Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 90. Einfluß d. Militairdienst-Verhältnisses auf and. Rechtsverhältnisse. Nach der Bayerischen Milit.Strafger.Ordn. Art. 8 und 9 Der Militairgerichtsstand hört auf durch Ausscheiden aus ausgeführt, daß der gesetzgeb. Wille im §. 9 cit. dahin geht, den Militairge- richten die Bestrafung in solchen Fällen zu überweisen, in denen die zu ver- hängende Freiheitsstrafe in einem militairischen Arrestlokale abgebüßt wer- den kann; da nun nach dem Mil.St.G.B. Freiheitsstrafen von längerer als sechswöchentlicher Dauer in Militair-Arrestlokalen nicht vollstreckt werden können, so werden die Untersuchungen an das Civilgericht in allen Fällen zu über- weisen sein, in denen eine Freiheitsstrafe von mehr als 6 Wochen zu erwarten ist, (nicht von mehr als 3 Monaten). -- Bestätigt wird dies durch die bei Publikation der Strafger.O. im Bundesgesetzbl. von 1867 dem §. 9 cit. bei- gefügte "Anmerkung" S. 232. 1) Die Verabschiedung der Offiziere mit Pension gilt nicht als gänzliches Ausscheiden; siehe oben S. 235. 2) Preuß. Mil.Strafger.Ordn. §. 16. 3) Mil.Strafgesetzb. §. 15 Abs. 8. Hierzu hat der Bundesrath am
19. Febr. 1875 beschlossen, daß die Vollstreckung der von Militairgerichten er- kannten Strafen übergeht auf die Behörden des Heimathsstaates des Ver- urtheilten, wenn entweder die strafbare Handlung außerhalb des Bundesgebietes verübt worden, oder der Verurtheilte im Gebiet des Heimathsstaates sich auf- hält, in andern Fällen auf die bürgerlichen Behörden desjenigen Bundesstaates, in dessen Gebiet die strafbare Handlung verübt worden ist. Armee-V.Bl. §. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe. Nach der Bayeriſchen Milit.Strafger.Ordn. Art. 8 und 9 Der Militairgerichtsſtand hört auf durch Ausſcheiden aus ausgeführt, daß der geſetzgeb. Wille im §. 9 cit. dahin geht, den Militairge- richten die Beſtrafung in ſolchen Fällen zu überweiſen, in denen die zu ver- hängende Freiheitsſtrafe in einem militairiſchen Arreſtlokale abgebüßt wer- den kann; da nun nach dem Mil.St.G.B. Freiheitsſtrafen von längerer als ſechswöchentlicher Dauer in Militair-Arreſtlokalen nicht vollſtreckt werden können, ſo werden die Unterſuchungen an das Civilgericht in allen Fällen zu über- weiſen ſein, in denen eine Freiheitsſtrafe von mehr als 6 Wochen zu erwarten iſt, (nicht von mehr als 3 Monaten). — Beſtätigt wird dies durch die bei Publikation der Strafger.O. im Bundesgeſetzbl. von 1867 dem §. 9 cit. bei- gefügte „Anmerkung“ S. 232. 1) Die Verabſchiedung der Offiziere mit Penſion gilt nicht als gänzliches Ausſcheiden; ſiehe oben S. 235. 2) Preuß. Mil.Strafger.Ordn. §. 16. 3) Mil.Strafgeſetzb. §. 15 Abſ. 8. Hierzu hat der Bundesrath am
19. Febr. 1875 beſchloſſen, daß die Vollſtreckung der von Militairgerichten er- kannten Strafen übergeht auf die Behörden des Heimathsſtaates des Ver- urtheilten, wenn entweder die ſtrafbare Handlung außerhalb des Bundesgebietes verübt worden, oder der Verurtheilte im Gebiet des Heimathsſtaates ſich auf- hält, in andern Fällen auf die bürgerlichen Behörden desjenigen Bundesſtaates, in deſſen Gebiet die ſtrafbare Handlung verübt worden iſt. Armee-V.Bl. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0265" n="255"/> <fw place="top" type="header">§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.</fw><lb/> <p>Nach der <hi rendition="#g">Bayeriſchen</hi> Milit.Strafger.Ordn. Art. 8 und 9<lb/> kommt es lediglich darauf an, ob gegen die Militairperſon vor<lb/> ihrem Eintritt in den aktiven Dienſt von dem bürgerlichen Richter<lb/> oder Staatsanwalt bereits die Strafverfolgung begonnen worden<lb/> iſt oder nicht; in dem erſteren Falle ſind die bürgerlichen, in dem<lb/> andern die militairiſchen Gerichte zuſtändig. Nach der <hi rendition="#g">Württem-<lb/> giſchen</hi> Mil.St.G.O. § 128 fällt die Unterſuchung und Entſchei-<lb/> dung der vor dem Eintritt in den Militairdienſt begangenen und<lb/> erſt nach dem Eintritt zur Sprache kommenden Verbrechen und<lb/> Vergehen ohne Einſchränkung den <hi rendition="#g">bürgerlichen</hi> Gerichten zu.</p><lb/> <p>Der Militairgerichtsſtand hört auf durch Ausſcheiden aus<lb/> dem Militairverhältniß <note place="foot" n="1)">Die Verabſchiedung der Offiziere mit Penſion gilt nicht als gänzliches<lb/> Ausſcheiden; ſiehe oben S. 235.</note>, gleichviel ob die Löſung des letzteren<lb/> freiwillig oder durch Urtheil erfolgt <note place="foot" n="2)">Preuß. Mil.Strafger.Ordn. §. 16.</note>. Mit der Beendigung des<lb/> Militair-Gerichtsſtandes hört auch die Befugniß der Militairbe-<lb/> hörden zur Straf<hi rendition="#g">vollſtreckung</hi> auf; wenn daher das Militair-<lb/> gericht auf Zuchthausſtrafe oder neben einer Freiheitsſtrafe auf<lb/> Entfernung aus dem Heer oder der Marine oder auf Dienſtent-<lb/> laſſung erkannt hat oder wenn das militairiſche Dienſtverhältniß<lb/> aus einem andern Grunde aufgelöſt wird, ſo geht die Vollſtreck-<lb/> ung der Strafe auf die bürgerlichen Behörden über <note xml:id="seg2pn_29_1" next="#seg2pn_29_2" place="foot" n="3)">Mil.Strafgeſetzb. §. 15 Abſ. 8. Hierzu hat der <hi rendition="#g">Bundesrath</hi> am<lb/> 19. Febr. 1875 beſchloſſen, daß die Vollſtreckung der von Militairgerichten er-<lb/> kannten Strafen übergeht auf die Behörden des <hi rendition="#g">Heimaths</hi>ſtaates des Ver-<lb/> urtheilten, wenn entweder die ſtrafbare Handlung außerhalb des Bundesgebietes<lb/> verübt worden, oder der Verurtheilte im Gebiet des Heimathsſtaates ſich auf-<lb/> hält, in andern Fällen auf die bürgerlichen Behörden desjenigen Bundesſtaates,<lb/> in deſſen Gebiet die ſtrafbare Handlung <hi rendition="#g">verübt</hi> worden iſt. Armee-V.Bl.</note>. Zur Kom-<lb/><note xml:id="seg2pn_28_2" prev="#seg2pn_28_1" place="foot" n="5)">ausgeführt, daß der geſetzgeb. Wille im §. 9 cit. dahin geht, den Militairge-<lb/> richten die Beſtrafung in ſolchen Fällen zu überweiſen, in denen die zu ver-<lb/> hängende Freiheitsſtrafe in einem militairiſchen <hi rendition="#g">Arreſtl</hi>okale abgebüßt wer-<lb/> den kann; da nun nach dem Mil.St.G.B. Freiheitsſtrafen von längerer als<lb/> ſechswöchentlicher Dauer in Militair-Arreſtlokalen nicht vollſtreckt werden können,<lb/> ſo werden die Unterſuchungen an das Civilgericht in allen Fällen zu über-<lb/> weiſen ſein, in denen eine Freiheitsſtrafe von mehr als 6 Wochen zu erwarten<lb/> iſt, (nicht von mehr als 3 Monaten). — Beſtätigt wird dies durch die bei<lb/> Publikation der Strafger.O. im Bundesgeſetzbl. von 1867 dem §. 9 cit. bei-<lb/> gefügte „Anmerkung“ S. 232.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0265]
§. 90. Einfluß d. Militairdienſt-Verhältniſſes auf and. Rechtsverhältniſſe.
Nach der Bayeriſchen Milit.Strafger.Ordn. Art. 8 und 9
kommt es lediglich darauf an, ob gegen die Militairperſon vor
ihrem Eintritt in den aktiven Dienſt von dem bürgerlichen Richter
oder Staatsanwalt bereits die Strafverfolgung begonnen worden
iſt oder nicht; in dem erſteren Falle ſind die bürgerlichen, in dem
andern die militairiſchen Gerichte zuſtändig. Nach der Württem-
giſchen Mil.St.G.O. § 128 fällt die Unterſuchung und Entſchei-
dung der vor dem Eintritt in den Militairdienſt begangenen und
erſt nach dem Eintritt zur Sprache kommenden Verbrechen und
Vergehen ohne Einſchränkung den bürgerlichen Gerichten zu.
Der Militairgerichtsſtand hört auf durch Ausſcheiden aus
dem Militairverhältniß 1), gleichviel ob die Löſung des letzteren
freiwillig oder durch Urtheil erfolgt 2). Mit der Beendigung des
Militair-Gerichtsſtandes hört auch die Befugniß der Militairbe-
hörden zur Strafvollſtreckung auf; wenn daher das Militair-
gericht auf Zuchthausſtrafe oder neben einer Freiheitsſtrafe auf
Entfernung aus dem Heer oder der Marine oder auf Dienſtent-
laſſung erkannt hat oder wenn das militairiſche Dienſtverhältniß
aus einem andern Grunde aufgelöſt wird, ſo geht die Vollſtreck-
ung der Strafe auf die bürgerlichen Behörden über 3). Zur Kom-
5)
1) Die Verabſchiedung der Offiziere mit Penſion gilt nicht als gänzliches
Ausſcheiden; ſiehe oben S. 235.
2) Preuß. Mil.Strafger.Ordn. §. 16.
3) Mil.Strafgeſetzb. §. 15 Abſ. 8. Hierzu hat der Bundesrath am
19. Febr. 1875 beſchloſſen, daß die Vollſtreckung der von Militairgerichten er-
kannten Strafen übergeht auf die Behörden des Heimathsſtaates des Ver-
urtheilten, wenn entweder die ſtrafbare Handlung außerhalb des Bundesgebietes
verübt worden, oder der Verurtheilte im Gebiet des Heimathsſtaates ſich auf-
hält, in andern Fällen auf die bürgerlichen Behörden desjenigen Bundesſtaates,
in deſſen Gebiet die ſtrafbare Handlung verübt worden iſt. Armee-V.Bl.
5) ausgeführt, daß der geſetzgeb. Wille im §. 9 cit. dahin geht, den Militairge-
richten die Beſtrafung in ſolchen Fällen zu überweiſen, in denen die zu ver-
hängende Freiheitsſtrafe in einem militairiſchen Arreſtlokale abgebüßt wer-
den kann; da nun nach dem Mil.St.G.B. Freiheitsſtrafen von längerer als
ſechswöchentlicher Dauer in Militair-Arreſtlokalen nicht vollſtreckt werden können,
ſo werden die Unterſuchungen an das Civilgericht in allen Fällen zu über-
weiſen ſein, in denen eine Freiheitsſtrafe von mehr als 6 Wochen zu erwarten
iſt, (nicht von mehr als 3 Monaten). — Beſtätigt wird dies durch die bei
Publikation der Strafger.O. im Bundesgeſetzbl. von 1867 dem §. 9 cit. bei-
gefügte „Anmerkung“ S. 232.
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