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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
aus der ausdrücklichen Anordnung im Art. 40, daß in allen Fällen,
in denen zwischen den Bestimmungen der R.V. und denjenigen des
Zollvereinsvertrages ein Widerspruch besteht, die Verfassungsbe-
stimmungen Geltung haben 1).

Es ist ferner in Zweifel gezogen worden, ob die Vorschrift
des Art. 78 Abs. 2 auf das im Art. 34 den beiden Hansestädten
gewährleistete Recht anwendbar sei. Man hat dies aus dem Grunde
verneint, weil in der Norddeutschen Bundesverfassung eine dem
Art. 78 Abs. 2 entsprechende Anordnung fehlte und nur den Süd-
deutschen Staaten bei ihrem Eintritt in das Reich Reservatrechte,
die unter dem Schutze des Art. 78 Abs. 2 stehen, eingeräumt
worden seien 2). Diese Deduction ist falsch. Die R.V. Art. 78
Abs. 2 kennt das Wort "Reservatrechte" gar nicht, sondern spricht
nur von denjenigen Vorschriften der R.V., "durch welche bestimmte
Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Gesammt-
heit festgestellt sind". Daß diese Ausdrucksweise auch auf die im
Art. 34 den Hansestädten eingeräumten Rechte buchstäblich paßt,
ist unleugbar; es ist daher völlig unerheblich, ob man die Be-
zeichnung Reservatrechte in einem engeren oder weiteren Sinne zu
verwenden pflegt und ob man das im Art. 34 der R.V. erwähnte
Recht so nennt oder nicht. Daß aber in der Verfassung des
Nordd. Bundes der Art. 78 Abs. 2 fehlte, ist ganz ohne Belang,
nachdem die Reichsverfassung den Grundsatz ohne Einschränkung
aufgenommen hat; überdies folgt der letztere auch ohne aus-
drückliche Anerkennung aus dem Begriff und Wesen der Sonder-
rechte von selbst 3). Der Art. 34 wäre überhaupt bedeutungslos,
wenn er auch ohne Zustimmung von Hamburg resp. Bremen auf-
gehoben werden könnte; denn die Nothwendigkeit dieser Zustim-
mung ist eben das einzige unterscheidende Kriterium zwischen den

1) Ganz unrichtig ist das Verhältniß aufgefaßt worden von Edg. Lö-
ning
in Hirth's Annalen 1875 S. 366, der die sonderbare Ansicht aufstellt,
Art. 34 der Nordd. Bundesverf. sei durch Art. 6 des Zollvereinsvertrages ab-
geändert
worden und diese Abänderung sei durch Art. 34 der Reichsver-
fassung wieder rückgängig gemacht worden.
2) Hänel Studien a. a. O. Denkschrift des Centralvereins der Wollen-
fabrikanten bei Tuch a. a. O. S. 155; ferner v. Kardorff Stenograph.
Berichte 1881 S. 395.
3) Vgl. Bd. I. S. 117 ff.
Laband, Reichsstaatsrecht. III. 2. 17

§. 112. Die Einheit des Zollgebietes.
aus der ausdrücklichen Anordnung im Art. 40, daß in allen Fällen,
in denen zwiſchen den Beſtimmungen der R.V. und denjenigen des
Zollvereinsvertrages ein Widerſpruch beſteht, die Verfaſſungsbe-
ſtimmungen Geltung haben 1).

Es iſt ferner in Zweifel gezogen worden, ob die Vorſchrift
des Art. 78 Abſ. 2 auf das im Art. 34 den beiden Hanſeſtädten
gewährleiſtete Recht anwendbar ſei. Man hat dies aus dem Grunde
verneint, weil in der Norddeutſchen Bundesverfaſſung eine dem
Art. 78 Abſ. 2 entſprechende Anordnung fehlte und nur den Süd-
deutſchen Staaten bei ihrem Eintritt in das Reich Reſervatrechte,
die unter dem Schutze des Art. 78 Abſ. 2 ſtehen, eingeräumt
worden ſeien 2). Dieſe Deduction iſt falſch. Die R.V. Art. 78
Abſ. 2 kennt das Wort „Reſervatrechte“ gar nicht, ſondern ſpricht
nur von denjenigen Vorſchriften der R.V., „durch welche beſtimmte
Rechte einzelner Bundesſtaaten in deren Verhältniß zur Geſammt-
heit feſtgeſtellt ſind“. Daß dieſe Ausdrucksweiſe auch auf die im
Art. 34 den Hanſeſtädten eingeräumten Rechte buchſtäblich paßt,
iſt unleugbar; es iſt daher völlig unerheblich, ob man die Be-
zeichnung Reſervatrechte in einem engeren oder weiteren Sinne zu
verwenden pflegt und ob man das im Art. 34 der R.V. erwähnte
Recht ſo nennt oder nicht. Daß aber in der Verfaſſung des
Nordd. Bundes der Art. 78 Abſ. 2 fehlte, iſt ganz ohne Belang,
nachdem die Reichsverfaſſung den Grundſatz ohne Einſchränkung
aufgenommen hat; überdies folgt der letztere auch ohne aus-
drückliche Anerkennung aus dem Begriff und Weſen der Sonder-
rechte von ſelbſt 3). Der Art. 34 wäre überhaupt bedeutungslos,
wenn er auch ohne Zuſtimmung von Hamburg reſp. Bremen auf-
gehoben werden könnte; denn die Nothwendigkeit dieſer Zuſtim-
mung iſt eben das einzige unterſcheidende Kriterium zwiſchen den

