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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 80. Die Gemeinschaft d. Lasten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht.
Einzelstaaten würden genügen, um die übereinstimmende und gleich-
mäßige Kriegstüchtigkeit und Vollzähligkeit der einzelnen Kontin-
gente zu sichern, wenn die Einzelstaaten von der mangelhaften oder
unvollständigen Durchführung der Militairgesetze materielle Vor-
theile hätten. Die eigentliche Bürgschaft für die "Einheitlichkeit
des Heeres" und für die Gleichartigkeit seiner Bestandtheile, die
fundamentale Basis der Reichskriegsverfassung, durch welche alle
anderen Einrichtungen erst Festigkeit und Halt gewinnen, ist daher
in dem weitreichenden Prinzip des Art. 58 der R.V. zu erblicken:

"Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des
Reichs sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleich-
mäßig zu tragen, so daß weder Bevorzugungen noch Prägrava-
tionen einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig sind."

In diesem Satze sind allerdings zwei sehr verschiedene Dinge
durcheinander geworfen: die gleichmäßige Vertheilung der Lasten
auf die Bundesstaaten und die gleichmäßige Verpflichtung
der Angehörigen der Bundesstaaten zur Leistung von Militair-
diensten und Militairlasten. Das letztere Prinzip hat lediglich die
Bedeutung eines verfassungsmäßigen Programmes für die Militair-
Gesetzgebung des Reiches; das erstere dagegen ist in der Reichs-
verfassung selbst effektiv durchgeführt und für das Verhältniß des
Reiches zu den Einzelstaaten hinsichtlich des Militairwesens, ja hin-
sichtlich des gesammten Verfassungsbaues des Reiches von maß-
gebender Bedeutung. Nur dieses Prinzip steht hier zur Erörte-
rung. Ohne die Durchführung dieses Grundsatzes von der gleichen
Vertheilung der Lasten wären auch die Militairkonventionen mit
Preußen schwerlich abgeschlossen worden; dieselben waren nur des-
halb möglich, weil sie die materiellen Leistungen der Einzelstaaten
für Heer und Marine unverändert ließen. Der erwähnte Grund-
satz ist so wesentlich und überdies so sehr in der Billigkeit begrün-
det, daß er auch für Bayern volle und unbeschränkte Anwendung
erhalten hat und nur die Art und Weise seiner Ausführung ist für
Bayern anders wie für die übrigen Staaten geregelt worden. In
dem Bündnißvertrage v. 23. Nov. 1870 III §. 5 ist festgesetzt, daß
Art. 58 der R.V. für das Königreich Bayern gültig ist, jedoch den
Zusatz erhält: "der in diesem Artikel bezeichneten Verpflichtung
wird von Bayern in der Art entsprochen, daß es die Kosten und
Lasten seines Kriegswesens, den Unterhalt der auf seinem Gebiete

Laband, Reichsstaatsrecht. III. 4

§. 80. Die Gemeinſchaft d. Laſten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht.
Einzelſtaaten würden genügen, um die übereinſtimmende und gleich-
mäßige Kriegstüchtigkeit und Vollzähligkeit der einzelnen Kontin-
gente zu ſichern, wenn die Einzelſtaaten von der mangelhaften oder
unvollſtändigen Durchführung der Militairgeſetze materielle Vor-
theile hätten. Die eigentliche Bürgſchaft für die „Einheitlichkeit
des Heeres“ und für die Gleichartigkeit ſeiner Beſtandtheile, die
fundamentale Baſis der Reichskriegsverfaſſung, durch welche alle
anderen Einrichtungen erſt Feſtigkeit und Halt gewinnen, iſt daher
in dem weitreichenden Prinzip des Art. 58 der R.V. zu erblicken:

„Die Koſten und Laſten des geſammten Kriegsweſens des
Reichs ſind von allen Bundesſtaaten und ihren Angehörigen gleich-
mäßig zu tragen, ſo daß weder Bevorzugungen noch Prägrava-
tionen einzelner Staaten oder Klaſſen grundſätzlich zuläſſig ſind.“

