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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten.
jenigen Staaten, welche mit Preußen zu einer gemeinsamen Kon-
tingentsverwaltung verbunden sind, findet eine solche Abrechnung
nicht statt; unter diesen Staaten besteht vielmehr eine Art von
Rekrutengestellungs-Sozietät.

b) Den prägnantesten Ausdruck findet der Grundsatz, daß die
gesetzliche Dienstpflicht eine Pflicht gegen den einzelnen Staat ist,
darin, daß jeder Wehrpflichtige den Fahneneid seinem
Landesherrn
leistet. Ihm gelobt er Gehorsam und Treue.
In diesen, dem Landesherrn zu leistenden Eid ist
nach Art. 64 Abs. 1 der R.V. die Verpflichtung aufzunehmen,
"den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu leisten." Der
Gehorsam gegen den Kaiser ist ein Bestandtheil der Treu- und
Dienstverpflichtung gegen den Landesherrn. Dienstpflicht und Ge-
horsamspflicht decken sich demnach vollkommen nur für die Ange-
hörigen Preußens, weil der Kaiser zugleich Landesherr ist, und
andererseits im Frieden für die Bayerischen Staatsangehörigen,
weil für die Bayerischen Truppen eine Gehorsamspflicht gegen den
Kaiser im Frieden nicht besteht 1).


erstatters über das Militairgesetz im Reichstage (Lasker). Stenogr. Berichte
I Sess. 1874 S. 841 und Seydel in Hirth's Annalen 1875 S. 1455.
1) Die Formel des Fahneneides ist bisher noch nicht einheitlich
normirt. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden: Für Preußische Staats-
angehörige
ist die im Art. 64 Abs. 1 der R.V. vorgeschriebene Klausel
gegenstandslos und deshalb in den Eid nicht aufzunehmen; sie leisten den
Fahneneid in der durch die Kabin.-Ordre vom 5. Juni 1831 vorgeschriebenen
Fassung. Falls sie aber ihrer Dienstpflicht in einem nichtpreußischen Kontin-
gent genügen, so haben sie außerdem zu Protokoll zu erklären, daß der von
ihnen geleistete Fahneneid die Verpflichtung einschließe, dem betreffenden Kon-
tingentsherrn als Bundesfürsten treue Dienste zu leisten u. s. w. (Rescript des
Preuß. Kriegsministers vom 19. Febr. 1869). Ein solches Protokoll ist auch
aufzunehmen, wenn Unterthanen anderer Bundesstaaten in ein anderes als das
heimische Kontingent eintreten. -- Im Uebrigen ist der Fahneneid für die-
jenigen Militairpflichtigen, welche ihrer Dienstpflicht nicht bei einem Truppen-
theile des Bundesstaates genügen, dem sie angehören, festgestellt worden durch
die Kabinets-Ordre vom 14. Dezemb. 1867 (Armee-V.Bl. 1867 S. 179).
Dieselbe findet auch auf Bayerische Unterthanen Anwendung, welche in
nichtbayerischen Kontingenten zur Einstellung gelangen (Rescr. des Preuß.
Kriegsmin. vom 4. Mai 1872). Der Fahneneid der Sächsischen Staats-
angehörigen ist in der Sächs. Milit.-Konvention Art. 6 festgestellt; für Würt-
temberg
und Baden sind entsprechende Verabredungen getroffen worden
(Rescript des Preuß. Kriegsmin. vom 19. Juli 1872). Elsaß-Lothringer

§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.
jenigen Staaten, welche mit Preußen zu einer gemeinſamen Kon-
tingentsverwaltung verbunden ſind, findet eine ſolche Abrechnung
nicht ſtatt; unter dieſen Staaten beſteht vielmehr eine Art von
Rekrutengeſtellungs-Sozietät.

b) Den prägnanteſten Ausdruck findet der Grundſatz, daß die
geſetzliche Dienſtpflicht eine Pflicht gegen den einzelnen Staat iſt,
darin, daß jeder Wehrpflichtige den Fahneneid ſeinem
Landesherrn
leiſtet. Ihm gelobt er Gehorſam und Treue.
In dieſen, dem Landesherrn zu leiſtenden Eid iſt
nach Art. 64 Abſ. 1 der R.V. die Verpflichtung aufzunehmen,
„den Befehlen des Kaiſers unbedingte Folge zu leiſten.“ Der
Gehorſam gegen den Kaiſer iſt ein Beſtandtheil der Treu- und
Dienſtverpflichtung gegen den Landesherrn. Dienſtpflicht und Ge-
horſamspflicht decken ſich demnach vollkommen nur für die Ange-
hörigen Preußens, weil der Kaiſer zugleich Landesherr iſt, und
andererſeits im Frieden für die Bayeriſchen Staatsangehörigen,
weil für die Bayeriſchen Truppen eine Gehorſamspflicht gegen den
Kaiſer im Frieden nicht beſteht 1).


