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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 96. Einleitung.
deutschen Staaten auch eine andere Richtung. Das Preuß. Justiz-
ministerium unterwarf noch während des Krieges den Norddeutschen
Entwurf einer Umarbeitung und gestaltete ihn zu einem Entwurf
für eine Deutsche Civilprozeßordnung. Auf Beschluß des Bundes-
rathes trat eine neue Commission zur Berathung dieses Entwurfs
im September 1871 in Berlin zusammen, an welcher Vertreter
der süddeutschen Staaten Antheil nahmen. Bereits im Frühjahr
1872 waren die Verhandlungen dieser Commission so weit gediehen,
daß der revidirte Entwurf nebst dem Entwurf eines Einführungs-
gesetzes dem Bundesrath vorgelegt werden konnte, der seinerseits
noch einige Aenderungen an demselben vornahm. Bevor jedoch
die Vorlage an den Reichstag erfolgte, waren noch die Entwürfe
zu mehreren andern Gesetzen über das Gerichtswesen festzustellen.

Der Reichstag des Norddeutschen Bundes hatte am 18. April
1868 den Beschluß gefaßt, den Bundeskanzler aufzufordern, Ent-
würfe eines gemeinsamen Strafrechts und eines gemeinsamen
Strafprozesses, sowie der dadurch bedingten Vorschriften der Ge-
richtsorganisation bald thunlichst vorbereiten und dem Reichstage
vorlegen zu lassen. Der Bundesrath, der diesem Beschluß zu-
stimmte, erachtete es zugleich für geboten, daß zunächst mit dem
materiellen Strafrecht begonnen werden müsse. Daher wurde erst
nach Fertigstellung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches f. den
Norddeutschen Bund die Strafprozeßordnung in Angriff
genommen und der Preuß. Justizminister durch Schreiben des
Bundeskanzlers v. 12. Juli 1869 ersucht, die Aufstellung eines
Entwurfes zu veranlassen 1).

Die Arbeiten, welche aus sachlichen, hier nicht weiter zu er-
örternden Gründen mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbun-
den waren, zogen sich bis zum Ende des Jahres 1872 hin, so daß
der erste Entwurf mit Motiven im Januar 1873 dem Bundesrath
vorgelegt werden konnte. Der Bundesrath beschloß, ihn einer
Kommission zur Vorberathung zu überweisen, welche ihn in 3 Le-
sungen einer Durcharbeitung unterwarf. Dieser zweite Entwurf

1) Ueber die Geschichte der Strafproz.Ordnung vgl. außer den in den
Kommentaren derselben enthaltenen Darstellungen die ausführliche und licht-
volle Erörterung von Dochow in v. Holtzendorff's Handbuch des Deutschen
Strafprozeßrechts I. S. 105--137 und Binding, Grundriß des gem. Deut-
schen Strafprozeßrechts. 1881. S. 21 ff.

§. 96. Einleitung.
deutſchen Staaten auch eine andere Richtung. Das Preuß. Juſtiz-
miniſterium unterwarf noch während des Krieges den Norddeutſchen
Entwurf einer Umarbeitung und geſtaltete ihn zu einem Entwurf
für eine Deutſche Civilprozeßordnung. Auf Beſchluß des Bundes-
rathes trat eine neue Commiſſion zur Berathung dieſes Entwurfs
im September 1871 in Berlin zuſammen, an welcher Vertreter
der ſüddeutſchen Staaten Antheil nahmen. Bereits im Frühjahr
1872 waren die Verhandlungen dieſer Commiſſion ſo weit gediehen,
daß der revidirte Entwurf nebſt dem Entwurf eines Einführungs-
geſetzes dem Bundesrath vorgelegt werden konnte, der ſeinerſeits
noch einige Aenderungen an demſelben vornahm. Bevor jedoch
die Vorlage an den Reichstag erfolgte, waren noch die Entwürfe
zu mehreren andern Geſetzen über das Gerichtsweſen feſtzuſtellen.

Der Reichstag des Norddeutſchen Bundes hatte am 18. April
1868 den Beſchluß gefaßt, den Bundeskanzler aufzufordern, Ent-
würfe eines gemeinſamen Strafrechts und eines gemeinſamen
Strafprozeſſes, ſowie der dadurch bedingten Vorſchriften der Ge-
richtsorganiſation bald thunlichſt vorbereiten und dem Reichstage
vorlegen zu laſſen. Der Bundesrath, der dieſem Beſchluß zu-
ſtimmte, erachtete es zugleich für geboten, daß zunächſt mit dem
materiellen Strafrecht begonnen werden müſſe. Daher wurde erſt
nach Fertigſtellung des Entwurfs eines Strafgeſetzbuches f. den
Norddeutſchen Bund die Strafprozeßordnung in Angriff
genommen und der Preuß. Juſtizminiſter durch Schreiben des
Bundeskanzlers v. 12. Juli 1869 erſucht, die Aufſtellung eines
Entwurfes zu veranlaſſen 1).

Die Arbeiten, welche aus ſachlichen, hier nicht weiter zu er-
örternden Gründen mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbun-
den waren, zogen ſich bis zum Ende des Jahres 1872 hin, ſo daß
der erſte Entwurf mit Motiven im Januar 1873 dem Bundesrath
vorgelegt werden konnte. Der Bundesrath beſchloß, ihn einer
Kommiſſion zur Vorberathung zu überweiſen, welche ihn in 3 Le-
ſungen einer Durcharbeitung unterwarf. Dieſer zweite Entwurf

1) Ueber die Geſchichte der Strafproz.Ordnung vgl. außer den in den
Kommentaren derſelben enthaltenen Darſtellungen die ausführliche und licht-
volle Erörterung von Dochow in v. Holtzendorff’s Handbuch des Deutſchen
Strafprozeßrechts I. S. 105—137 und Binding, Grundriß des gem. Deut-
ſchen Strafprozeßrechts. 1881. S. 21 ff.
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[8/0018] §. 96. Einleitung. deutſchen Staaten auch eine andere Richtung. Das Preuß. Juſtiz- miniſterium unterwarf noch während des Krieges den Norddeutſchen Entwurf einer Umarbeitung und geſtaltete ihn zu einem Entwurf für eine Deutſche Civilprozeßordnung. Auf Beſchluß des Bundes- rathes trat eine neue Commiſſion zur Berathung dieſes Entwurfs im September 1871 in Berlin zuſammen, an welcher Vertreter der ſüddeutſchen Staaten Antheil nahmen. Bereits im Frühjahr 1872 waren die Verhandlungen dieſer Commiſſion ſo weit gediehen, daß der revidirte Entwurf nebſt dem Entwurf eines Einführungs- geſetzes dem Bundesrath vorgelegt werden konnte, der ſeinerſeits noch einige Aenderungen an demſelben vornahm. Bevor jedoch die Vorlage an den Reichstag erfolgte, waren noch die Entwürfe zu mehreren andern Geſetzen über das Gerichtsweſen feſtzuſtellen. Der Reichstag des Norddeutſchen Bundes hatte am 18. April 1868 den Beſchluß gefaßt, den Bundeskanzler aufzufordern, Ent- würfe eines gemeinſamen Strafrechts und eines gemeinſamen Strafprozeſſes, ſowie der dadurch bedingten Vorſchriften der Ge- richtsorganiſation bald thunlichſt vorbereiten und dem Reichstage vorlegen zu laſſen. Der Bundesrath, der dieſem Beſchluß zu- ſtimmte, erachtete es zugleich für geboten, daß zunächſt mit dem materiellen Strafrecht begonnen werden müſſe. Daher wurde erſt nach Fertigſtellung des Entwurfs eines Strafgeſetzbuches f. den Norddeutſchen Bund die Strafprozeßordnung in Angriff genommen und der Preuß. Juſtizminiſter durch Schreiben des Bundeskanzlers v. 12. Juli 1869 erſucht, die Aufſtellung eines Entwurfes zu veranlaſſen 1). Die Arbeiten, welche aus ſachlichen, hier nicht weiter zu er- örternden Gründen mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbun- den waren, zogen ſich bis zum Ende des Jahres 1872 hin, ſo daß der erſte Entwurf mit Motiven im Januar 1873 dem Bundesrath vorgelegt werden konnte. Der Bundesrath beſchloß, ihn einer Kommiſſion zur Vorberathung zu überweiſen, welche ihn in 3 Le- ſungen einer Durcharbeitung unterwarf. Dieſer zweite Entwurf 1) Ueber die Geſchichte der Strafproz.Ordnung vgl. außer den in den Kommentaren derſelben enthaltenen Darſtellungen die ausführliche und licht- volle Erörterung von Dochow in v. Holtzendorff’s Handbuch des Deutſchen Strafprozeßrechts I. S. 105—137 und Binding, Grundriß des gem. Deut- ſchen Strafprozeßrechts. 1881. S. 21 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/18>, abgerufen am 21.11.2024.