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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung.
Reichskanzler oder einer andern Reichsbehörde oder den Einzel-
staaten übertragen werden soll, muß dies durch spezielle reichsge-
setzliche Anordnung erfolgen. Die Beschlußfassung über die Ver-
waltungs-Verordnungen erfolgt nach den in den Art. 6 u. 7 der
R.-V. gegebenen Regeln. Die Zustimmung des Präsidiums zur
Abänderung bestehender Vorschriften oder Einrichtungen ist nach
Art. 37 der R.-V. nur bei denjenigen Verwaltungs-Verordnungen
erforderlich, welche zur Ausführung der gemeinschaftlichen Zoll-
und Steuergesetzgebung dienen (Art. 35). Für das Heer-
wesen und die Kriegs-Marine ist dieses Sonderrecht entbehrlich
wegen der im Art. 63 und im Art. 53 der R.-V. dem Kaiser
eingeräumten Befugnisse, welche das Recht des Bundesrathes,
Verwaltungsvorschriften zu erlassen, überhaupt sehr wesentlich be-
schränken und in der Hauptsache ausschließen 1).

Ueberdies ist in dem Kriegsdienstgesetz vom 9. Nov. 1867,
§. 18, dem Militairgesetz v. 2. Mai 1874 §. 71, dem Landsturm-
gesetz v. 12. Februar 1875 §. 8, dem Militair-Kontrollgesetz vom
15. Febr. 1875 §. 8 dem Kaiser der Erlaß der erforderlichen
Ausführungsbestimmungen ausdrücklich übertragen worden.

Die vom Bundesrathe auf Grund des Art. 7 Abs. 2 erlasse-
nen Vorschriften haben niemals die Kraft von Rechtssätzen, son-
dern sind lediglich Instruktionen oder Anweisungen für die Regie-
rungen und deren Behörden. Sie sind daher nur für die Amts-
führung der letzteren verbindlich, nicht für Dritte; namentlich be-
gründen sie keine Verpflichtungen der einzelnen Reichsangehörigen
und ebenso wenig können sie dieselben wirksam mit Strafen be-
drohen. Die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes be-
dürfen aus demselben Grunde keiner Publikation; sie werden viel-
mehr den Einzelregierungen mitgetheilt (behändigt), welche für die
weitere Mittheilung an die Landesbehörden Sorge zu tragen ha-
ben 2). Soweit der Inhalt etwa für das Publikum von Interesse

1) Art. 5 Abs. 2 erkennt dieses Recht des Präsidiums bei Gesetzes-
Vorschlägen an; mithin kann ohne Zustimmung des Präsidiums auch kein Ge-
setz zu Stande kommen, welches das Recht, Ausführungsgesetze zu erlassen
oder in die dem Kaiser nach Art. 53 u. Art. 63 zustehenden Verwaltungsbe-
fugnisse einzugreifen, dem Bundesrath überträgt.
2) Die Ausführung der vom Bundesrath beschlossenen Verwaltungsver-
ordnungen liegt zunächst den Regierungen der Bundesstaaten ob, welche

§. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung.
Reichskanzler oder einer andern Reichsbehörde oder den Einzel-
ſtaaten übertragen werden ſoll, muß dies durch ſpezielle reichsge-
ſetzliche Anordnung erfolgen. Die Beſchlußfaſſung über die Ver-
waltungs-Verordnungen erfolgt nach den in den Art. 6 u. 7 der
R.-V. gegebenen Regeln. Die Zuſtimmung des Präſidiums zur
Abänderung beſtehender Vorſchriften oder Einrichtungen iſt nach
Art. 37 der R.-V. nur bei denjenigen Verwaltungs-Verordnungen
erforderlich, welche zur Ausführung der gemeinſchaftlichen Zoll-
und Steuergeſetzgebung dienen (Art. 35). Für das Heer-
weſen und die Kriegs-Marine iſt dieſes Sonderrecht entbehrlich
wegen der im Art. 63 und im Art. 53 der R.-V. dem Kaiſer
eingeräumten Befugniſſe, welche das Recht des Bundesrathes,
Verwaltungsvorſchriften zu erlaſſen, überhaupt ſehr weſentlich be-
ſchränken und in der Hauptſache ausſchließen 1).

Ueberdies iſt in dem Kriegsdienſtgeſetz vom 9. Nov. 1867,
§. 18, dem Militairgeſetz v. 2. Mai 1874 §. 71, dem Landſturm-
geſetz v. 12. Februar 1875 §. 8, dem Militair-Kontrollgeſetz vom
15. Febr. 1875 §. 8 dem Kaiſer der Erlaß der erforderlichen
Ausführungsbeſtimmungen ausdrücklich übertragen worden.

