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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 107. Der Reichsfiskus.
ist, eine generelle, subsidiäre Befugniß zur Vertretung des Reichs-
fiskus zusteht; daneben giebt es aber so viele Spezial-Wohnsitze
des Reichsfiskus als es mit Vertretungsbefugniß ausgestattete
Reichsbehörden giebt. Als das Resultat dieser Erörterung ist da-
her der Satz zu formuliren, daß die Rechtsverhältnisse des Fiskus
nach dem Rechte des Ortes zu beurtheilen sind, an welchem die
im concreten Falle zur Vertretung des Fiskus zuständige Behörde
ihren Amtssitz hat 1).

Unter den privilegia fisci lassen sich drei Gruppen unter-
scheiden:

1. Prozessualische Vorrechte. Dieselben sind durch
die Reichsjustizgesetze auf folgende beschränkt:

a) Das Reich ist in dem Verfahren vor den Landesgerichten
von Zahlung der Gebühren befreit 2).
b) In Konkursen steht die Reichskasse in Ansehung der zu-
rückgehaltenen oder in Beschlag genommenen zoll- und steuerpflich-
tigen Sachen dem Faustpfandgläubiger gleich 3), und sie hat einen
Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung hinsichtlich ihrer Forde-
rungen wegen öffentlicher Abgaben, welche im letzten Jahre vor
der Eröffnung des Verfahrens fällig geworden sind 4).
c) Aufrechterhalten sind die landes gesetzlichen Vorschriften
über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den
Fiskus, insoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden 5).

2. Privatrechtliche Privilegien. Eine Aufzählung

1) Vgl. die treffenden Ausführungen von Reincke S. 495 ff. Dagegen
behauptet Dernburg a. a. O., daß das Reich in Berlin sein Quasidomizil habe
und daher der Reichsfiskus der Regel nach den Rechtsgrundsätzen des in Berlin
geltenden preußischen Landrechts resp., insoweit dasselbe in Betracht kommen
könnte, des märkischen Provinzialrechts unterstehe (S. 121 Note 10), und er
erklärt es (S. 122 Note 12) für selbstverständlich, daß auch nichtpreußische
Stationen des Reichsfiskus die gleichen fiskalischen Vorrechte wie die in Preußen
selbst belegenen haben, da der Reichsfiskus eine einheitliche Persönlichkeit ist.
Aber dieser Grund beweist Nichts; denn auch physische Personen, die doch ge-
wiß einheitlich sind, können mehrere Wohnsitze haben und nach verschiedenen
Rechten beurtheilt werden.
2) Gerichtskostenges. §. 98.
3) Konkurs-Ordn. §. 41 Ziff. 1.
4) Konkurs-Ordn. §. 54 Ziff. 2.
5) Einf.Ges. zur Civilproz.Ordn. §. 15 Ziff. 4.

§. 107. Der Reichsfiskus.
iſt, eine generelle, ſubſidiäre Befugniß zur Vertretung des Reichs-
fiskus zuſteht; daneben giebt es aber ſo viele Spezial-Wohnſitze
des Reichsfiskus als es mit Vertretungsbefugniß ausgeſtattete
Reichsbehörden giebt. Als das Reſultat dieſer Erörterung iſt da-
her der Satz zu formuliren, daß die Rechtsverhältniſſe des Fiskus
nach dem Rechte des Ortes zu beurtheilen ſind, an welchem die
im concreten Falle zur Vertretung des Fiskus zuſtändige Behörde
ihren Amtsſitz hat 1).

Unter den privilegia fisci laſſen ſich drei Gruppen unter-
ſcheiden:

1. Prozeſſualiſche Vorrechte. Dieſelben ſind durch
die Reichsjuſtizgeſetze auf folgende beſchränkt:

a) Das Reich iſt in dem Verfahren vor den Landesgerichten
von Zahlung der Gebühren befreit 2).
b) In Konkurſen ſteht die Reichskaſſe in Anſehung der zu-
rückgehaltenen oder in Beſchlag genommenen zoll- und ſteuerpflich-
tigen Sachen dem Fauſtpfandgläubiger gleich 3), und ſie hat einen
Anſpruch auf vorzugsweiſe Befriedigung hinſichtlich ihrer Forde-
rungen wegen öffentlicher Abgaben, welche im letzten Jahre vor
der Eröffnung des Verfahrens fällig geworden ſind 4).
c) Aufrechterhalten ſind die landes geſetzlichen Vorſchriften
über die Zwangsvollſtreckung wegen Geldforderungen gegen den
Fiskus, inſoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden 5).

2. Privatrechtliche Privilegien. Eine Aufzählung

1) Vgl. die treffenden Ausführungen von Reincke S. 495 ff. Dagegen
behauptet Dernburg a. a. O., daß das Reich in Berlin ſein Quaſidomizil habe
und daher der Reichsfiskus der Regel nach den Rechtsgrundſätzen des in Berlin
geltenden preußiſchen Landrechts reſp., inſoweit daſſelbe in Betracht kommen
könnte, des märkiſchen Provinzialrechts unterſtehe (S. 121 Note 10), und er
erklärt es (S. 122 Note 12) für ſelbſtverſtändlich, daß auch nichtpreußiſche
Stationen des Reichsfiskus die gleichen fiskaliſchen Vorrechte wie die in Preußen
ſelbſt belegenen haben, da der Reichsfiskus eine einheitliche Perſönlichkeit iſt.
Aber dieſer Grund beweiſt Nichts; denn auch phyſiſche Perſonen, die doch ge-
wiß einheitlich ſind, können mehrere Wohnſitze haben und nach verſchiedenen
Rechten beurtheilt werden.
2) Gerichtskoſtengeſ. §. 98.
3) Konkurs-Ordn. §. 41 Ziff. 1.
4) Konkurs-Ordn. §. 54 Ziff. 2.
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[198/0208] §. 107. Der Reichsfiskus. iſt, eine generelle, ſubſidiäre Befugniß zur Vertretung des Reichs- fiskus zuſteht; daneben giebt es aber ſo viele Spezial-Wohnſitze des Reichsfiskus als es mit Vertretungsbefugniß ausgeſtattete Reichsbehörden giebt. Als das Reſultat dieſer Erörterung iſt da- her der Satz zu formuliren, daß die Rechtsverhältniſſe des Fiskus nach dem Rechte des Ortes zu beurtheilen ſind, an welchem die im concreten Falle zur Vertretung des Fiskus zuſtändige Behörde ihren Amtsſitz hat 1). Unter den privilegia fisci laſſen ſich drei Gruppen unter- ſcheiden: 1. Prozeſſualiſche Vorrechte. Dieſelben ſind durch die Reichsjuſtizgeſetze auf folgende beſchränkt: a) Das Reich iſt in dem Verfahren vor den Landesgerichten von Zahlung der Gebühren befreit 2). b) In Konkurſen ſteht die Reichskaſſe in Anſehung der zu- rückgehaltenen oder in Beſchlag genommenen zoll- und ſteuerpflich- tigen Sachen dem Fauſtpfandgläubiger gleich 3), und ſie hat einen Anſpruch auf vorzugsweiſe Befriedigung hinſichtlich ihrer Forde- rungen wegen öffentlicher Abgaben, welche im letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens fällig geworden ſind 4). c) Aufrechterhalten ſind die landes geſetzlichen Vorſchriften über die Zwangsvollſtreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, inſoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden 5). 2. Privatrechtliche Privilegien. Eine Aufzählung 1) Vgl. die treffenden Ausführungen von Reincke S. 495 ff. Dagegen behauptet Dernburg a. a. O., daß das Reich in Berlin ſein Quaſidomizil habe und daher der Reichsfiskus der Regel nach den Rechtsgrundſätzen des in Berlin geltenden preußiſchen Landrechts reſp., inſoweit daſſelbe in Betracht kommen könnte, des märkiſchen Provinzialrechts unterſtehe (S. 121 Note 10), und er erklärt es (S. 122 Note 12) für ſelbſtverſtändlich, daß auch nichtpreußiſche Stationen des Reichsfiskus die gleichen fiskaliſchen Vorrechte wie die in Preußen ſelbſt belegenen haben, da der Reichsfiskus eine einheitliche Perſönlichkeit iſt. Aber dieſer Grund beweiſt Nichts; denn auch phyſiſche Perſonen, die doch ge- wiß einheitlich ſind, können mehrere Wohnſitze haben und nach verſchiedenen Rechten beurtheilt werden. 2) Gerichtskoſtengeſ. §. 98. 3) Konkurs-Ordn. §. 41 Ziff. 1. 4) Konkurs-Ordn. §. 54 Ziff. 2. 5) Einf.Geſ. zur Civilproz.Ordn. §. 15 Ziff. 4.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/208>, abgerufen am 28.11.2024.