Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 82. Die Festungen und Kriegshäfen. Weder die bereits vorhandenen noch die neu anzulegenden Festungenund Kriegshäfen sind reichsunmittelbare Gebiete 1). Das Reich ist aber berechtigt, innerhalb des Bundesgebietes Den Einzelstaaten steht demnach weder ein Widerspruch gegen Ausgenommen von diesem Grundsatz sind Bayern und Würt- 1) Eine Bethätigung der Preußischen Landeshoheit am Jadegebiet ist z. B. der Erl. vom 27. Mai 1869, der im Bundesgesetzbl. 1869 S. 375 be- kannt gemacht worden ist. 2) d. h. ohne daß es der Zustimmung des Bundesrathes und Reichstages bedarf. 3) R.V. Art. 65. Die Worte, "welcher die Bewilligung der dazu erforder- lichen Mittel, soweit das Ordinarium sie nicht gewährt, nach Abschnitt XII beantragt", hatten einen guten Sinn, solange ein festes Pauschquantum für die Militairbedürfnisse dem Bundesfeldherrn zur Verfügung stand (Art. 71 Abs. 2). Seitdem dies aufgehört hat, sind sie mindestens überflüssig. 4) Eine Anwendung dieses Rechtes liegt dem Ges. vom 30. Mai 1873
(R.G.Bl. S. 123) zu Grunde. §. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen. Weder die bereits vorhandenen noch die neu anzulegenden Feſtungenund Kriegshäfen ſind reichsunmittelbare Gebiete 1). Das Reich iſt aber berechtigt, innerhalb des Bundesgebietes Den Einzelſtaaten ſteht demnach weder ein Widerſpruch gegen Ausgenommen von dieſem Grundſatz ſind Bayern und Würt- 1) Eine Bethätigung der Preußiſchen Landeshoheit am Jadegebiet iſt z. B. der Erl. vom 27. Mai 1869, der im Bundesgeſetzbl. 1869 S. 375 be- kannt gemacht worden iſt. 2) d. h. ohne daß es der Zuſtimmung des Bundesrathes und Reichstages bedarf. 3) R.V. Art. 65. Die Worte, „welcher die Bewilligung der dazu erforder- lichen Mittel, ſoweit das Ordinarium ſie nicht gewährt, nach Abſchnitt XII beantragt“, hatten einen guten Sinn, ſolange ein feſtes Pauſchquantum für die Militairbedürfniſſe dem Bundesfeldherrn zur Verfügung ſtand (Art. 71 Abſ. 2). Seitdem dies aufgehört hat, ſind ſie mindeſtens überflüſſig. 4) Eine Anwendung dieſes Rechtes liegt dem Geſ. vom 30. Mai 1873
(R.G.Bl. S. 123) zu Grunde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0083" n="73"/><fw place="top" type="header">§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen.</fw><lb/> Weder die bereits vorhandenen noch die neu anzulegenden Feſtungen<lb/> und Kriegshäfen ſind reichsunmittelbare Gebiete <note place="foot" n="1)">Eine Bethätigung der <hi rendition="#g">Preußiſchen</hi> Landeshoheit am Jadegebiet iſt<lb/> z. B. der Erl. vom 27. Mai 1869, der im Bundesgeſetzbl. 1869 S. 375 be-<lb/> kannt gemacht worden iſt.</note>.</p><lb/> <p>Das Reich iſt aber berechtigt, innerhalb des Bundesgebietes<lb/> Feſtungen anzulegen, und zwar ſteht die Ausübung dieſes Rechtes<lb/> dem <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> zu <note place="foot" n="2)">d. h. ohne daß es der Zuſtimmung des Bundesrathes und Reichstages<lb/> bedarf.</note>, mit der aus den Grundſätzen des Finanzrechts<lb/> ſich ergebenden, ſelbſtverſtändlichen Beſchränkung, daß die dazu er-<lb/> forderlichen Geldmittel im Wege der Reichsgeſetzgebung bewilligt<lb/> werden müſſen <note place="foot" n="3)">R.V. Art. 65. Die Worte, „welcher die Bewilligung der dazu erforder-<lb/> lichen Mittel, ſoweit das Ordinarium ſie nicht gewährt, nach Abſchnitt <hi rendition="#aq">XII</hi><lb/> beantragt“, hatten einen guten Sinn, ſolange ein feſtes Pauſchquantum für die<lb/> Militairbedürfniſſe dem Bundesfeldherrn zur Verfügung ſtand (Art. 71 Abſ. 2).<lb/> Seitdem dies aufgehört hat, ſind ſie mindeſtens überflüſſig.</note>. Dieſes Recht bezieht ſich nicht blos auf neu<lb/> anzulegende Feſtungen, ſondern ebenſo auf Erweiterungen und<lb/> Veränderungen, welche an bereits vorhandenen Feſtungen erforder-<lb/> lich werden <note place="foot" n="4)">Eine Anwendung dieſes Rechtes liegt dem Geſ. vom 30. Mai 1873<lb/> (R.G.Bl. S. 123) zu Grunde.