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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 76. Die Verwaltung des Gewerbewesens.
alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche
zur thunlichsten Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben
und Gesundheit nothwendig sind 1). Bei der Beschäftigung der
Lehrlinge ist die gebührende Rücksicht auf Gesundheit und Sittlich-
keit zu nehmen und denjenigen Lehrlingen, welche des Schul- und
Religionsunterrichtes noch bedürfen, muß Zeit dazu gelassen wer-
den 2). Namentlich aber ist die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter
in Fabriken im Interesse der Gesundheit, Schulbildung, und Sitt-
lichkeit erheblichen Beschränkungen und einer obrigkeitlichen Controle
unterworfen 3).

h) Endlich kann durch Ortsstatut die Bildung von Hülfskassen
angeordnet, für Gesellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter die Be-
theiligung an denselben zur Pflicht gemacht und den Arbeitsgebern
auf diese Beiträge die Leistung von Vorschüssen bis auf die Hälfte
des verdienten Lohnes, den Fabrikinhabern auch die Leistung von
Zuschüssen zu den Beiträgen ihrer Arbeiter bis auf Höhe der
Hälfte dieser Beiträge auferlegt werden 4).

4. In den genannten Beziehungen besteht noch gegenwärtig
eine gewerbepolizeiliche Verwaltungsthätigkeit. Dieselbe ist aber
durchweg den Behörden der Einzelstaaten oder den Gemeinde-
behörden übertragen, mit alleiniger Ausnahme der für die Prü-
fung der Seeschiffer und Steuerleute und für die Untersagung und
Wiederverleihung der Befugniß zur Ausübung ihres Gewerbes be-
stehenden Vorschriften, an deren Handhabung das Reich einen un-
mittelbaren Antheil hat. Hiervon abgesehen giebt es keine un-
mittelbare Reichsverwaltung in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten.
Das Reich ist beschränkt auf die Führung der Oberaufsicht über
die Thätigkeit der Behörden der Einzelstaaten und Gemeinden,
welche nach Art. 17 der Kaiser mittelst des Reichskanzler-Amtes
führt. Der Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften zur Aus-

1) Gew.-Ord. §. 107.
2) ebendas. §. 106. Auch kann durch Ortsstatut für Gesellen, Gehülfen
und Lehrlinge, sofern sie das 18. Lebensjahr nicht überschritten haben, der
obligatorische Besuch einer Fortbildungsschule des Ortes angeordnet werden,
woraus für die Arbeitgeber die Verpflichtung entsteht, die für diesen Besuch
erforderliche Zeit zu gewähren.
3) Gew.-Ordn. §. 128--133.
4) Ges. v. 8. April 1876. R.-G.-Bl. S. 134.
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§. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens.
alle diejenigen Einrichtungen herzuſtellen und zu unterhalten, welche
zur thunlichſten Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben
und Geſundheit nothwendig ſind 1). Bei der Beſchäftigung der
Lehrlinge iſt die gebührende Rückſicht auf Geſundheit und Sittlich-
keit zu nehmen und denjenigen Lehrlingen, welche des Schul- und
Religionsunterrichtes noch bedürfen, muß Zeit dazu gelaſſen wer-
den 2). Namentlich aber iſt die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter
in Fabriken im Intereſſe der Geſundheit, Schulbildung, und Sitt-
lichkeit erheblichen Beſchränkungen und einer obrigkeitlichen Controle
unterworfen 3).

h) Endlich kann durch Ortsſtatut die Bildung von Hülfskaſſen
angeordnet, für Geſellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter die Be-
theiligung an denſelben zur Pflicht gemacht und den Arbeitsgebern
auf dieſe Beiträge die Leiſtung von Vorſchüſſen bis auf die Hälfte
des verdienten Lohnes, den Fabrikinhabern auch die Leiſtung von
Zuſchüſſen zu den Beiträgen ihrer Arbeiter bis auf Höhe der
Hälfte dieſer Beiträge auferlegt werden 4).