Die vom Bundesrathe auf Grund des Art. 7 Abſ. 2 erlaſſe-
nen Vorſchriften haben niemals die Kraft von Rechtsſätzen, ſon-
dern ſind lediglich Inſtruktionen oder Anweiſungen für die Regie-
rungen und deren Behörden. Sie ſind daher nur für die Amts-
führung der letzteren verbindlich, nicht für Dritte; namentlich be-
gründen ſie keine Verpflichtungen der einzelnen Reichsangehörigen
und ebenſo wenig können ſie dieſelben wirkſam mit Strafen be-
drohen. Die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes be-
dürfen aus demſelben Grunde keiner Publikation; ſie werden viel-
mehr den Einzelregierungen mitgetheilt (behändigt), welche für die
weitere Mittheilung an die Landesbehörden Sorge zu tragen ha-
ben 2). Soweit der Inhalt etwa für das Publikum von Intereſſe

1) Art. 5 Abſ. 2 erkennt dieſes Recht des Präſidiums bei Geſetzes-
Vorſchlägen an; mithin kann ohne Zuſtimmung des Präſidiums auch kein Ge-
ſetz zu Stande kommen, welches das Recht, Ausführungsgeſetze zu erlaſſen
oder in die dem Kaiſer nach Art. 53 u. Art. 63 zuſtehenden Verwaltungsbe-
fugniſſe einzugreifen, dem Bundesrath überträgt.
2) Die Ausführung der vom Bundesrath beſchloſſenen Verwaltungsver-
ordnungen liegt zunächſt den Regierungen der Bundesſtaaten ob, welche
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[234/0248] §. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung. Reichskanzler oder einer andern Reichsbehörde oder den Einzel- ſtaaten übertragen werden ſoll, muß dies durch ſpezielle reichsge- ſetzliche Anordnung erfolgen. Die Beſchlußfaſſung über die Ver- waltungs-Verordnungen erfolgt nach den in den Art. 6 u. 7 der R.-V. gegebenen Regeln. Die Zuſtimmung des Präſidiums zur Abänderung beſtehender Vorſchriften oder Einrichtungen iſt nach Art. 37 der R.-V. nur bei denjenigen Verwaltungs-Verordnungen erforderlich, welche zur Ausführung der gemeinſchaftlichen Zoll- und Steuergeſetzgebung dienen (Art. 35). Für das Heer- weſen und die Kriegs-Marine iſt dieſes Sonderrecht entbehrlich wegen der im Art. 63 und im Art. 53 der R.-V. dem Kaiſer eingeräumten Befugniſſe, welche das Recht des Bundesrathes, Verwaltungsvorſchriften zu erlaſſen, überhaupt ſehr weſentlich be- ſchränken und in der Hauptſache ausſchließen 1). Ueberdies iſt in dem Kriegsdienſtgeſetz vom 9. Nov. 1867, §. 18, dem Militairgeſetz v. 2. Mai 1874 §. 71, dem Landſturm- geſetz v. 12. Februar 1875 §. 8, dem Militair-Kontrollgeſetz vom 15. Febr. 1875 §. 8 dem Kaiſer der Erlaß der erforderlichen Ausführungsbeſtimmungen ausdrücklich übertragen worden. Die vom Bundesrathe auf Grund des Art. 7 Abſ. 2 erlaſſe- nen Vorſchriften haben niemals die Kraft von Rechtsſätzen, ſon- dern ſind lediglich Inſtruktionen oder Anweiſungen für die Regie- rungen und deren Behörden. Sie ſind daher nur für die Amts- führung der letzteren verbindlich, nicht für Dritte; namentlich be- gründen ſie keine Verpflichtungen der einzelnen Reichsangehörigen und ebenſo wenig können ſie dieſelben wirkſam mit Strafen be- drohen. Die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes be- dürfen aus demſelben Grunde keiner Publikation; ſie werden viel- mehr den Einzelregierungen mitgetheilt (behändigt), welche für die weitere Mittheilung an die Landesbehörden Sorge zu tragen ha- ben 2). Soweit der Inhalt etwa für das Publikum von Intereſſe 1) Art. 5 Abſ. 2 erkennt dieſes Recht des Präſidiums bei Geſetzes- Vorſchlägen an; mithin kann ohne Zuſtimmung des Präſidiums auch kein Ge- ſetz zu Stande kommen, welches das Recht, Ausführungsgeſetze zu erlaſſen oder in die dem Kaiſer nach Art. 53 u. Art. 63 zuſtehenden Verwaltungsbe- fugniſſe einzugreifen, dem Bundesrath überträgt. 2) Die Ausführung der vom Bundesrath beſchloſſenen Verwaltungsver- ordnungen liegt zunächſt den Regierungen der Bundesſtaaten ob, welche

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/248>, abgerufen am 27.11.2024.