erſtatters über das Militairgeſetz im Reichstage (Lasker). Stenogr. Berichte
I Seſſ. 1874 S. 841 und Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 1455.
1) Die Formel des Fahneneides iſt bisher noch nicht einheitlich
normirt. Es ſind folgende Fälle zu unterſcheiden: Für Preußiſche Staats-
angehörige
iſt die im Art. 64 Abſ. 1 der R.V. vorgeſchriebene Klauſel
gegenſtandslos und deshalb in den Eid nicht aufzunehmen; ſie leiſten den
Fahneneid in der durch die Kabin.-Ordre vom 5. Juni 1831 vorgeſchriebenen
Faſſung. Falls ſie aber ihrer Dienſtpflicht in einem nichtpreußiſchen Kontin-
gent genügen, ſo haben ſie außerdem zu Protokoll zu erklären, daß der von
ihnen geleiſtete Fahneneid die Verpflichtung einſchließe, dem betreffenden Kon-
tingentsherrn als Bundesfürſten treue Dienſte zu leiſten u. ſ. w. (Reſcript des
Preuß. Kriegsminiſters vom 19. Febr. 1869). Ein ſolches Protokoll iſt auch
aufzunehmen, wenn Unterthanen anderer Bundesſtaaten in ein anderes als das
heimiſche Kontingent eintreten. — Im Uebrigen iſt der Fahneneid für die-
jenigen Militairpflichtigen, welche ihrer Dienſtpflicht nicht bei einem Truppen-
theile des Bundesſtaates genügen, dem ſie angehören, feſtgeſtellt worden durch
die Kabinets-Ordre vom 14. Dezemb. 1867 (Armee-V.Bl. 1867 S. 179).
Dieſelbe findet auch auf Bayeriſche Unterthanen Anwendung, welche in
nichtbayeriſchen Kontingenten zur Einſtellung gelangen (Reſcr. des Preuß.
Kriegsmin. vom 4. Mai 1872). Der Fahneneid der Sächſiſchen Staats-
angehörigen iſt in der Sächſ. Milit.-Konvention Art. 6 feſtgeſtellt; für Würt-
temberg
und Baden ſind entſprechende Verabredungen getroffen worden
(Reſcript des Preuß. Kriegsmin. vom 19. Juli 1872). Elſaß-Lothringer
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[63/0073] §. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. jenigen Staaten, welche mit Preußen zu einer gemeinſamen Kon- tingentsverwaltung verbunden ſind, findet eine ſolche Abrechnung nicht ſtatt; unter dieſen Staaten beſteht vielmehr eine Art von Rekrutengeſtellungs-Sozietät. b) Den prägnanteſten Ausdruck findet der Grundſatz, daß die geſetzliche Dienſtpflicht eine Pflicht gegen den einzelnen Staat iſt, darin, daß jeder Wehrpflichtige den Fahneneid ſeinem Landesherrn leiſtet. Ihm gelobt er Gehorſam und Treue. In dieſen, dem Landesherrn zu leiſtenden Eid iſt nach Art. 64 Abſ. 1 der R.V. die Verpflichtung aufzunehmen, „den Befehlen des Kaiſers unbedingte Folge zu leiſten.“ Der Gehorſam gegen den Kaiſer iſt ein Beſtandtheil der Treu- und Dienſtverpflichtung gegen den Landesherrn. Dienſtpflicht und Ge- horſamspflicht decken ſich demnach vollkommen nur für die Ange- hörigen Preußens, weil der Kaiſer zugleich Landesherr iſt, und andererſeits im Frieden für die Bayeriſchen Staatsangehörigen, weil für die Bayeriſchen Truppen eine Gehorſamspflicht gegen den Kaiſer im Frieden nicht beſteht 1). 4) 1) Die Formel des Fahneneides iſt bisher noch nicht einheitlich normirt. Es ſind folgende Fälle zu unterſcheiden: Für Preußiſche Staats- angehörige iſt die im Art. 64 Abſ. 1 der R.V. vorgeſchriebene Klauſel gegenſtandslos und deshalb in den Eid nicht aufzunehmen; ſie leiſten den Fahneneid in der durch die Kabin.-Ordre vom 5. Juni 1831 vorgeſchriebenen Faſſung. Falls ſie aber ihrer Dienſtpflicht in einem nichtpreußiſchen Kontin- gent genügen, ſo haben ſie außerdem zu Protokoll zu erklären, daß der von ihnen geleiſtete Fahneneid die Verpflichtung einſchließe, dem betreffenden Kon- tingentsherrn als Bundesfürſten treue Dienſte zu leiſten u. ſ. w. (Reſcript des Preuß. Kriegsminiſters vom 19. Febr. 1869). Ein ſolches Protokoll iſt auch aufzunehmen, wenn Unterthanen anderer Bundesſtaaten in ein anderes als das heimiſche Kontingent eintreten. — Im Uebrigen iſt der Fahneneid für die- jenigen Militairpflichtigen, welche ihrer Dienſtpflicht nicht bei einem Truppen- theile des Bundesſtaates genügen, dem ſie angehören, feſtgeſtellt worden durch die Kabinets-Ordre vom 14. Dezemb. 1867 (Armee-V.Bl. 1867 S. 179). Dieſelbe findet auch auf Bayeriſche Unterthanen Anwendung, welche in nichtbayeriſchen Kontingenten zur Einſtellung gelangen (Reſcr. des Preuß. Kriegsmin. vom 4. Mai 1872). Der Fahneneid der Sächſiſchen Staats- angehörigen iſt in der Sächſ. Milit.-Konvention Art. 6 feſtgeſtellt; für Würt- temberg und Baden ſind entſprechende Verabredungen getroffen worden (Reſcript des Preuß. Kriegsmin. vom 19. Juli 1872). Elſaß-Lothringer 4) erſtatters über das Militairgeſetz im Reichstage (Lasker). Stenogr. Berichte I Seſſ. 1874 S. 841 und Seydel in Hirth’s Annalen 1875 S. 1455.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/73>, abgerufen am 24.11.2024.