4. In den genannten Beziehungen beſteht noch gegenwärtig
eine gewerbepolizeiliche Verwaltungsthätigkeit. Dieſelbe iſt aber
durchweg den Behörden der Einzelſtaaten oder den Gemeinde-
behörden übertragen, mit alleiniger Ausnahme der für die Prü-
fung der Seeſchiffer und Steuerleute und für die Unterſagung und
Wiederverleihung der Befugniß zur Ausübung ihres Gewerbes be-
ſtehenden Vorſchriften, an deren Handhabung das Reich einen un-
mittelbaren Antheil hat. Hiervon abgeſehen giebt es keine un-
mittelbare Reichsverwaltung in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten.
Das Reich iſt beſchränkt auf die Führung der Oberaufſicht über
die Thätigkeit der Behörden der Einzelſtaaten und Gemeinden,
welche nach Art. 17 der Kaiſer mittelſt des Reichskanzler-Amtes
führt. Der Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorſchriften zur Aus-

1) Gew.-Ord. §. 107.
2) ebendaſ. §. 106. Auch kann durch Ortsſtatut für Geſellen, Gehülfen
und Lehrlinge, ſofern ſie das 18. Lebensjahr nicht überſchritten haben, der
obligatoriſche Beſuch einer Fortbildungsſchule des Ortes angeordnet werden,
woraus für die Arbeitgeber die Verpflichtung entſteht, die für dieſen Beſuch
erforderliche Zeit zu gewähren.
3) Gew.-Ordn. §. 128—133.
4) Geſ. v. 8. April 1876. R.-G.-Bl. S. 134.
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[467/0481] §. 76. Die Verwaltung des Gewerbeweſens. alle diejenigen Einrichtungen herzuſtellen und zu unterhalten, welche zur thunlichſten Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Geſundheit nothwendig ſind 1). Bei der Beſchäftigung der Lehrlinge iſt die gebührende Rückſicht auf Geſundheit und Sittlich- keit zu nehmen und denjenigen Lehrlingen, welche des Schul- und Religionsunterrichtes noch bedürfen, muß Zeit dazu gelaſſen wer- den 2). Namentlich aber iſt die Beſchäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken im Intereſſe der Geſundheit, Schulbildung, und Sitt- lichkeit erheblichen Beſchränkungen und einer obrigkeitlichen Controle unterworfen 3). h) Endlich kann durch Ortsſtatut die Bildung von Hülfskaſſen angeordnet, für Geſellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter die Be- theiligung an denſelben zur Pflicht gemacht und den Arbeitsgebern auf dieſe Beiträge die Leiſtung von Vorſchüſſen bis auf die Hälfte des verdienten Lohnes, den Fabrikinhabern auch die Leiſtung von Zuſchüſſen zu den Beiträgen ihrer Arbeiter bis auf Höhe der Hälfte dieſer Beiträge auferlegt werden 4). 4. In den genannten Beziehungen beſteht noch gegenwärtig eine gewerbepolizeiliche Verwaltungsthätigkeit. Dieſelbe iſt aber durchweg den Behörden der Einzelſtaaten oder den Gemeinde- behörden übertragen, mit alleiniger Ausnahme der für die Prü- fung der Seeſchiffer und Steuerleute und für die Unterſagung und Wiederverleihung der Befugniß zur Ausübung ihres Gewerbes be- ſtehenden Vorſchriften, an deren Handhabung das Reich einen un- mittelbaren Antheil hat. Hiervon abgeſehen giebt es keine un- mittelbare Reichsverwaltung in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten. Das Reich iſt beſchränkt auf die Führung der Oberaufſicht über die Thätigkeit der Behörden der Einzelſtaaten und Gemeinden, welche nach Art. 17 der Kaiſer mittelſt des Reichskanzler-Amtes führt. Der Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorſchriften zur Aus- 1) Gew.-Ord. §. 107. 2) ebendaſ. §. 106. Auch kann durch Ortsſtatut für Geſellen, Gehülfen und Lehrlinge, ſofern ſie das 18. Lebensjahr nicht überſchritten haben, der obligatoriſche Beſuch einer Fortbildungsſchule des Ortes angeordnet werden, woraus für die Arbeitgeber die Verpflichtung entſteht, die für dieſen Beſuch erforderliche Zeit zu gewähren. 3) Gew.-Ordn. §. 128—133. 4) Geſ. v. 8. April 1876. R.-G.-Bl. S. 134. 30*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/481>, abgerufen am 23.11.2024.