Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 105. Die Zeugenpflicht. Interesse an der Strafrechtspflege dem Privatinteresse vorgehe.Demnach ist ein Zeuge nur berechtigt, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem seiner Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde 1). b) Im fremden Interesse. Zur Verweigerung des Auch dieses Prinzip ist aber im Strafprozeß sehr erheblich 1) Strafproz.O. §. 54. Vgl. hierzu die Bemerkungen von Löwe. 2) Civilproz.O. §. 348 Abs. 1 Ziff. 4. 5. 3) Civilproz.O. §. 348 Abs. 3. 4) Civilproz.O. §. 350 Abs. 2. Hinsichtlich der Reichsbeamten siehe Reichs-
beamtengesetz §. 12 (Bd. I. S. 422). §. 105. Die Zeugenpflicht. Intereſſe an der Strafrechtspflege dem Privatintereſſe vorgehe.Demnach iſt ein Zeuge nur berechtigt, die Auskunft auf ſolche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihm ſelbſt oder einem ſeiner Angehörigen die Gefahr ſtrafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde 1). b) Im fremden Intereſſe. Zur Verweigerung des Auch dieſes Prinzip iſt aber im Strafprozeß ſehr erheblich 1) Strafproz.O. §. 54. Vgl. hierzu die Bemerkungen von Löwe. 2) Civilproz.O. §. 348 Abſ. 1 Ziff. 4. 5. 3) Civilproz.O. §. 348 Abſ. 3. 4) Civilproz.O. §. 350 Abſ. 2. Hinſichtlich der Reichsbeamten ſiehe Reichs-
beamtengeſetz §. 12 (Bd. I. S. 422). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0185" n="175"/><fw place="top" type="header">§. 105. Die Zeugenpflicht.</fw><lb/> Intereſſe an der Strafrechtspflege dem Privatintereſſe vorgehe.<lb/> Demnach iſt ein Zeuge nur berechtigt, die Auskunft auf ſolche<lb/> Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihm ſelbſt oder einem<lb/> ſeiner Angehörigen die Gefahr <hi rendition="#g">ſtrafgerichtlicher Verfolgung</hi><lb/> zuziehen würde <note place="foot" n="1)">Strafproz.O. §. 54. Vgl. hierzu die Bemerkungen von <hi rendition="#g">Löwe</hi>.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>) <hi rendition="#g">Im fremden Intereſſe</hi>. Zur Verweigerung des<lb/> Zeugniſſes ſind <hi rendition="#g">berechtigt</hi> Geiſtliche in Anſehung desjenigen,<lb/> was ihnen bei der Ausübung der Seelſorge anvertraut iſt, und<lb/> alle anderen Perſonen, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder<lb/> Gewerbes Thatſachen anvertraut ſind, deren Geheimhaltung durch<lb/> die Natur derſelben oder durch geſetzliche Vorſchrift geboten iſt,<lb/> in Betreff der Thatſachen, auf welche die Verpflichtung zur Ver-<lb/> ſchwiegenheit ſich bezieht <note place="foot" n="2)">Civilproz.O. §. 348 Abſ. 1 Ziff. 4. 5.</note>. Hierher gehört auch die Pflicht zur<lb/> Bewahrung des Dienſtgeheimniſſes Seitens der Beamten; die Wir-<lb/> kung dieſer Pflicht reicht aber weiter, indem die Beamten zur Ver-<lb/> weigerung des Zeugniſſes nicht blos berechtigt, ſondern dienſtlich<lb/> verpflichtet ſind. Der Richter ſoll in den angegebenen Fällen die<lb/> Verpflichtung zur Verſchwiegenheit auch dann berückſichtigen, wenn<lb/> das Zeugniß nicht verweigert wird, indem er die Vernehmung der<lb/> Zeugen auf ſolche Thatſachen nicht zu richten hat, in Anſehung<lb/> welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Ver-<lb/> ſchwiegenheit ein Zeugniß nicht abgelegt werden kann <note place="foot" n="3)">Civilproz.O. §. 348 Abſ. 3.</note>. Da dieſer<lb/> Weigerungsgrund aber nicht im eigenen Intereſſe des Zeugen<lb/> wurzelt, ſondern im Intereſſe desjenigen, deſſen Geheimniß er<lb/> kennt, ſo fällt das Recht zur Verweigerung des Zeugniſſes fort,<lb/> wenn der Zeuge von der Verpflichtung zur Verſchwiegenheit ent-<lb/> bunden iſt <note place="foot" n="4)">Civilproz.O. §. 350 Abſ. 2. Hinſichtlich der Reichsbeamten ſiehe Reichs-<lb/> beamtengeſetz §. 12 (Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 422).</note>.</p><lb/> <p>Auch dieſes Prinzip iſt aber im Strafprozeß ſehr erheblich<lb/> eingeſchränkt; der Staat berückſichtigt die Pflicht zur Verſchwiegen-<lb/> heit in großem Umfange, wo es ſich um einen Streit über ver-<lb/> mögensrechtliche Intereſſen handelt, dagegen in viel geringerem<lb/> Maaße bei der Strafverfolgung. Hier ſind zur Verweigerung der<lb/> Ausſage nur berechtigt: <hi rendition="#g">Geiſtliche</hi> in Anſehung desjenigen, was<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0185]
§. 105. Die Zeugenpflicht.
Intereſſe an der Strafrechtspflege dem Privatintereſſe vorgehe.
Demnach iſt ein Zeuge nur berechtigt, die Auskunft auf ſolche
Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihm ſelbſt oder einem
ſeiner Angehörigen die Gefahr ſtrafgerichtlicher Verfolgung
zuziehen würde 1).
b) Im fremden Intereſſe. Zur Verweigerung des
Zeugniſſes ſind berechtigt Geiſtliche in Anſehung desjenigen,
was ihnen bei der Ausübung der Seelſorge anvertraut iſt, und
alle anderen Perſonen, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder
Gewerbes Thatſachen anvertraut ſind, deren Geheimhaltung durch
die Natur derſelben oder durch geſetzliche Vorſchrift geboten iſt,
in Betreff der Thatſachen, auf welche die Verpflichtung zur Ver-
ſchwiegenheit ſich bezieht 2). Hierher gehört auch die Pflicht zur
Bewahrung des Dienſtgeheimniſſes Seitens der Beamten; die Wir-
kung dieſer Pflicht reicht aber weiter, indem die Beamten zur Ver-
weigerung des Zeugniſſes nicht blos berechtigt, ſondern dienſtlich
verpflichtet ſind. Der Richter ſoll in den angegebenen Fällen die
Verpflichtung zur Verſchwiegenheit auch dann berückſichtigen, wenn
das Zeugniß nicht verweigert wird, indem er die Vernehmung der
Zeugen auf ſolche Thatſachen nicht zu richten hat, in Anſehung
welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Ver-
ſchwiegenheit ein Zeugniß nicht abgelegt werden kann 3). Da dieſer
Weigerungsgrund aber nicht im eigenen Intereſſe des Zeugen
wurzelt, ſondern im Intereſſe desjenigen, deſſen Geheimniß er
kennt, ſo fällt das Recht zur Verweigerung des Zeugniſſes fort,
wenn der Zeuge von der Verpflichtung zur Verſchwiegenheit ent-
bunden iſt 4).
Auch dieſes Prinzip iſt aber im Strafprozeß ſehr erheblich
eingeſchränkt; der Staat berückſichtigt die Pflicht zur Verſchwiegen-
heit in großem Umfange, wo es ſich um einen Streit über ver-
mögensrechtliche Intereſſen handelt, dagegen in viel geringerem
Maaße bei der Strafverfolgung. Hier ſind zur Verweigerung der
Ausſage nur berechtigt: Geiſtliche in Anſehung desjenigen, was
1) Strafproz.O. §. 54. Vgl. hierzu die Bemerkungen von Löwe.
2) Civilproz.O. §. 348 Abſ. 1 Ziff. 4. 5.
3) Civilproz.O. §. 348 Abſ. 3.
4) Civilproz.O. §. 350 Abſ. 2. Hinſichtlich der Reichsbeamten ſiehe Reichs-
beamtengeſetz §. 12 (Bd. I. S. 422).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |