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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 56. Der Begriff und die Erfordernisse des Gesetzes.
lois bezeichnet 1). Die Verkündigung erfolgte nach geschehener Ein-
registrirung auf Befehl des Parlaments in den einzelnen Ort-
schaften durch Verlesen, Aushang u. s. w. Auch die Gesetzgebung
von 1789 ließ zunächst die Registrirung und Verkündigung der
Gesetze durch die Gerichtshöfe bestehen; die Gesetze v. 20. Oktober
und 5. Nov. 1789 beseitigten nur die Mißbräuche, welche sich in
die Praxis der Gerichte eingeschlichen hatten, indem sie anordneten,
daß die von der National-Versammlung beschlossenen Dekrete, so-
bald sie die Sanction des Königs erhalten haben, ohne Zusatz,
Veränderung oder Anmerkung den Behörden zum Zweck der Ein-
tragung in die Listen und zur Verkündigung zu übersenden seien,
und daß die Gerichts- und Verwaltungsbehörden, welche nicht
binnen drei Tagen nach Empfang der Gesetze sie eintragen und sie
binnen einer Woche verkündigen lassen, als prevaricateurs und
wegen forfaiture bestraft werden sollen. Die formelle und authen-
tische Erklärung des Gesetzes verblieb dagegen Sache des Königs;
das Gesetz vom 9. Nov. 1789 bezeichnet diesen Akt als die Pro-
mulgation
des Gesetzes, indem es denselben scharf von der
Publikation desselben unterscheidet.

So lange das Königthum und das -- wenigstens scheinbare
-- Recht desselben zur Sanction der Gesetze bestand, fiel die Pro-
mulgation äußerlich mit der Sanction zusammen 2). Seit der
Unterdrückung des Königthums hob sich die Promulgation von der
Sanction, von der sie begrifflich durchaus verschieden war, auch
in der äußeren Erscheinung ab und es treten jetzt Sanction, Pro-
mulgation und Publikation als drei völlig getrennte Erfordernisse
eines Gesetzes hervor. Es gilt dies namentlich von der Verfassung
des Jahres VIII. Nach dem Art. 37 dieser Verf. wurden die
Gesetze sanctionirt (erlassen) vom Corps legislatif. Innerhalb einer

1) Second Expose des motifs du Titre preliminaire du Code civil bei
Locre, La Legislation de la France I. p. 569 sq.
2) Zur Promulgation gehört die Constatirung, daß die Nationalversamm-
lung das Gesetz beschlossen und der König dasselbe genehmigt habe. Die in
dem Gesetz vom 9. Nov. 1789 vorgeschriebene Formel lautet: Louis, par la
Grace de Dieu .... L'Assemblee nationale a decrete et nous
voulons et ordonnons
ce qui suit: ... Mandons et ordonnons a
tous les tribunaux, corps administratifs et municipalites, que les presentes
ils fassent transcrire sur leurs registres, lire, publier et afficher dans leurs
ressorts et departements respectifs.
Laband, Reichsstaatsrecht. II. 2

§. 56. Der Begriff und die Erforderniſſe des Geſetzes.
lois bezeichnet 1). Die Verkündigung erfolgte nach geſchehener Ein-
regiſtrirung auf Befehl des Parlaments in den einzelnen Ort-
ſchaften durch Verleſen, Aushang u. ſ. w. Auch die Geſetzgebung
von 1789 ließ zunächſt die Regiſtrirung und Verkündigung der
Geſetze durch die Gerichtshöfe beſtehen; die Geſetze v. 20. Oktober
und 5. Nov. 1789 beſeitigten nur die Mißbräuche, welche ſich in
die Praxis der Gerichte eingeſchlichen hatten, indem ſie anordneten,
daß die von der National-Verſammlung beſchloſſenen Dekrete, ſo-
bald ſie die Sanction des Königs erhalten haben, ohne Zuſatz,
Veränderung oder Anmerkung den Behörden zum Zweck der Ein-
tragung in die Liſten und zur Verkündigung zu überſenden ſeien,
und daß die Gerichts- und Verwaltungsbehörden, welche nicht
binnen drei Tagen nach Empfang der Geſetze ſie eintragen und ſie
binnen einer Woche verkündigen laſſen, als prévaricateurs und
wegen forfaiture beſtraft werden ſollen. Die formelle und authen-
tiſche Erklärung des Geſetzes verblieb dagegen Sache des Königs;
das Geſetz vom 9. Nov. 1789 bezeichnet dieſen Akt als die Pro-
mulgation
des Geſetzes, indem es denſelben ſcharf von der
Publikation deſſelben unterſcheidet.

