Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 104. Der Gerichtsdienst. den, wenn nachträglich genügende Entschuldigung stattfindet 1). DemVerurtheilten steht das Rechtsmittel der Beschwerde nach den Vor- schriften der Strafprozeß-Ordnung zu 2). b) Die Vorspiegelung unwahrer Thatsachen als Ent- II. Der berufsmäßige Justizdienst. Die Regeln, welche im Allgemeinen für das Staatsbeamten- 1) Die Zurücknahme erfolgt von denselben Richtern; ist die Sitzungsperiode des Schwurgerichts geschlossen, durch die Strafkammer des Landgerichts. Ge- richtsverf.Ges. §. 82. 2) Gerichtsverf.Ges. §. 56. 96 Abs. 2. 3) Strafgesetzb. §. 138. 4) Vgl. die Verhandlungen des Reichstages v. 18. Nov. 1876. Stenogr.
Berichte S. 179 ff. (Hahn S. 1121 ff.) Die realen Gründe des Unterschiedes bestehen theils darin, daß eine volle Gleichmäßigkeit der militärischen Ein- richtungen durchgeführt werden sollte, die für die gerichtlichen Einrichtungen §. 104. Der Gerichtsdienſt. den, wenn nachträglich genügende Entſchuldigung ſtattfindet 1). DemVerurtheilten ſteht das Rechtsmittel der Beſchwerde nach den Vor- ſchriften der Strafprozeß-Ordnung zu 2). b) Die Vorſpiegelung unwahrer Thatſachen als Ent- II. Der berufsmäßige Juſtizdienſt. Die Regeln, welche im Allgemeinen für das Staatsbeamten- 1) Die Zurücknahme erfolgt von denſelben Richtern; iſt die Sitzungsperiode des Schwurgerichts geſchloſſen, durch die Strafkammer des Landgerichts. Ge- richtsverf.Geſ. §. 82. 2) Gerichtsverf.Geſ. §. 56. 96 Abſ. 2. 3) Strafgeſetzb. §. 138. 4) Vgl. die Verhandlungen des Reichstages v. 18. Nov. 1876. Stenogr.
Berichte S. 179 ff. (Hahn S. 1121 ff.) Die realen Gründe des Unterſchiedes beſtehen theils darin, daß eine volle Gleichmäßigkeit der militäriſchen Ein- richtungen durchgeführt werden ſollte, die für die gerichtlichen Einrichtungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0152" n="142"/><fw place="top" type="header">§. 104. Der Gerichtsdienſt.</fw><lb/> den, wenn nachträglich genügende Entſchuldigung ſtattfindet <note place="foot" n="1)">Die Zurücknahme erfolgt von denſelben Richtern; iſt die Sitzungsperiode<lb/> des Schwurgerichts geſchloſſen, durch die Strafkammer des Landgerichts. Ge-<lb/> richtsverf.Geſ. §. 82.</note>. Dem<lb/> Verurtheilten ſteht das Rechtsmittel der Beſchwerde nach den Vor-<lb/> ſchriften der Strafprozeß-Ordnung zu <note place="foot" n="2)">Gerichtsverf.Geſ. §. 56. 96 Abſ. 2.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Die <hi rendition="#g">Vorſpiegelung</hi> unwahrer Thatſachen als Ent-<lb/> ſchuldigung um ſich dem Dienſt als Geſchworener oder Schöffe zu<lb/> entziehen, bildet den Thatbeſtand eines Vergehens und iſt mit<lb/> Gefängniß bis zu zwei Monaten bedroht <note place="foot" n="3)">Strafgeſetzb. §. 138.</note>. Die Zuſtändigkeit<lb/> des Gerichts und das Verfahren beſtimmen ſich nach den Vor-<lb/> ſchriften der Strafprozeß-Ordnung.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Der berufsmäßige Juſtizdienſt</hi>.</head><lb/> <p>Die Regeln, welche im Allgemeinen für das Staatsbeamten-<lb/> Verhältniß gelten, finden auch auf die Juſtizbeamten Anwendung;<lb/> die im Reichsdienſt angeſtellten Juſtizbeamten ſtehen daher unter<lb/> den Vorſchriften des Geſetzes v. 31. März 1873, die Landesjuſtiz-<lb/> beamten unter den partikulären Geſetzen über die Rechtsverhält-<lb/> niſſe der Staatsdiener. Das Reich hat in dieſer Beziehung die<lb/> Autonomie der Einzelſtaaten nicht beſchränkt und die fortdauernde<lb/> Vielgeſtaltigkeit der Dienſtverhältniſſe der Juſtizbeamten im Reich<lb/> zugelaſſen. Es iſt dies ein ſtaatsrechtlich ſehr bedeutſamer Unter-<lb/> ſchied zwiſchen der Regelung des Gerichtsweſens und derjenigen<lb/> des Militärweſens. Während die den Einzelſtaaten gelaſſene Kon-<lb/> tingentsherrlichkeit nicht als ein Hinderniß angeſehen worden iſt,<lb/> die Dienſtverhältniſſe der Offiziere und Militärbeamten materiell<lb/> ganz gleichmäßig für ſämmtliche Staaten und Kontingente zu re-<lb/> geln, wurde es als ein in der Gerichtsherrlichkeit oder Juſtizhoheit<lb/> der einzelnen Staaten begründetes Recht derſelben erachtet, daß<lb/> ihnen die rechtliche Normirung der Dienſtverhältniſſe der Juſtiz-<lb/> beamten überlaſſen bleibe <note xml:id="seg2pn_15_1" next="#seg2pn_15_2" place="foot" n="4)">Vgl. die Verhandlungen des Reichstages v. 18. Nov. 1876. Stenogr.<lb/> Berichte S. 179 ff. (Hahn S. 1121 ff.) Die realen Gründe des Unterſchiedes<lb/> beſtehen theils darin, daß eine <hi rendition="#g">volle</hi> Gleichmäßigkeit der militäriſchen Ein-<lb/> richtungen durchgeführt werden ſollte, die für die gerichtlichen Einrichtungen</note>. Nur die <hi rendition="#g">Form</hi>, in welcher ſich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0152]
§. 104. Der Gerichtsdienſt.
den, wenn nachträglich genügende Entſchuldigung ſtattfindet 1). Dem
Verurtheilten ſteht das Rechtsmittel der Beſchwerde nach den Vor-
ſchriften der Strafprozeß-Ordnung zu 2).
b) Die Vorſpiegelung unwahrer Thatſachen als Ent-
ſchuldigung um ſich dem Dienſt als Geſchworener oder Schöffe zu
entziehen, bildet den Thatbeſtand eines Vergehens und iſt mit
Gefängniß bis zu zwei Monaten bedroht 3). Die Zuſtändigkeit
des Gerichts und das Verfahren beſtimmen ſich nach den Vor-
ſchriften der Strafprozeß-Ordnung.
II. Der berufsmäßige Juſtizdienſt.
Die Regeln, welche im Allgemeinen für das Staatsbeamten-
Verhältniß gelten, finden auch auf die Juſtizbeamten Anwendung;
die im Reichsdienſt angeſtellten Juſtizbeamten ſtehen daher unter
den Vorſchriften des Geſetzes v. 31. März 1873, die Landesjuſtiz-
beamten unter den partikulären Geſetzen über die Rechtsverhält-
niſſe der Staatsdiener. Das Reich hat in dieſer Beziehung die
Autonomie der Einzelſtaaten nicht beſchränkt und die fortdauernde
Vielgeſtaltigkeit der Dienſtverhältniſſe der Juſtizbeamten im Reich
zugelaſſen. Es iſt dies ein ſtaatsrechtlich ſehr bedeutſamer Unter-
ſchied zwiſchen der Regelung des Gerichtsweſens und derjenigen
des Militärweſens. Während die den Einzelſtaaten gelaſſene Kon-
tingentsherrlichkeit nicht als ein Hinderniß angeſehen worden iſt,
die Dienſtverhältniſſe der Offiziere und Militärbeamten materiell
ganz gleichmäßig für ſämmtliche Staaten und Kontingente zu re-
geln, wurde es als ein in der Gerichtsherrlichkeit oder Juſtizhoheit
der einzelnen Staaten begründetes Recht derſelben erachtet, daß
ihnen die rechtliche Normirung der Dienſtverhältniſſe der Juſtiz-
beamten überlaſſen bleibe 4). Nur die Form, in welcher ſich
1) Die Zurücknahme erfolgt von denſelben Richtern; iſt die Sitzungsperiode
des Schwurgerichts geſchloſſen, durch die Strafkammer des Landgerichts. Ge-
richtsverf.Geſ. §. 82.
2) Gerichtsverf.Geſ. §. 56. 96 Abſ. 2.
3) Strafgeſetzb. §. 138.
4) Vgl. die Verhandlungen des Reichstages v. 18. Nov. 1876. Stenogr.
Berichte S. 179 ff. (Hahn S. 1121 ff.) Die realen Gründe des Unterſchiedes
beſtehen theils darin, daß eine volle Gleichmäßigkeit der militäriſchen Ein-
richtungen durchgeführt werden ſollte, die für die gerichtlichen Einrichtungen
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