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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 92. Begriff der Militairlasten und allgemeine Rechtssätze.
lichen Leistung würde eine schwere Unbilligkeit enthalten, eine will-
kührliche, vom Zufall abhängige Rechtsungleichheit herbeiführen.
In der Natur der Militairlasten ist es daher begründet, daß der-
jenige, der durch die Erfüllung derselben getroffen wird, Anspruch
auf Schadloshaltung hat. Der Staat bedarf zur Befriedigung ge-
wisser Militairbedürfnisse zwar gewisser Vermögensobjecte oder
Arbeitsleistungen, aber nicht um sich ihren pekuniären Werth anzu-
eigenen, sondern wegen ihrer thatsächlichen Unentbehrlichkeit; gerade
deshalb ist er verbunden, den pekuniären Werth zu restituiren.
Hieraus ergiebt sich der Rechtssatz, daß mit der Erfüllung aller
Militairlasten der Regel nach ein Entschädigungs-Anspruch gegen
den Fiskus verknüpft ist 1).

Eine dritte Folge des Satzes, daß die Militairlasten Ver-
mögensleistungen zum Inhalt haben, besteht darin, daß ihre Er-
füllung stets nur dann zu fordern ist, wenn die Militairbedürfnisse
nicht auf anderem Wege befriedigt werden können. Denn das für
Durchführung der Staatsaufgaben erforderliche Vermögen ist
der Regel nach durch die Mittel des Finanzrechts herbeizuschaffen.
Die Staatswirthschaft ist nicht Naturalwirthschaft sondern Geldwirth-
schaft. In erster Reihe sind daher auch die Bedürfnisse der Armee
und der Flotte mit den im System der Geldwirthschaft liegenden
Hülfsmitteln, also durch privatrechtliche Geschäfte des Fiskus zu
erfüllen.

Die Militairlasten treten immer nur subsidiär ein, wenn
durch die Umstände zu einer gewissen Zeit oder an einem gewissen
Orte Bedürfnisse entstehen, denen wegen ihrer Natur oder wegen
ihres Umfanges durch die gewöhnlichen Mittel der Militair-Ver-
waltung nicht genügt werden kann; insbesondere nicht durch Ver-
wendung der bereits vorhandenen Vorräthe oder durch Abschluß
von Lieferungsverträgen oder anderen Contrakten. Jedoch ist das
Vorhandensein dieser Voraussetzung nicht im Rechtswege festzustel-
len, d. h. der Verpflichtete kann sich der Erfüllung der Militair-
last nicht durch die Behauptung entziehen, daß die Bedürfnisse der
bewaffneten Macht auch ohne Beanspruchung der Leistungspflicht

1) Einzelne Ausnahmefälle, in denen für gewisse Leistungen z. B. für
vorübergehende Gewährung von Naturalquartier an mobile Truppen, kein Er-
satz gewährt wird, sind ausdrücklich als Abweichungen von der Regel aner-
kannt und bestätigen daher die letztere.

§. 92. Begriff der Militairlaſten und allgemeine Rechtsſätze.
lichen Leiſtung würde eine ſchwere Unbilligkeit enthalten, eine will-
kührliche, vom Zufall abhängige Rechtsungleichheit herbeiführen.
In der Natur der Militairlaſten iſt es daher begründet, daß der-
jenige, der durch die Erfüllung derſelben getroffen wird, Anſpruch
auf Schadloshaltung hat. Der Staat bedarf zur Befriedigung ge-
wiſſer Militairbedürfniſſe zwar gewiſſer Vermögensobjecte oder
Arbeitsleiſtungen, aber nicht um ſich ihren pekuniären Werth anzu-
eigenen, ſondern wegen ihrer thatſächlichen Unentbehrlichkeit; gerade
deshalb iſt er verbunden, den pekuniären Werth zu reſtituiren.
Hieraus ergiebt ſich der Rechtsſatz, daß mit der Erfüllung aller
Militairlaſten der Regel nach ein Entſchädigungs-Anſpruch gegen
den Fiskus verknüpft iſt 1).

Eine dritte Folge des Satzes, daß die Militairlaſten Ver-
mögensleiſtungen zum Inhalt haben, beſteht darin, daß ihre Er-
füllung ſtets nur dann zu fordern iſt, wenn die Militairbedürfniſſe
nicht auf anderem Wege befriedigt werden können. Denn das für
Durchführung der Staatsaufgaben erforderliche Vermögen iſt
der Regel nach durch die Mittel des Finanzrechts herbeizuſchaffen.
Die Staatswirthſchaft iſt nicht Naturalwirthſchaft ſondern Geldwirth-
ſchaft. In erſter Reihe ſind daher auch die Bedürfniſſe der Armee
und der Flotte mit den im Syſtem der Geldwirthſchaft liegenden
Hülfsmitteln, alſo durch privatrechtliche Geſchäfte des Fiskus zu
erfüllen.

Die Militairlaſten treten immer nur ſubſidiär ein, wenn
durch die Umſtände zu einer gewiſſen Zeit oder an einem gewiſſen
Orte Bedürfniſſe entſtehen, denen wegen ihrer Natur oder wegen
ihres Umfanges durch die gewöhnlichen Mittel der Militair-Ver-
waltung nicht genügt werden kann; insbeſondere nicht durch Ver-
wendung der bereits vorhandenen Vorräthe oder durch Abſchluß
von Lieferungsverträgen oder anderen Contrakten. Jedoch iſt das
Vorhandenſein dieſer Vorausſetzung nicht im Rechtswege feſtzuſtel-
len, d. h. der Verpflichtete kann ſich der Erfüllung der Militair-
laſt nicht durch die Behauptung entziehen, daß die Bedürfniſſe der
bewaffneten Macht auch ohne Beanſpruchung der Leiſtungspflicht

1) Einzelne Ausnahmefälle, in denen für gewiſſe Leiſtungen z. B. für
vorübergehende Gewährung von Naturalquartier an mobile Truppen, kein Er-
ſatz gewährt wird, ſind ausdrücklich als Abweichungen von der Regel aner-
kannt und beſtätigen daher die letztere.
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[313/0323] §. 92. Begriff der Militairlaſten und allgemeine Rechtsſätze. lichen Leiſtung würde eine ſchwere Unbilligkeit enthalten, eine will- kührliche, vom Zufall abhängige Rechtsungleichheit herbeiführen. In der Natur der Militairlaſten iſt es daher begründet, daß der- jenige, der durch die Erfüllung derſelben getroffen wird, Anſpruch auf Schadloshaltung hat. Der Staat bedarf zur Befriedigung ge- wiſſer Militairbedürfniſſe zwar gewiſſer Vermögensobjecte oder Arbeitsleiſtungen, aber nicht um ſich ihren pekuniären Werth anzu- eigenen, ſondern wegen ihrer thatſächlichen Unentbehrlichkeit; gerade deshalb iſt er verbunden, den pekuniären Werth zu reſtituiren. Hieraus ergiebt ſich der Rechtsſatz, daß mit der Erfüllung aller Militairlaſten der Regel nach ein Entſchädigungs-Anſpruch gegen den Fiskus verknüpft iſt 1). Eine dritte Folge des Satzes, daß die Militairlaſten Ver- mögensleiſtungen zum Inhalt haben, beſteht darin, daß ihre Er- füllung ſtets nur dann zu fordern iſt, wenn die Militairbedürfniſſe nicht auf anderem Wege befriedigt werden können. Denn das für Durchführung der Staatsaufgaben erforderliche Vermögen iſt der Regel nach durch die Mittel des Finanzrechts herbeizuſchaffen. Die Staatswirthſchaft iſt nicht Naturalwirthſchaft ſondern Geldwirth- ſchaft. In erſter Reihe ſind daher auch die Bedürfniſſe der Armee und der Flotte mit den im Syſtem der Geldwirthſchaft liegenden Hülfsmitteln, alſo durch privatrechtliche Geſchäfte des Fiskus zu erfüllen. Die Militairlaſten treten immer nur ſubſidiär ein, wenn durch die Umſtände zu einer gewiſſen Zeit oder an einem gewiſſen Orte Bedürfniſſe entſtehen, denen wegen ihrer Natur oder wegen ihres Umfanges durch die gewöhnlichen Mittel der Militair-Ver- waltung nicht genügt werden kann; insbeſondere nicht durch Ver- wendung der bereits vorhandenen Vorräthe oder durch Abſchluß von Lieferungsverträgen oder anderen Contrakten. Jedoch iſt das Vorhandenſein dieſer Vorausſetzung nicht im Rechtswege feſtzuſtel- len, d. h. der Verpflichtete kann ſich der Erfüllung der Militair- laſt nicht durch die Behauptung entziehen, daß die Bedürfniſſe der bewaffneten Macht auch ohne Beanſpruchung der Leiſtungspflicht 1) Einzelne Ausnahmefälle, in denen für gewiſſe Leiſtungen z. B. für vorübergehende Gewährung von Naturalquartier an mobile Truppen, kein Er- ſatz gewährt wird, ſind ausdrücklich als Abweichungen von der Regel aner- kannt und beſtätigen daher die letztere.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/323>, abgerufen am 25.11.2024.