Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtswesens. kann. In allen Gesetzen, Erlassen und Verordnungen der Einzel-staaten, welche nach Einführung der Maß- und Gewichts-Ordn. ergangen sind, haben daher die zur Bezeichnung der Maß- und Gewichts-Größen verwendeten Ausdrücke kraft Rechtssatzes den- jenigen Sinn, welchen das Reichsges. ihnen beilegt. Ebenso kann für die Beurtheilung von Rechtsgeschäften nicht eine partikuläre Rechts- regel erlassen werden, welche neben den Definitionen des Reichs- gesetzes noch andere Definitionen von Maß- und Gewichtsbezeich- nungen aufstellt; die Rechtsgeschäfte sind vielmehr hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Maß- und Gewichts-Bezeichnungen auszulegen in erster Reihe nach dem Willen der Parteien, sei es daß derselbe ausdrücklich erklärt oder nach Handelsgebrauch oder den thatsächlichen Umständen deutlich erkennbar ist, in zweiter Reihe nach der vom Reich erlassenen Maß- und Gewichts-Ordnung. 2. Die Verwaltungsbehörden der Einzelstaaten haben 3. Die Eichungsämter der Einzelstaaten dürfen Maße 1) Eine Ausnahme hiervon -- welche als solche die Regel bestätigt -- ent- hält das R.-G. v. 26. Nov. 1871 §. 2 (R.-G.-Bl. S. 397), wonach in Bayern die dort bestehenden Feldmaße bis zum 1. Januar 1878 noch in Geltung bleiben können. 2) M.- u. G.-O. Art. 14.
§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens. kann. In allen Geſetzen, Erlaſſen und Verordnungen der Einzel-ſtaaten, welche nach Einführung der Maß- und Gewichts-Ordn. ergangen ſind, haben daher die zur Bezeichnung der Maß- und Gewichts-Größen verwendeten Ausdrücke kraft Rechtsſatzes den- jenigen Sinn, welchen das Reichsgeſ. ihnen beilegt. Ebenſo kann für die Beurtheilung von Rechtsgeſchäften nicht eine partikuläre Rechts- regel erlaſſen werden, welche neben den Definitionen des Reichs- geſetzes noch andere Definitionen von Maß- und Gewichtsbezeich- nungen aufſtellt; die Rechtsgeſchäfte ſind vielmehr hinſichtlich der in ihnen enthaltenen Maß- und Gewichts-Bezeichnungen auszulegen in erſter Reihe nach dem Willen der Parteien, ſei es daß derſelbe ausdrücklich erklärt oder nach Handelsgebrauch oder den thatſächlichen Umſtänden deutlich erkennbar iſt, in zweiter Reihe nach der vom Reich erlaſſenen Maß- und Gewichts-Ordnung. 2. Die Verwaltungsbehörden der Einzelſtaaten haben 3. Die Eichungsämter der Einzelſtaaten dürfen Maße 1) Eine Ausnahme hiervon — welche als ſolche die Regel beſtätigt — ent- hält das R.-G. v. 26. Nov. 1871 §. 2 (R.-G.-Bl. S. 397), wonach in Bayern die dort beſtehenden Feldmaße bis zum 1. Januar 1878 noch in Geltung bleiben können. 2) M.- u. G.-O. Art. 14.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0457" n="443"/><fw place="top" type="header">§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.</fw><lb/> kann. In allen Geſetzen, Erlaſſen und Verordnungen der Einzel-<lb/> ſtaaten, welche nach Einführung der Maß- und Gewichts-Ordn.<lb/> ergangen ſind, haben daher die zur Bezeichnung der Maß- und<lb/> Gewichts-Größen verwendeten Ausdrücke kraft Rechtsſatzes den-<lb/> jenigen Sinn, welchen das Reichsgeſ. ihnen beilegt. Ebenſo kann für<lb/> die Beurtheilung von Rechtsgeſchäften nicht eine partikuläre Rechts-<lb/> regel erlaſſen werden, welche <hi rendition="#g">neben</hi> den Definitionen des Reichs-<lb/> geſetzes noch andere Definitionen von Maß- und Gewichtsbezeich-<lb/> nungen aufſtellt; die Rechtsgeſchäfte ſind vielmehr hinſichtlich der<lb/> in ihnen enthaltenen Maß- und Gewichts-Bezeichnungen auszulegen<lb/> in <hi rendition="#g">erſter</hi> Reihe nach dem <hi rendition="#g">Willen</hi> der Parteien, ſei es daß<lb/> derſelbe ausdrücklich erklärt oder nach Handelsgebrauch oder den<lb/> thatſächlichen Umſtänden deutlich erkennbar iſt, in <hi rendition="#g">zweiter</hi> Reihe<lb/> nach der vom Reich erlaſſenen Maß- und Gewichts-Ordnung.