In dieſem Satze ſind allerdings zwei ſehr verſchiedene Dinge
durcheinander geworfen: die gleichmäßige Vertheilung der Laſten
auf die Bundesſtaaten und die gleichmäßige Verpflichtung
der Angehörigen der Bundesſtaaten zur Leiſtung von Militair-
dienſten und Militairlaſten. Das letztere Prinzip hat lediglich die
Bedeutung eines verfaſſungsmäßigen Programmes für die Militair-
Geſetzgebung des Reiches; das erſtere dagegen iſt in der Reichs-
verfaſſung ſelbſt effektiv durchgeführt und für das Verhältniß des
Reiches zu den Einzelſtaaten hinſichtlich des Militairweſens, ja hin-
ſichtlich des geſammten Verfaſſungsbaues des Reiches von maß-
gebender Bedeutung. Nur dieſes Prinzip ſteht hier zur Erörte-
rung. Ohne die Durchführung dieſes Grundſatzes von der gleichen
Vertheilung der Laſten wären auch die Militairkonventionen mit
Preußen ſchwerlich abgeſchloſſen worden; dieſelben waren nur des-
halb möglich, weil ſie die materiellen Leiſtungen der Einzelſtaaten
für Heer und Marine unverändert ließen. Der erwähnte Grund-
ſatz iſt ſo weſentlich und überdies ſo ſehr in der Billigkeit begrün-
det, daß er auch für Bayern volle und unbeſchränkte Anwendung
erhalten hat und nur die Art und Weiſe ſeiner Ausführung iſt für
Bayern anders wie für die übrigen Staaten geregelt worden. In
dem Bündnißvertrage v. 23. Nov. 1870 III §. 5 iſt feſtgeſetzt, daß
Art. 58 der R.V. für das Königreich Bayern gültig iſt, jedoch den
Zuſatz erhält: „der in dieſem Artikel bezeichneten Verpflichtung
wird von Bayern in der Art entſprochen, daß es die Koſten und
Laſten ſeines Kriegsweſens, den Unterhalt der auf ſeinem Gebiete

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[49/0059] §. 80. Die Gemeinſchaft d. Laſten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht. Einzelſtaaten würden genügen, um die übereinſtimmende und gleich- mäßige Kriegstüchtigkeit und Vollzähligkeit der einzelnen Kontin- gente zu ſichern, wenn die Einzelſtaaten von der mangelhaften oder unvollſtändigen Durchführung der Militairgeſetze materielle Vor- theile hätten. Die eigentliche Bürgſchaft für die „Einheitlichkeit des Heeres“ und für die Gleichartigkeit ſeiner Beſtandtheile, die fundamentale Baſis der Reichskriegsverfaſſung, durch welche alle anderen Einrichtungen erſt Feſtigkeit und Halt gewinnen, iſt daher in dem weitreichenden Prinzip des Art. 58 der R.V. zu erblicken: „Die Koſten und Laſten des geſammten Kriegsweſens des Reichs ſind von allen Bundesſtaaten und ihren Angehörigen gleich- mäßig zu tragen, ſo daß weder Bevorzugungen noch Prägrava- tionen einzelner Staaten oder Klaſſen grundſätzlich zuläſſig ſind.“ In dieſem Satze ſind allerdings zwei ſehr verſchiedene Dinge durcheinander geworfen: die gleichmäßige Vertheilung der Laſten auf die Bundesſtaaten und die gleichmäßige Verpflichtung der Angehörigen der Bundesſtaaten zur Leiſtung von Militair- dienſten und Militairlaſten. Das letztere Prinzip hat lediglich die Bedeutung eines verfaſſungsmäßigen Programmes für die Militair- Geſetzgebung des Reiches; das erſtere dagegen iſt in der Reichs- verfaſſung ſelbſt effektiv durchgeführt und für das Verhältniß des Reiches zu den Einzelſtaaten hinſichtlich des Militairweſens, ja hin- ſichtlich des geſammten Verfaſſungsbaues des Reiches von maß- gebender Bedeutung. Nur dieſes Prinzip ſteht hier zur Erörte- rung. Ohne die Durchführung dieſes Grundſatzes von der gleichen Vertheilung der Laſten wären auch die Militairkonventionen mit Preußen ſchwerlich abgeſchloſſen worden; dieſelben waren nur des- halb möglich, weil ſie die materiellen Leiſtungen der Einzelſtaaten für Heer und Marine unverändert ließen. Der erwähnte Grund- ſatz iſt ſo weſentlich und überdies ſo ſehr in der Billigkeit begrün- det, daß er auch für Bayern volle und unbeſchränkte Anwendung erhalten hat und nur die Art und Weiſe ſeiner Ausführung iſt für Bayern anders wie für die übrigen Staaten geregelt worden. In dem Bündnißvertrage v. 23. Nov. 1870 III §. 5 iſt feſtgeſetzt, daß Art. 58 der R.V. für das Königreich Bayern gültig iſt, jedoch den Zuſatz erhält: „der in dieſem Artikel bezeichneten Verpflichtung wird von Bayern in der Art entſprochen, daß es die Koſten und Laſten ſeines Kriegsweſens, den Unterhalt der auf ſeinem Gebiete Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 4

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/59>, abgerufen am 24.11.2024.