So lange das Königthum und das — wenigſtens ſcheinbare
— Recht deſſelben zur Sanction der Geſetze beſtand, fiel die Pro-
mulgation äußerlich mit der Sanction zuſammen 2). Seit der
Unterdrückung des Königthums hob ſich die Promulgation von der
Sanction, von der ſie begrifflich durchaus verſchieden war, auch
in der äußeren Erſcheinung ab und es treten jetzt Sanction, Pro-
mulgation und Publikation als drei völlig getrennte Erforderniſſe
eines Geſetzes hervor. Es gilt dies namentlich von der Verfaſſung
des Jahres VIII. Nach dem Art. 37 dieſer Verf. wurden die
Geſetze ſanctionirt (erlaſſen) vom Corps législatif. Innerhalb einer

1) Second Exposé des motifs du Titre préliminaire du Code civil bei
Locré, La Législation de la France I. p. 569 sq.
2) Zur Promulgation gehört die Conſtatirung, daß die Nationalverſamm-
lung das Geſetz beſchloſſen und der König daſſelbe genehmigt habe. Die in
dem Geſetz vom 9. Nov. 1789 vorgeſchriebene Formel lautet: Louis, par la
Grâce de Dieu .... L’Assemblée nationale a décrété et nous
voulons et ordonnons
ce qui suit: … Mandons et ordonnons à
tous les tribunaux, corps administratifs et municipalités, que les présentes
ils fassent transcrire sur leurs régistres, lire, publier et afficher dans leurs
ressorts et départements respectifs.
Laband, Reichsſtaatsrecht. II. 2
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[17/0031] §. 56. Der Begriff und die Erforderniſſe des Geſetzes. lois bezeichnet 1). Die Verkündigung erfolgte nach geſchehener Ein- regiſtrirung auf Befehl des Parlaments in den einzelnen Ort- ſchaften durch Verleſen, Aushang u. ſ. w. Auch die Geſetzgebung von 1789 ließ zunächſt die Regiſtrirung und Verkündigung der Geſetze durch die Gerichtshöfe beſtehen; die Geſetze v. 20. Oktober und 5. Nov. 1789 beſeitigten nur die Mißbräuche, welche ſich in die Praxis der Gerichte eingeſchlichen hatten, indem ſie anordneten, daß die von der National-Verſammlung beſchloſſenen Dekrete, ſo- bald ſie die Sanction des Königs erhalten haben, ohne Zuſatz, Veränderung oder Anmerkung den Behörden zum Zweck der Ein- tragung in die Liſten und zur Verkündigung zu überſenden ſeien, und daß die Gerichts- und Verwaltungsbehörden, welche nicht binnen drei Tagen nach Empfang der Geſetze ſie eintragen und ſie binnen einer Woche verkündigen laſſen, als prévaricateurs und wegen forfaiture beſtraft werden ſollen. Die formelle und authen- tiſche Erklärung des Geſetzes verblieb dagegen Sache des Königs; das Geſetz vom 9. Nov. 1789 bezeichnet dieſen Akt als die Pro- mulgation des Geſetzes, indem es denſelben ſcharf von der Publikation deſſelben unterſcheidet. So lange das Königthum und das — wenigſtens ſcheinbare — Recht deſſelben zur Sanction der Geſetze beſtand, fiel die Pro- mulgation äußerlich mit der Sanction zuſammen 2). Seit der Unterdrückung des Königthums hob ſich die Promulgation von der Sanction, von der ſie begrifflich durchaus verſchieden war, auch in der äußeren Erſcheinung ab und es treten jetzt Sanction, Pro- mulgation und Publikation als drei völlig getrennte Erforderniſſe eines Geſetzes hervor. Es gilt dies namentlich von der Verfaſſung des Jahres VIII. Nach dem Art. 37 dieſer Verf. wurden die Geſetze ſanctionirt (erlaſſen) vom Corps législatif. Innerhalb einer 1) Second Exposé des motifs du Titre préliminaire du Code civil bei Locré, La Législation de la France I. p. 569 sq. 2) Zur Promulgation gehört die Conſtatirung, daß die Nationalverſamm- lung das Geſetz beſchloſſen und der König daſſelbe genehmigt habe. Die in dem Geſetz vom 9. Nov. 1789 vorgeſchriebene Formel lautet: Louis, par la Grâce de Dieu .... L’Assemblée nationale a décrété et nous voulons et ordonnons ce qui suit: … Mandons et ordonnons à tous les tribunaux, corps administratifs et municipalités, que les présentes ils fassent transcrire sur leurs régistres, lire, publier et afficher dans leurs ressorts et départements respectifs. Laband, Reichsſtaatsrecht. II. 2

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/31>, abgerufen am 23.11.2024.