1) Ganz unrichtig iſt das Verhältniß aufgefaßt worden von Edg. Lö-
ning
in Hirth’s Annalen 1875 S. 366, der die ſonderbare Anſicht aufſtellt,
Art. 34 der Nordd. Bundesverf. ſei durch Art. 6 des Zollvereinsvertrages ab-
geändert
worden und dieſe Abänderung ſei durch Art. 34 der Reichsver-
faſſung wieder rückgängig gemacht worden.
2) Hänel Studien a. a. O. Denkſchrift des Centralvereins der Wollen-
fabrikanten bei Tuch a. a. O. S. 155; ferner v. Kardorff Stenograph.
Berichte 1881 S. 395.
3) Vgl. Bd. I. S. 117 ff.
Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 2. 17
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[257/0267] §. 112. Die Einheit des Zollgebietes. aus der ausdrücklichen Anordnung im Art. 40, daß in allen Fällen, in denen zwiſchen den Beſtimmungen der R.V. und denjenigen des Zollvereinsvertrages ein Widerſpruch beſteht, die Verfaſſungsbe- ſtimmungen Geltung haben 1). Es iſt ferner in Zweifel gezogen worden, ob die Vorſchrift des Art. 78 Abſ. 2 auf das im Art. 34 den beiden Hanſeſtädten gewährleiſtete Recht anwendbar ſei. Man hat dies aus dem Grunde verneint, weil in der Norddeutſchen Bundesverfaſſung eine dem Art. 78 Abſ. 2 entſprechende Anordnung fehlte und nur den Süd- deutſchen Staaten bei ihrem Eintritt in das Reich Reſervatrechte, die unter dem Schutze des Art. 78 Abſ. 2 ſtehen, eingeräumt worden ſeien 2). Dieſe Deduction iſt falſch. Die R.V. Art. 78 Abſ. 2 kennt das Wort „Reſervatrechte“ gar nicht, ſondern ſpricht nur von denjenigen Vorſchriften der R.V., „durch welche beſtimmte Rechte einzelner Bundesſtaaten in deren Verhältniß zur Geſammt- heit feſtgeſtellt ſind“. Daß dieſe Ausdrucksweiſe auch auf die im Art. 34 den Hanſeſtädten eingeräumten Rechte buchſtäblich paßt, iſt unleugbar; es iſt daher völlig unerheblich, ob man die Be- zeichnung Reſervatrechte in einem engeren oder weiteren Sinne zu verwenden pflegt und ob man das im Art. 34 der R.V. erwähnte Recht ſo nennt oder nicht. Daß aber in der Verfaſſung des Nordd. Bundes der Art. 78 Abſ. 2 fehlte, iſt ganz ohne Belang, nachdem die Reichsverfaſſung den Grundſatz ohne Einſchränkung aufgenommen hat; überdies folgt der letztere auch ohne aus- drückliche Anerkennung aus dem Begriff und Weſen der Sonder- rechte von ſelbſt 3). Der Art. 34 wäre überhaupt bedeutungslos, wenn er auch ohne Zuſtimmung von Hamburg reſp. Bremen auf- gehoben werden könnte; denn die Nothwendigkeit dieſer Zuſtim- mung iſt eben das einzige unterſcheidende Kriterium zwiſchen den 1) Ganz unrichtig iſt das Verhältniß aufgefaßt worden von Edg. Lö- ning in Hirth’s Annalen 1875 S. 366, der die ſonderbare Anſicht aufſtellt, Art. 34 der Nordd. Bundesverf. ſei durch Art. 6 des Zollvereinsvertrages ab- geändert worden und dieſe Abänderung ſei durch Art. 34 der Reichsver- faſſung wieder rückgängig gemacht worden. 2) Hänel Studien a. a. O. Denkſchrift des Centralvereins der Wollen- fabrikanten bei Tuch a. a. O. S. 155; ferner v. Kardorff Stenograph. Berichte 1881 S. 395. 3) Vgl. Bd. I. S. 117 ff. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 2. 17

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/267>, abgerufen am 22.11.2024.