mit dem Reichskanzleramt oder
dem Bundesrath, sondern ausschließlich mit der obersten Landes-
behörde für Zoll- und Steuerangelegenheiten. Sie empfangen
Dienstinstructionen und Aufträge nur von der letzteren und haben
nur an diese ihre amtlichen Berichte zu erstatten. Die Mitglieder
dieser Behörden stehen in keinem Dienstverhältniß zum Reich, sie
werden nicht aus der Reichskasse besoldet, nicht für den Kaiser
und das Reich vereidigt und die gesetzlichen Bestimmungen über
die Reichsbeamten finden auf sie keine Anwendung.

Der Antheil des Reiches bei der Verwaltung der Reichszölle
und Abgaben ist vielmehr nach einem durchaus andern Prinzip
wie bei der Post- und Telegraphenverwaltung geordnet. Der
Grund hiefür ist ein historischer. Die Zoll- und Steuergemeinschaft
stammt aus einer Zeit, als die einzelnen Deutschen Staaten noch
völlig souverain waren, wo man also keine gemeinsame, nach Art
eines Ministeriums organisirte, oberste Verwaltungsbehörde con-
stituiren konnte, sondern wo man sich darauf beschränken mußte,
jedem Vereinsmitgliede die Befugniß einzuräumen, die Verwaltung
in den verbündeten Staaten durch Delegirte zu kontroliren 1).

1) Die Zollvereinskontrole war bereits durch die grundlegenden
Verträge von 1833 im Wesentlichen so geordnet worden, wie sie bis zur
Reorganisation des Zollvereins im Jahre 1867 fortdauerte; die späteren
Verträge, insbesondere der vom 16. Mai 1865 Art. 31 und 32 und Schluß-

§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern.
Gleichartigkeit der dienſtlichen Verrichtungen, ſondern ſie iſt auch
äußerlich durch Beſtimmung der Reichsverfaſſung zur Rechts-
pflicht
der einzelnen Staaten erklärt.

III. Das Reich hat für die laufende Zoll- und Steuerver-
waltung keine oberſte Direktivbehörde. Es iſt nicht wie bei der
Poſt- und Telegraphen-Verwaltung eine Linie gezogen, welche die
untere von der oberen Verwaltung trennt und die letztere dem
Reiche zuweist; es giebt keine Generalzoll- und Steuerdirection
des Reiches als höchſte Inſtanz in allen der Reichsgeſetzgebung
unterliegenden Zoll- und Steuerverwaltungsſachen. Das Finanz-
miniſterium oder die demſelben entſprechende Behörde des einzelnen
Staates iſt die oberſte Centralſtelle und die höchſte Inſtanz für
die geſammte Zoll- und Steuerverwaltung in dem Gebiete dieſes
Staates. Die Zoll- und Steuerämter und die Bezirks- oder
Provinzialbehörden ſtehen daher in keinem directen amtlichen Schrift-
wechſel und dienſtlichen Verkehr mit dem Reichskanzleramt oder
dem Bundesrath, ſondern ausſchließlich mit der oberſten Landes-
behörde für Zoll- und Steuerangelegenheiten. Sie empfangen
Dienſtinſtructionen und Aufträge nur von der letzteren und haben
nur an dieſe ihre amtlichen Berichte zu erſtatten. Die Mitglieder
dieſer Behörden ſtehen in keinem Dienſtverhältniß zum Reich, ſie
werden nicht aus der Reichskaſſe beſoldet, nicht für den Kaiſer
und das Reich vereidigt und die geſetzlichen Beſtimmungen über
die Reichsbeamten finden auf ſie keine Anwendung.