</p><lb/> <p>2. Die <hi rendition="#g">Verwaltungsbehörden</hi> der Einzelſtaaten haben<lb/> in ihrer amtlichen Thätigkeit das vom Reiche anerkannte Maß-<lb/> und Gewichtsſyſtem zur Anwendung zu bringen; ſo müſſen z. B.<lb/> die Wege-Verwaltungen die Entfernungs-Angaben in Kilometern,<lb/> die Kataſter-Behörden die Grundſtücks-Größen in Aren aus-<lb/> drücken u. ſ. w. <note place="foot" n="1)">Eine Ausnahme hiervon — welche als ſolche die Regel beſtätigt — ent-<lb/> hält das R.-G. v. 26. Nov. 1871 §. 2 (R.-G.-Bl. S. 397), wonach in <hi rendition="#g">Bayern</hi><lb/> die dort beſtehenden Feldmaße bis zum 1. Januar 1878 noch in Geltung<lb/> bleiben können.</note>.</p><lb/> <p>3. Die <hi rendition="#g">Eichungsämter</hi> der Einzelſtaaten <hi rendition="#g">dürfen</hi> Maße<lb/> und Gewichte <hi rendition="#g">nicht ſtempeln</hi>, wenn dieſe nicht den in der<lb/> Maß- und Gewichts-Ordnung zugelaſſenen Größen entſprechen <note place="foot" n="2)">M.- u. G.-O. Art. 14.</note>.<lb/> Dieſer Satz, verbunden mit dem Verbot ungeſtempelter Maße und<lb/> Gewichte, enthält den Schwerpunkt der reichsgeſetzlichen Regelung<lb/> des Maß- und Gewichtsweſens. <hi rendition="#g">Die Einführung und<lb/> Sicherung der Maß- und Gewichts-Einheit beruht<lb/> juriſtiſch auf der Kombination zweier Verbote</hi>;<lb/> das eine Verbot iſt an die Einzelſtaaten gerichtet und unterſagt<lb/> denſelben die Eichung anderer als in der M.- und Gew.-Ordn.<lb/> zugelaſſener Maße und Gewichte; das andere Verbot iſt an die<lb/> Unterthanen gerichtet und unterſagt denſelben den Gebrauch anderer<lb/> als obrigkeitlich geeichter Maße und Gewichte. Das an die Einzel-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [443/0457]
§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.
kann. In allen Geſetzen, Erlaſſen und Verordnungen der Einzel-
ſtaaten, welche nach Einführung der Maß- und Gewichts-Ordn.
ergangen ſind, haben daher die zur Bezeichnung der Maß- und
Gewichts-Größen verwendeten Ausdrücke kraft Rechtsſatzes den-
jenigen Sinn, welchen das Reichsgeſ. ihnen beilegt. Ebenſo kann für
die Beurtheilung von Rechtsgeſchäften nicht eine partikuläre Rechts-
regel erlaſſen werden, welche neben den Definitionen des Reichs-
geſetzes noch andere Definitionen von Maß- und Gewichtsbezeich-
nungen aufſtellt; die Rechtsgeſchäfte ſind vielmehr hinſichtlich der
in ihnen enthaltenen Maß- und Gewichts-Bezeichnungen auszulegen
in erſter Reihe nach dem Willen der Parteien, ſei es daß
derſelbe ausdrücklich erklärt oder nach Handelsgebrauch oder den
thatſächlichen Umſtänden deutlich erkennbar iſt, in zweiter Reihe
nach der vom Reich erlaſſenen Maß- und Gewichts-Ordnung.
2. Die Verwaltungsbehörden der Einzelſtaaten haben
in ihrer amtlichen Thätigkeit das vom Reiche anerkannte Maß-
und Gewichtsſyſtem zur Anwendung zu bringen; ſo müſſen z. B.
die Wege-Verwaltungen die Entfernungs-Angaben in Kilometern,
die Kataſter-Behörden die Grundſtücks-Größen in Aren aus-
drücken u. ſ. w. 1).
3. Die Eichungsämter der Einzelſtaaten dürfen Maße
und Gewichte nicht ſtempeln, wenn dieſe nicht den in der
Maß- und Gewichts-Ordnung zugelaſſenen Größen entſprechen 2).
Dieſer Satz, verbunden mit dem Verbot ungeſtempelter Maße und
Gewichte, enthält den Schwerpunkt der reichsgeſetzlichen Regelung
des Maß- und Gewichtsweſens. Die Einführung und
Sicherung der Maß- und Gewichts-Einheit beruht
juriſtiſch auf der Kombination zweier Verbote;
das eine Verbot iſt an die Einzelſtaaten gerichtet und unterſagt
denſelben die Eichung anderer als in der M.- und Gew.-Ordn.
zugelaſſener Maße und Gewichte; das andere Verbot iſt an die
Unterthanen gerichtet und unterſagt denſelben den Gebrauch anderer
als obrigkeitlich geeichter Maße und Gewichte. Das an die Einzel-
1) Eine Ausnahme hiervon — welche als ſolche die Regel beſtätigt — ent-
hält das R.-G. v. 26. Nov. 1871 §. 2 (R.-G.-Bl. S. 397), wonach in Bayern
die dort beſtehenden Feldmaße bis zum 1. Januar 1878 noch in Geltung
bleiben können.
2) M.- u. G.-O. Art. 14.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |