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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 94. Die Kriegsleistungen.
Satz, daß für dieselben Vergütung zu gewähren ist 1). Nur
einige Leistungen sind hiervon ausgenommen, welche mehr mit Un-
bequemlichkeiten als mit positiven Vermögenseinbußen für den Ver-
pflichteten verbunden sind, nämlich die Gewährung von Quartier
und Stallung an durchmarschirende oder kantonnirende Truppen und
die Ueberlassung von Gemeinde-Gebäuden, Plätzen u. s. w. zu
Kriegszwecken 2). In diesen Fällen werden nur die Auslagen und
positiven Beschädigungen ersetzt; vorbehaltlich einer Schadloshal-
tung derjenigen Gemeinden oder Personen, welche in außergewöhn-
lichem Maaße belastet worden sind, nach Maßgabe eines Spezial-
gesetzes 3). Eigenthümlich für die Kriegsleistungen ist jedoch die
Art, in welcher die Vergütung gewährt wird. Nur ausnahms-
weise besteht dieselbe in Baarzahlung 4); in der Regel werden über
die Vergütungs-Ansprüche auf Grund der festgestellten Liquidation
Anerkenntnisse d. h. Schuldurkunden des Reichsfiskus aus-
gestellt und demjenigen übergeben, welcher die Vergütung zu ver-
langen hat 5). Der Bundesrath hat die Behörden zu bestimmen,
bei welchen die Vergütungsansprüche anzumelden und von welchen
die Anerkenntnisse auszustellen sind, und das dabei zu beobachtende
Verfahren vorzuschreiben 6). Die Anerkenntnisse lauten auf be-

1) Kriegsl.Ges. §. 2 Abs. 2.
2) Kriegsl.Ges. §. 9. 14.
3) Kriegsl.Ges. §. 35.
4) In dem Fall des §. 3 Ziff. 6, sowie für die Enteignung von Schiffen
und Pferden §. 20 Abs. 1. §. 24. 26 Abs. 3.
5) Kriegsl.Ges. §. 20 Abs. 2. Dieselben sind wohl zu unterscheiden von
den Bescheinigungen, welche über die gemachten Leistungen ertheilt werden.
6) ebenda §. 20 Abs. 3. Diese Vorschriften sind enthalten in der Verordn.
v. 1. April 1876 §. 11. Die Beilage C enthält das Verzeichniß der in den
einzelnen Bundesstaaten zuständigen Behörden. Die daselbst in Col. III auf-
geführten Behörden haben die mit Beweisstücken versehenen Ansprüche aus
ihren Verwaltungsbezirken entgegenzunehmen und die Liquidationen aufzustellen.
Die letzteren sind den in Col. IV aufgeführten höheren Behörden zur Prüfung
und Feststellung vorzulegen. Diese Behörden haben die Prüfung darauf zu
richten, ob die Liquidationen nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes und
der Ausführungsverordnungen aufgestellt sind, und ihre Feststellungen den
etwaigen Erinnerungen des Rechnungshofes gegenüber zu vertreten. Von dem
Ergebniß der Prüfung und Feststellung ist dem Entschädigungsberechtigten
Kenntniß zu geben; demselben steht innerhalb einer Präclusivfrist von 14 Tagen
der Rekurs an die in Col. V aufgeführte Behörde zu und gegen die Ent-

§. 94. Die Kriegsleiſtungen.
Satz, daß für dieſelben Vergütung zu gewähren iſt 1). Nur
einige Leiſtungen ſind hiervon ausgenommen, welche mehr mit Un-
bequemlichkeiten als mit poſitiven Vermögenseinbußen für den Ver-
pflichteten verbunden ſind, nämlich die Gewährung von Quartier
und Stallung an durchmarſchirende oder kantonnirende Truppen und
die Ueberlaſſung von Gemeinde-Gebäuden, Plätzen u. ſ. w. zu
Kriegszwecken 2). In dieſen Fällen werden nur die Auslagen und
poſitiven Beſchädigungen erſetzt; vorbehaltlich einer Schadloshal-
tung derjenigen Gemeinden oder Perſonen, welche in außergewöhn-
lichem Maaße belaſtet worden ſind, nach Maßgabe eines Spezial-
geſetzes 3). Eigenthümlich für die Kriegsleiſtungen iſt jedoch die
Art, in welcher die Vergütung gewährt wird. Nur ausnahms-
weiſe beſteht dieſelbe in Baarzahlung 4); in der Regel werden über
die Vergütungs-Anſprüche auf Grund der feſtgeſtellten Liquidation
Anerkenntniſſe d. h. Schuldurkunden des Reichsfiskus aus-
geſtellt und demjenigen übergeben, welcher die Vergütung zu ver-
langen hat 5). Der Bundesrath hat die Behörden zu beſtimmen,
bei welchen die Vergütungsanſprüche anzumelden und von welchen
die Anerkenntniſſe auszuſtellen ſind, und das dabei zu beobachtende
Verfahren vorzuſchreiben 6). Die Anerkenntniſſe lauten auf be-

1) Kriegsl.Geſ. §. 2 Abſ. 2.
2) Kriegsl.Geſ. §. 9. 14.
3) Kriegsl.Geſ. §. 35.
4) In dem Fall des §. 3 Ziff. 6, ſowie für die Enteignung von Schiffen
und Pferden §. 20 Abſ. 1. §. 24. 26 Abſ. 3.
5) Kriegsl.Geſ. §. 20 Abſ. 2. Dieſelben ſind wohl zu unterſcheiden von
den Beſcheinigungen, welche über die gemachten Leiſtungen ertheilt werden.
6) ebenda §. 20 Abſ. 3. Dieſe Vorſchriften ſind enthalten in der Verordn.
v. 1. April 1876 §. 11. Die Beilage C enthält das Verzeichniß der in den
einzelnen Bundesſtaaten zuſtändigen Behörden. Die daſelbſt in Col. III auf-
geführten Behörden haben die mit Beweisſtücken verſehenen Anſprüche aus
ihren Verwaltungsbezirken entgegenzunehmen und die Liquidationen aufzuſtellen.
Die letzteren ſind den in Col. IV aufgeführten höheren Behörden zur Prüfung
und Feſtſtellung vorzulegen. Dieſe Behörden haben die Prüfung darauf zu
richten, ob die Liquidationen nach Maßgabe der Vorſchriften des Geſetzes und
der Ausführungsverordnungen aufgeſtellt ſind, und ihre Feſtſtellungen den
etwaigen Erinnerungen des Rechnungshofes gegenüber zu vertreten. Von dem
Ergebniß der Prüfung und Feſtſtellung iſt dem Entſchädigungsberechtigten
Kenntniß zu geben; demſelben ſteht innerhalb einer Präcluſivfriſt von 14 Tagen
der Rekurs an die in Col. V aufgeführte Behörde zu und gegen die Ent-
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[345/0355] §. 94. Die Kriegsleiſtungen. Satz, daß für dieſelben Vergütung zu gewähren iſt 1). Nur einige Leiſtungen ſind hiervon ausgenommen, welche mehr mit Un- bequemlichkeiten als mit poſitiven Vermögenseinbußen für den Ver- pflichteten verbunden ſind, nämlich die Gewährung von Quartier und Stallung an durchmarſchirende oder kantonnirende Truppen und die Ueberlaſſung von Gemeinde-Gebäuden, Plätzen u. ſ. w. zu Kriegszwecken 2). In dieſen Fällen werden nur die Auslagen und poſitiven Beſchädigungen erſetzt; vorbehaltlich einer Schadloshal- tung derjenigen Gemeinden oder Perſonen, welche in außergewöhn- lichem Maaße belaſtet worden ſind, nach Maßgabe eines Spezial- geſetzes 3). Eigenthümlich für die Kriegsleiſtungen iſt jedoch die Art, in welcher die Vergütung gewährt wird. Nur ausnahms- weiſe beſteht dieſelbe in Baarzahlung 4); in der Regel werden über die Vergütungs-Anſprüche auf Grund der feſtgeſtellten Liquidation Anerkenntniſſe d. h. Schuldurkunden des Reichsfiskus aus- geſtellt und demjenigen übergeben, welcher die Vergütung zu ver- langen hat 5). Der Bundesrath hat die Behörden zu beſtimmen, bei welchen die Vergütungsanſprüche anzumelden und von welchen die Anerkenntniſſe auszuſtellen ſind, und das dabei zu beobachtende Verfahren vorzuſchreiben 6). Die Anerkenntniſſe lauten auf be- 1) Kriegsl.Geſ. §. 2 Abſ. 2. 2) Kriegsl.Geſ. §. 9. 14. 3) Kriegsl.Geſ. §. 35. 4) In dem Fall des §. 3 Ziff. 6, ſowie für die Enteignung von Schiffen und Pferden §. 20 Abſ. 1. §. 24. 26 Abſ. 3. 5) Kriegsl.Geſ. §. 20 Abſ. 2. Dieſelben ſind wohl zu unterſcheiden von den Beſcheinigungen, welche über die gemachten Leiſtungen ertheilt werden. 6) ebenda §. 20 Abſ. 3. Dieſe Vorſchriften ſind enthalten in der Verordn. v. 1. April 1876 §. 11. Die Beilage C enthält das Verzeichniß der in den einzelnen Bundesſtaaten zuſtändigen Behörden. Die daſelbſt in Col. III auf- geführten Behörden haben die mit Beweisſtücken verſehenen Anſprüche aus ihren Verwaltungsbezirken entgegenzunehmen und die Liquidationen aufzuſtellen. Die letzteren ſind den in Col. IV aufgeführten höheren Behörden zur Prüfung und Feſtſtellung vorzulegen. Dieſe Behörden haben die Prüfung darauf zu richten, ob die Liquidationen nach Maßgabe der Vorſchriften des Geſetzes und der Ausführungsverordnungen aufgeſtellt ſind, und ihre Feſtſtellungen den etwaigen Erinnerungen des Rechnungshofes gegenüber zu vertreten. Von dem Ergebniß der Prüfung und Feſtſtellung iſt dem Entſchädigungsberechtigten Kenntniß zu geben; demſelben ſteht innerhalb einer Präcluſivfriſt von 14 Tagen der Rekurs an die in Col. V aufgeführte Behörde zu und gegen die Ent-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/355>, abgerufen am 22.11.2024.