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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 105. Die Zeugenpflicht.
Aufenthalt am Orte der Vernehmung verursacht werden 1). Dieser
Anspruch richtet sich gegen die Staatskasse, wenn die Ladung des
Zeugen von dem Richter oder der Staatsanwaltschaft erfolgt ist.
In Civilprozessen kann das Gericht die Ladung davon abhängig
machen, daß der Beweisführer einen Vorschuß zur Deckung der
Staatskasse wegen der durch die Vernehmung des Zeugen erwach-
senden Auslagen hinterlegt 2). In Strafprozessen kann der Ange-
klagte Personen, deren Ladung der Richter ablehnt, unmittelbar
laden; einer solchen Ladung braucht der Zeuge aber nur Folge
zu leisten, wenn ihm die gesetzliche Entschädigung für Reisekosten
und Versäumniß baar dargeboten oder deren Hinterlegung bei dem
Gerichtsschreiber nachgewiesen wird; auf Antrag des Angeklagten
kann jedoch das Gericht die Uebernahme auf die Staatskasse be-
schließen 3).

Die Höhe der zu zahlenden Gebühren und Entschädigungen
ist in der Gebühren-Ordnung vom 30. Juni 1878 (R.G.Bl. S. 173)
bestimmt. Sie gilt für alle ordentlichen Gerichte im ganzen Bundes-
gebiet und für die Konsulargerichte 4).

Wenn der Zeuge außerhalb des Bezirks des Gerichtes, vor
welches er geladen ist, seinen Aufenthaltsort hat und die Gebühren
nach dem Rechte des Aufenthaltsortes höher sind, so können die
höheren Beträge gefordert werden 5).


1) Civilpr.O. §. 366. Strafproz.O. §. 70. Verordn. über die Errichtung
des Patentamts v. 18. Juni 1877 §. 12 (R.G.Bl. S. 536). Gebühren-Ordn.
§. 6 ff.
2) Civilpr.O. §. 344.
3) Strafproz.O. §. 219.
4) Ges. über die Konsular-Gerichtsbarkeit §. 44.
5) Gerichtsverf.Ges. §. 166 Abs. 2. Nach der Entstehungsgeschichte dieser
Vorschrift ist es zweifelhaft, ob sie auch auf die im Ausland wohnenden Zeugen
und die höheren Gebührensätze des ausländischen Rechts bezogen
werden darf. Sie ist von der Reichstagskommission (Protok. I. Lesung S. 10 ff.
Hahn S. 323 ff.) beschlossen worden mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der
Gebührensätze, welche damals innerhalb des Bundesgebietes be-
standen haben und zwar bei Erörterung der Vorschriften des Gerichtsver-
fassungsgesetzes über die Rechtshülfe, welche ja nur unter den Gerichten
des Bundesgebietes Geltung haben (abgesehen von den Konsulargerichten). Da-
her erklärt sich, daß die Bestimmung in dem Titel von der Rechtshülfe ihren
Platz gefunden hat, wohin sie ihrem Inhalte nach nicht gehört.
Durch den Erlaß einer Zeugen-Gebühren-Ordnung für das ganze Reich ist je-

§. 105. Die Zeugenpflicht.
Aufenthalt am Orte der Vernehmung verurſacht werden 1). Dieſer
Anſpruch richtet ſich gegen die Staatskaſſe, wenn die Ladung des
Zeugen von dem Richter oder der Staatsanwaltſchaft erfolgt iſt.
In Civilprozeſſen kann das Gericht die Ladung davon abhängig
machen, daß der Beweisführer einen Vorſchuß zur Deckung der
Staatskaſſe wegen der durch die Vernehmung des Zeugen erwach-
ſenden Auslagen hinterlegt 2). In Strafprozeſſen kann der Ange-
klagte Perſonen, deren Ladung der Richter ablehnt, unmittelbar
laden; einer ſolchen Ladung braucht der Zeuge aber nur Folge
zu leiſten, wenn ihm die geſetzliche Entſchädigung für Reiſekoſten
und Verſäumniß baar dargeboten oder deren Hinterlegung bei dem
Gerichtsſchreiber nachgewieſen wird; auf Antrag des Angeklagten
kann jedoch das Gericht die Uebernahme auf die Staatskaſſe be-
ſchließen 3).

Die Höhe der zu zahlenden Gebühren und Entſchädigungen
iſt in der Gebühren-Ordnung vom 30. Juni 1878 (R.G.Bl. S. 173)
beſtimmt. Sie gilt für alle ordentlichen Gerichte im ganzen Bundes-
gebiet und für die Konſulargerichte 4).

Wenn der Zeuge außerhalb des Bezirks des Gerichtes, vor
welches er geladen iſt, ſeinen Aufenthaltsort hat und die Gebühren
nach dem Rechte des Aufenthaltsortes höher ſind, ſo können die
höheren Beträge gefordert werden 5).


1) Civilpr.O. §. 366. Strafproz.O. §. 70. Verordn. über die Errichtung
des Patentamts v. 18. Juni 1877 §. 12 (R.G.Bl. S. 536). Gebühren-Ordn.
§. 6 ff.
2) Civilpr.O. §. 344.
3) Strafproz.O. §. 219.
4) Geſ. über die Konſular-Gerichtsbarkeit §. 44.
5) Gerichtsverf.Geſ. §. 166 Abſ. 2. Nach der Entſtehungsgeſchichte dieſer
Vorſchrift iſt es zweifelhaft, ob ſie auch auf die im Ausland wohnenden Zeugen
und die höheren Gebührenſätze des ausländiſchen Rechts bezogen
werden darf. Sie iſt von der Reichstagskommiſſion (Protok. I. Leſung S. 10 ff.
Hahn S. 323 ff.) beſchloſſen worden mit Rückſicht auf die Verſchiedenheit der
Gebührenſätze, welche damals innerhalb des Bundesgebietes be-
ſtanden haben und zwar bei Erörterung der Vorſchriften des Gerichtsver-
faſſungsgeſetzes über die Rechtshülfe, welche ja nur unter den Gerichten
des Bundesgebietes Geltung haben (abgeſehen von den Konſulargerichten). Da-
her erklärt ſich, daß die Beſtimmung in dem Titel von der Rechtshülfe ihren
Platz gefunden hat, wohin ſie ihrem Inhalte nach nicht gehört.
Durch den Erlaß einer Zeugen-Gebühren-Ordnung für das ganze Reich iſt je-
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[180/0190] §. 105. Die Zeugenpflicht. Aufenthalt am Orte der Vernehmung verurſacht werden 1). Dieſer Anſpruch richtet ſich gegen die Staatskaſſe, wenn die Ladung des Zeugen von dem Richter oder der Staatsanwaltſchaft erfolgt iſt. In Civilprozeſſen kann das Gericht die Ladung davon abhängig machen, daß der Beweisführer einen Vorſchuß zur Deckung der Staatskaſſe wegen der durch die Vernehmung des Zeugen erwach- ſenden Auslagen hinterlegt 2). In Strafprozeſſen kann der Ange- klagte Perſonen, deren Ladung der Richter ablehnt, unmittelbar laden; einer ſolchen Ladung braucht der Zeuge aber nur Folge zu leiſten, wenn ihm die geſetzliche Entſchädigung für Reiſekoſten und Verſäumniß baar dargeboten oder deren Hinterlegung bei dem Gerichtsſchreiber nachgewieſen wird; auf Antrag des Angeklagten kann jedoch das Gericht die Uebernahme auf die Staatskaſſe be- ſchließen 3). Die Höhe der zu zahlenden Gebühren und Entſchädigungen iſt in der Gebühren-Ordnung vom 30. Juni 1878 (R.G.Bl. S. 173) beſtimmt. Sie gilt für alle ordentlichen Gerichte im ganzen Bundes- gebiet und für die Konſulargerichte 4). Wenn der Zeuge außerhalb des Bezirks des Gerichtes, vor welches er geladen iſt, ſeinen Aufenthaltsort hat und die Gebühren nach dem Rechte des Aufenthaltsortes höher ſind, ſo können die höheren Beträge gefordert werden 5). 1) Civilpr.O. §. 366. Strafproz.O. §. 70. Verordn. über die Errichtung des Patentamts v. 18. Juni 1877 §. 12 (R.G.Bl. S. 536). Gebühren-Ordn. §. 6 ff. 2) Civilpr.O. §. 344. 3) Strafproz.O. §. 219. 4) Geſ. über die Konſular-Gerichtsbarkeit §. 44. 5) Gerichtsverf.Geſ. §. 166 Abſ. 2. Nach der Entſtehungsgeſchichte dieſer Vorſchrift iſt es zweifelhaft, ob ſie auch auf die im Ausland wohnenden Zeugen und die höheren Gebührenſätze des ausländiſchen Rechts bezogen werden darf. Sie iſt von der Reichstagskommiſſion (Protok. I. Leſung S. 10 ff. Hahn S. 323 ff.) beſchloſſen worden mit Rückſicht auf die Verſchiedenheit der Gebührenſätze, welche damals innerhalb des Bundesgebietes be- ſtanden haben und zwar bei Erörterung der Vorſchriften des Gerichtsver- faſſungsgeſetzes über die Rechtshülfe, welche ja nur unter den Gerichten des Bundesgebietes Geltung haben (abgeſehen von den Konſulargerichten). Da- her erklärt ſich, daß die Beſtimmung in dem Titel von der Rechtshülfe ihren Platz gefunden hat, wohin ſie ihrem Inhalte nach nicht gehört. Durch den Erlaß einer Zeugen-Gebühren-Ordnung für das ganze Reich iſt je-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/190>, abgerufen am 21.11.2024.