Der Antheil des Reiches bei der Verwaltung der Reichszölle
und Abgaben iſt vielmehr nach einem durchaus andern Prinzip
wie bei der Poſt- und Telegraphenverwaltung geordnet. Der
Grund hiefür iſt ein hiſtoriſcher. Die Zoll- und Steuergemeinſchaft
ſtammt aus einer Zeit, als die einzelnen Deutſchen Staaten noch
völlig ſouverain waren, wo man alſo keine gemeinſame, nach Art
eines Miniſteriums organiſirte, oberſte Verwaltungsbehörde con-
ſtituiren konnte, ſondern wo man ſich darauf beſchränken mußte,
jedem Vereinsmitgliede die Befugniß einzuräumen, die Verwaltung
in den verbündeten Staaten durch Delegirte zu kontroliren 1).

1) Die Zollvereinskontrole war bereits durch die grundlegenden
Verträge von 1833 im Weſentlichen ſo geordnet worden, wie ſie bis zur
Reorganiſation des Zollvereins im Jahre 1867 fortdauerte; die ſpäteren
Verträge, insbeſondere der vom 16. Mai 1865 Art. 31 und 32 und Schluß-
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[287/0297] §. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern. Gleichartigkeit der dienſtlichen Verrichtungen, ſondern ſie iſt auch äußerlich durch Beſtimmung der Reichsverfaſſung zur Rechts- pflicht der einzelnen Staaten erklärt. III. Das Reich hat für die laufende Zoll- und Steuerver- waltung keine oberſte Direktivbehörde. Es iſt nicht wie bei der Poſt- und Telegraphen-Verwaltung eine Linie gezogen, welche die untere von der oberen Verwaltung trennt und die letztere dem Reiche zuweist; es giebt keine Generalzoll- und Steuerdirection des Reiches als höchſte Inſtanz in allen der Reichsgeſetzgebung unterliegenden Zoll- und Steuerverwaltungsſachen. Das Finanz- miniſterium oder die demſelben entſprechende Behörde des einzelnen Staates iſt die oberſte Centralſtelle und die höchſte Inſtanz für die geſammte Zoll- und Steuerverwaltung in dem Gebiete dieſes Staates. Die Zoll- und Steuerämter und die Bezirks- oder Provinzialbehörden ſtehen daher in keinem directen amtlichen Schrift- wechſel und dienſtlichen Verkehr mit dem Reichskanzleramt oder dem Bundesrath, ſondern ausſchließlich mit der oberſten Landes- behörde für Zoll- und Steuerangelegenheiten. Sie empfangen Dienſtinſtructionen und Aufträge nur von der letzteren und haben nur an dieſe ihre amtlichen Berichte zu erſtatten. Die Mitglieder dieſer Behörden ſtehen in keinem Dienſtverhältniß zum Reich, ſie werden nicht aus der Reichskaſſe beſoldet, nicht für den Kaiſer und das Reich vereidigt und die geſetzlichen Beſtimmungen über die Reichsbeamten finden auf ſie keine Anwendung. Der Antheil des Reiches bei der Verwaltung der Reichszölle und Abgaben iſt vielmehr nach einem durchaus andern Prinzip wie bei der Poſt- und Telegraphenverwaltung geordnet. Der Grund hiefür iſt ein hiſtoriſcher. Die Zoll- und Steuergemeinſchaft ſtammt aus einer Zeit, als die einzelnen Deutſchen Staaten noch völlig ſouverain waren, wo man alſo keine gemeinſame, nach Art eines Miniſteriums organiſirte, oberſte Verwaltungsbehörde con- ſtituiren konnte, ſondern wo man ſich darauf beſchränken mußte, jedem Vereinsmitgliede die Befugniß einzuräumen, die Verwaltung in den verbündeten Staaten durch Delegirte zu kontroliren 1). 1) Die Zollvereinskontrole war bereits durch die grundlegenden Verträge von 1833 im Weſentlichen ſo geordnet worden, wie ſie bis zur Reorganiſation des Zollvereins im Jahre 1867 fortdauerte; die ſpäteren Verträge, insbeſondere der vom 16. Mai 1865 Art. 31 und 32 und Schluß-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/297>, abgerufen am 22.11.2024.