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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
Bundesraths-Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten keinen
Antheil an der Verwaltung 1). Nur soweit es sich um die Er-
richtung von neuen oder um die Einziehung von bestehenden Ge-
sandtschaften handelt, ist dem Bundesrathe und dem Reichstage
durch das Budgetrecht indirect eine Mitbestimmung gesichert.

b) Der Reichskanzler ist verpflichtet, bei allen wichtigeren
Geschäften des auswärtigen Dienstes den Befehl Sr. Majestät
einzuholen. Maaßgebend dafür sind die in der Preuß. Verord-
nung vom 27. Oktober 1810 über die Verfassung der Staatsbe-
hörden enthaltenen Vorschriften 2). Nach denselben ist der Chef
des Auswärtigen Amtes verpflichtet, dem Kaiser die genaueste
Uebersicht und Kenntniß sämmtlicher auswärtigen Verhältnisse zu
verschaffen, demselben alle Berichte der Gesandten und Geschäfts-
träger, sowie die von Fremden übergebenen Noten oder gemachten
Eröffnungen vorzulegen oder Vortrag über dieselben zu halten.
Nach den Entschließungen des Kaisers hat der Reichskanzler die
Geschäfte des Auswärtigen Amtes zu leiten, den fremden Ge-
sandten Antwort, den Reichsgesandten Instruktionen zu ertheilen.
"Sobald es darauf ankommt, den kaiserlichen Gesandten Abweichun-
gen von den ihnen früher gegebenen Vorschriften über politische
Verhältnisse oder die Verfolgung wichtiger Gegenstände aufzugeben,
muß die Ausfertigung der Regel nach vom Kaiser
selbst vollzogen werden
." In andern Fällen erläßt der
Reichskanzler die Verfügungen in seinem Namen, ebenso in wich-
tigeren dringenderen und eilenden Fällen, wenn die Genehmigung
des Kaisers nicht eingeholt werden kann. Wenn jedoch der Gegen-
stand der Regel nach die kaiserliche Vollziehung des Befehls er-
fordert hätte, ist dem Kaiser sogleich Anzeige zu machen. Ueber
die Ernennung des gesammten Gesandtschafts-Personals muß die
Genehmigung des Kaisers eingeholt werden 3), auch wenn die Be-
amten nicht nach der Verordn. v. 23. Nov. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl.
S. 135) eine kaiserliche Bestallung, sondern nur eine vom Reichs-
kanzler ausgefertigte Anstellungs-Urkunde enthalten 4).


1) Vgl. Bd. I. S. 248 ff.
2) Preuß. Ges.-Samml. v. 1810 S. 3 ff. bes. S. 20.
3) Preuß. Ges.-Samml. 1810 S. 21 a. E.
4) Vgl. Bd. I. S. 405.

§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
Bundesraths-Ausſchuß für die auswärtigen Angelegenheiten keinen
Antheil an der Verwaltung 1). Nur ſoweit es ſich um die Er-
richtung von neuen oder um die Einziehung von beſtehenden Ge-
ſandtſchaften handelt, iſt dem Bundesrathe und dem Reichstage
durch das Budgetrecht indirect eine Mitbeſtimmung geſichert.

b) Der Reichskanzler iſt verpflichtet, bei allen wichtigeren
Geſchäften des auswärtigen Dienſtes den Befehl Sr. Majeſtät
einzuholen. Maaßgebend dafür ſind die in der Preuß. Verord-
nung vom 27. Oktober 1810 über die Verfaſſung der Staatsbe-
hörden enthaltenen Vorſchriften 2). Nach denſelben iſt der Chef
des Auswärtigen Amtes verpflichtet, dem Kaiſer die genaueſte
Ueberſicht und Kenntniß ſämmtlicher auswärtigen Verhältniſſe zu
verſchaffen, demſelben alle Berichte der Geſandten und Geſchäfts-
träger, ſowie die von Fremden übergebenen Noten oder gemachten
Eröffnungen vorzulegen oder Vortrag über dieſelben zu halten.
Nach den Entſchließungen des Kaiſers hat der Reichskanzler die
Geſchäfte des Auswärtigen Amtes zu leiten, den fremden Ge-
ſandten Antwort, den Reichsgeſandten Inſtruktionen zu ertheilen.
„Sobald es darauf ankommt, den kaiſerlichen Geſandten Abweichun-
gen von den ihnen früher gegebenen Vorſchriften über politiſche
Verhältniſſe oder die Verfolgung wichtiger Gegenſtände aufzugeben,
muß die Ausfertigung der Regel nach vom Kaiſer
ſelbſt vollzogen werden
.“ In andern Fällen erläßt der
Reichskanzler die Verfügungen in ſeinem Namen, ebenſo in wich-
tigeren dringenderen und eilenden Fällen, wenn die Genehmigung
des Kaiſers nicht eingeholt werden kann. Wenn jedoch der Gegen-
ſtand der Regel nach die kaiſerliche Vollziehung des Befehls er-
fordert hätte, iſt dem Kaiſer ſogleich Anzeige zu machen. Ueber
die Ernennung des geſammten Geſandtſchafts-Perſonals muß die
Genehmigung des Kaiſers eingeholt werden 3), auch wenn die Be-
amten nicht nach der Verordn. v. 23. Nov. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl.
S. 135) eine kaiſerliche Beſtallung, ſondern nur eine vom Reichs-
kanzler ausgefertigte Anſtellungs-Urkunde enthalten 4).


1) Vgl. Bd. I. S. 248 ff.
2) Preuß. Geſ.-Samml. v. 1810 S. 3 ff. beſ. S. 20.
3) Preuß. Geſ.-Samml. 1810 S. 21 a. E.
4) Vgl. Bd. I. S. 405.
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[248/0262] §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. Bundesraths-Ausſchuß für die auswärtigen Angelegenheiten keinen Antheil an der Verwaltung 1). Nur ſoweit es ſich um die Er- richtung von neuen oder um die Einziehung von beſtehenden Ge- ſandtſchaften handelt, iſt dem Bundesrathe und dem Reichstage durch das Budgetrecht indirect eine Mitbeſtimmung geſichert. b) Der Reichskanzler iſt verpflichtet, bei allen wichtigeren Geſchäften des auswärtigen Dienſtes den Befehl Sr. Majeſtät einzuholen. Maaßgebend dafür ſind die in der Preuß. Verord- nung vom 27. Oktober 1810 über die Verfaſſung der Staatsbe- hörden enthaltenen Vorſchriften 2). Nach denſelben iſt der Chef des Auswärtigen Amtes verpflichtet, dem Kaiſer die genaueſte Ueberſicht und Kenntniß ſämmtlicher auswärtigen Verhältniſſe zu verſchaffen, demſelben alle Berichte der Geſandten und Geſchäfts- träger, ſowie die von Fremden übergebenen Noten oder gemachten Eröffnungen vorzulegen oder Vortrag über dieſelben zu halten. Nach den Entſchließungen des Kaiſers hat der Reichskanzler die Geſchäfte des Auswärtigen Amtes zu leiten, den fremden Ge- ſandten Antwort, den Reichsgeſandten Inſtruktionen zu ertheilen. „Sobald es darauf ankommt, den kaiſerlichen Geſandten Abweichun- gen von den ihnen früher gegebenen Vorſchriften über politiſche Verhältniſſe oder die Verfolgung wichtiger Gegenſtände aufzugeben, muß die Ausfertigung der Regel nach vom Kaiſer ſelbſt vollzogen werden.“ In andern Fällen erläßt der Reichskanzler die Verfügungen in ſeinem Namen, ebenſo in wich- tigeren dringenderen und eilenden Fällen, wenn die Genehmigung des Kaiſers nicht eingeholt werden kann. Wenn jedoch der Gegen- ſtand der Regel nach die kaiſerliche Vollziehung des Befehls er- fordert hätte, iſt dem Kaiſer ſogleich Anzeige zu machen. Ueber die Ernennung des geſammten Geſandtſchafts-Perſonals muß die Genehmigung des Kaiſers eingeholt werden 3), auch wenn die Be- amten nicht nach der Verordn. v. 23. Nov. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl. S. 135) eine kaiſerliche Beſtallung, ſondern nur eine vom Reichs- kanzler ausgefertigte Anſtellungs-Urkunde enthalten 4). 1) Vgl. Bd. I. S. 248 ff. 2) Preuß. Geſ.-Samml. v. 1810 S. 3 ff. beſ. S. 20. 3) Preuß. Geſ.-Samml. 1810 S. 21 a. E. 4) Vgl. Bd. I. S. 405.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/262>, abgerufen am 27.11.2024.