Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie. gegen Bezahlung; die unentgeldliche Besorgung des Transportessteht jedem frei. Ob die Bezahlung in baarem Gelde oder in an- deren Werthgegenständen geleistet wird, macht keinen Unterschied; auch ist das Verbot nicht auf die gewerbemäßige Uebernahme von Brief- und Zeitungstransporten beschränkt; die einzelne und gelegentliche Beförderung gegen Entgeld ist ebenfalls eine Verletzung des Postmonopols. Eine Ausnahme hiervon ist jedoch für den Fall gemacht, daß Briefe und politische Zeitungen gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren befördert werden, wofern ein solcher Expresser nur von Einem Absender abgeschickt wird und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von Anderen mit- nimmt, noch für Andere zurückbringt 1). Unverschlossene Briefe und Packete unterliegen dem Postzwange 1) Postges. §. 2. Ueber die casuistischen Fragen, zu denen dieser Para- graph den Anlaß bietet, vgl. Dambach S. 10 fg. Hervorzuheben ist insbe- sondere, daß der Expresse Gegenstände, welche dem Postzwang unterliegen, für Andere auch unentgeldlich nicht mitnehmen oder zurückbringen kann; dagegen kann er andere Gegenstände, z. B. unverschlossene Briefe oder Packete, ohne Beschränkung sowohl entgeldlich als unentgeldlich befördern. Immerhin muß er aber den Charakter eines expressen Boten bewahren, d. h. der eigentliche und wesentliche Zweck muß die Abtragung oder Abholung der Briefe seines Absenders sein. Daher würde z. B. der Milchpächter, welcher mit seiner Waare in die Stadt fährt und für den Gutsherrn Briefe und Zeitungen gegen Entgeld mitnimmt oder zurückbringt, nicht als expresser Bote zu erach- ten sein. 2) Postges. §. 1 Abs. 3. 3) Vgl. auch Postges. §. 27. Es wäre also z. B. nicht strafbar, wenn
§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. gegen Bezahlung; die unentgeldliche Beſorgung des Transportesſteht jedem frei. Ob die Bezahlung in baarem Gelde oder in an- deren Werthgegenſtänden geleiſtet wird, macht keinen Unterſchied; auch iſt das Verbot nicht auf die gewerbemäßige Uebernahme von Brief- und Zeitungstransporten beſchränkt; die einzelne und gelegentliche Beförderung gegen Entgeld iſt ebenfalls eine Verletzung des Poſtmonopols. Eine Ausnahme hiervon iſt jedoch für den Fall gemacht, daß Briefe und politiſche Zeitungen gegen Bezahlung durch expreſſe Boten oder Fuhren befördert werden, wofern ein ſolcher Expreſſer nur von Einem Abſender abgeſchickt wird und dem Poſtzwange unterliegende Gegenſtände weder von Anderen mit- nimmt, noch für Andere zurückbringt 1). Unverſchloſſene Briefe und Packete unterliegen dem Poſtzwange 1) Poſtgeſ. §. 2. Ueber die caſuiſtiſchen Fragen, zu denen dieſer Para- graph den Anlaß bietet, vgl. Dambach S. 10 fg. Hervorzuheben iſt insbe- ſondere, daß der Expreſſe Gegenſtände, welche dem Poſtzwang unterliegen, für Andere auch unentgeldlich nicht mitnehmen oder zurückbringen kann; dagegen kann er andere Gegenſtände, z. B. unverſchloſſene Briefe oder Packete, ohne Beſchränkung ſowohl entgeldlich als unentgeldlich befördern. Immerhin muß er aber den Charakter eines expreſſen Boten bewahren, d. h. der eigentliche und weſentliche Zweck muß die Abtragung oder Abholung der Briefe ſeines Abſenders ſein. Daher würde z. B. der Milchpächter, welcher mit ſeiner Waare in die Stadt fährt und für den Gutsherrn Briefe und Zeitungen gegen Entgeld mitnimmt oder zurückbringt, nicht als expreſſer Bote zu erach- ten ſein. 2) Poſtgeſ. §. 1 Abſ. 3. 3) Vgl. auch Poſtgeſ. §. 27. Es wäre alſo z. B. nicht ſtrafbar, wenn
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§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
gegen Bezahlung; die unentgeldliche Beſorgung des Transportes
ſteht jedem frei. Ob die Bezahlung in baarem Gelde oder in an-
deren Werthgegenſtänden geleiſtet wird, macht keinen Unterſchied;
auch iſt das Verbot nicht auf die gewerbemäßige Uebernahme
von Brief- und Zeitungstransporten beſchränkt; die einzelne und
gelegentliche Beförderung gegen Entgeld iſt ebenfalls eine Verletzung
des Poſtmonopols. Eine Ausnahme hiervon iſt jedoch für den
Fall gemacht, daß Briefe und politiſche Zeitungen gegen Bezahlung
durch expreſſe Boten oder Fuhren befördert werden, wofern ein
ſolcher Expreſſer nur von Einem Abſender abgeſchickt wird und dem
Poſtzwange unterliegende Gegenſtände weder von Anderen mit-
nimmt, noch für Andere zurückbringt 1).
Unverſchloſſene Briefe und Packete unterliegen dem Poſtzwange
nicht. Wenn jedoch unverſchloſſene Briefe in verſiegelten, zuge-
nähten oder ſonſt verſchloſſenen Packeten befördert werden, ſo ſind
ſie den verſchloſſenen Briefen gleich zu achten, unterliegen alſo dem
Poſtzwange. Ausgenommen hiervon ſind ſolche unverſchloſſene
Briefe, Fakturen, Preiskurante und ähnliche Schriftſtücke, welche
den Inhalt des Packets betreffen 2). Nach dem Wortlaute des
Poſtgeſetzes iſt es keine Verletzung des Poſtzwanges, wenn ein
Packet, welches verſchloſſene Briefe und Zeitungen enthält, der Poſt
zur Beförderung übergeben wird; eine ſtrafbare Portodefraudation
wird nicht verübt, wenngleich das für das Packet zu entrichtende
Porto geringer iſt als das Brief-Porto, welches für die einzelnen
in dem Packete enthaltenen Briefe erhoben worden wäre 3). Denn
1) Poſtgeſ. §. 2. Ueber die caſuiſtiſchen Fragen, zu denen dieſer Para-
graph den Anlaß bietet, vgl. Dambach S. 10 fg. Hervorzuheben iſt insbe-
ſondere, daß der Expreſſe Gegenſtände, welche dem Poſtzwang unterliegen, für
Andere auch unentgeldlich nicht mitnehmen oder zurückbringen kann; dagegen
kann er andere Gegenſtände, z. B. unverſchloſſene Briefe oder Packete, ohne
Beſchränkung ſowohl entgeldlich als unentgeldlich befördern. Immerhin muß
er aber den Charakter eines expreſſen Boten bewahren, d. h. der eigentliche
und weſentliche Zweck muß die Abtragung oder Abholung der Briefe ſeines
Abſenders ſein. Daher würde z. B. der Milchpächter, welcher mit ſeiner
Waare in die Stadt fährt und für den Gutsherrn Briefe und Zeitungen gegen
Entgeld mitnimmt oder zurückbringt, nicht als expreſſer Bote zu erach-
ten ſein.
2) Poſtgeſ. §. 1 Abſ. 3.
3) Vgl. auch Poſtgeſ. §. 27. Es wäre alſo z. B. nicht ſtrafbar, wenn
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