</note>.</p><lb/> <p>Den Einzelſtaaten ſteht demnach weder ein Widerſpruch gegen<lb/> die Anlage oder Erweiterung von Feſtungen in ihrem Gebiete zu,<lb/> noch ſind dieſelben befugt dieſelbe zu erſchweren oder zu verhindern<lb/> durch baupolizeiliche, waſſerpolizeiliche oder dergleichen Anordnungen.</p><lb/> <p>Ausgenommen von dieſem Grundſatz ſind Bayern und Würt-<lb/> temberg; zur Anlage neuer Befeſtigungen auf dem Gebiete dieſer<lb/> beiden Staaten iſt die Zuſtimmung der letzteren erforderlich. Auf<lb/><hi rendition="#g">Bayern</hi> findet nach dem Vertrage vom 23. Nov. 1870 Art. 65 der<lb/> R.V. überhaupt keine Anwendung; es hat lediglich die Zuſage er-<lb/> theilt, daß es die Anlage von neuen Befeſtigungen auf Bayeriſchem<lb/> Gebiete im Intereſſe der geſammtdeutſchen Vertheidigung „<hi rendition="#g">im Wege<lb/> jeweiliger ſpezieller Vereinbarung</hi>“ zugeſtehen werde.<lb/><hi rendition="#g">Württemberg</hi> gegenüber iſt in der Militair-Konvent. Art. 7<lb/> zwar das Recht des Kaiſers, neue Befeſtigungen innerhalb des<lb/> Königreichs anzulegen, prinzipiell feſtgehalten, aber hinſichtlich der<lb/> Ausübung deſſelben iſt verabredet worden, daß ſich der Kaiſer<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0083]
§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen.
Weder die bereits vorhandenen noch die neu anzulegenden Feſtungen
und Kriegshäfen ſind reichsunmittelbare Gebiete 1).
Das Reich iſt aber berechtigt, innerhalb des Bundesgebietes
Feſtungen anzulegen, und zwar ſteht die Ausübung dieſes Rechtes
dem Kaiſer zu 2), mit der aus den Grundſätzen des Finanzrechts
ſich ergebenden, ſelbſtverſtändlichen Beſchränkung, daß die dazu er-
forderlichen Geldmittel im Wege der Reichsgeſetzgebung bewilligt
werden müſſen 3). Dieſes Recht bezieht ſich nicht blos auf neu
anzulegende Feſtungen, ſondern ebenſo auf Erweiterungen und
Veränderungen, welche an bereits vorhandenen Feſtungen erforder-
lich werden 4).
Den Einzelſtaaten ſteht demnach weder ein Widerſpruch gegen
die Anlage oder Erweiterung von Feſtungen in ihrem Gebiete zu,
noch ſind dieſelben befugt dieſelbe zu erſchweren oder zu verhindern
durch baupolizeiliche, waſſerpolizeiliche oder dergleichen Anordnungen.
Ausgenommen von dieſem Grundſatz ſind Bayern und Würt-
temberg; zur Anlage neuer Befeſtigungen auf dem Gebiete dieſer
beiden Staaten iſt die Zuſtimmung der letzteren erforderlich. Auf
Bayern findet nach dem Vertrage vom 23. Nov. 1870 Art. 65 der
R.V. überhaupt keine Anwendung; es hat lediglich die Zuſage er-
theilt, daß es die Anlage von neuen Befeſtigungen auf Bayeriſchem
Gebiete im Intereſſe der geſammtdeutſchen Vertheidigung „im Wege
jeweiliger ſpezieller Vereinbarung“ zugeſtehen werde.
Württemberg gegenüber iſt in der Militair-Konvent. Art. 7
zwar das Recht des Kaiſers, neue Befeſtigungen innerhalb des
Königreichs anzulegen, prinzipiell feſtgehalten, aber hinſichtlich der
Ausübung deſſelben iſt verabredet worden, daß ſich der Kaiſer
1) Eine Bethätigung der Preußiſchen Landeshoheit am Jadegebiet iſt
z. B. der Erl. vom 27. Mai 1869, der im Bundesgeſetzbl. 1869 S. 375 be-
kannt gemacht worden iſt.
2) d. h. ohne daß es der Zuſtimmung des Bundesrathes und Reichstages
bedarf.
3) R.V. Art. 65. Die Worte, „welcher die Bewilligung der dazu erforder-
lichen Mittel, ſoweit das Ordinarium ſie nicht gewährt, nach Abſchnitt XII
beantragt“, hatten einen guten Sinn, ſolange ein feſtes Pauſchquantum für die
Militairbedürfniſſe dem Bundesfeldherrn zur Verfügung ſtand (Art. 71 Abſ. 2).
Seitdem dies aufgehört hat, ſind ſie mindeſtens überflüſſig.
4) Eine Anwendung dieſes Rechtes liegt dem Geſ. vom 30. Mai 1873
(R.G.Bl. S. 123) zu Grunde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |