kann -- wie bereits oben S. 211 ausgeführt wurde, die Ent- stehung neuer Rechtssätze vorbereiten und anbahnen, aber formelles Recht weder aufheben noch schaffen.
3. Die Befugniß, Verwaltungs-Verordnungen zu erlassen, steht nicht blos dem Monarchen, als dem Chef der Verwaltung, sondern in vielfachen Abstufungen den Behörden zu. Die von der höheren Instanz erlassene Verordnung bindet alle unteren In- stanzen, schließt aber nicht die Befugniß derselben aus, hinsichtlich aller, in der höheren Verordnung nicht geregelten Punkte, ihrer- seits wieder Verordnungen zu erlassen für die ihnen unterstellten Aemter. Wenn man auch öfters den Namen Verordnung auf die vom Landesherrn oder etwa von den obersten Centralbehörden (Ministern) erlassenen Anordnungen beschränkt, dagegen die von anderen Behörden erlassenen als General-Verfügungen, Rescripte, Instructionen n. dergl. bezeichnet, so besteht doch ein begrifflicher, juristischer Unterschied nicht.
4. Die Verwaltungs-Verordnung bedarf keiner Publikation in dem Sinne, welchen dieses Wort bei der Gesetzgebung hat, sondern der Behändigung oder Insinuation. Sie muß denjenigen Behörden, denen sie Vorschriften giebt, mitgetheilt werden. Die Mittheilung erfolgt gewöhnlich durch ein von der vorgesetzten Be- hörde ausgefertigtes Schreiben, welches bei den Akten aufbewahrt wird. Die schriftliche Zufertigung kann aber ersetzt werden durch den Druck in solchen Amtsblättern, welche die Behörden zu halten verpflichtet sind. Nur muß alsdann der Abdruck die Gewähr der Aechtheit und Zuverlässigkeit bieten. Eine solche Mittheilung durch gedruckte Blätter ist lediglich ein Surrogat der schriftlichen Zu- fertigung.
Abgesehen von diesem Falle hat die Veröffentlichung der Ver- waltungs-Verordnung durch den Druck weder die Rechtswirkung der Verkündigung noch diejenige der Behändigung, sondern sie ist lediglich thatsächliche Bekanntmachung an das Publikum. Dieselbe ist nicht nur für die Gültigkeit der Verordnung rechtlich nicht er- forderlich, sondern sie kann eine pflichtwidrige und strafbare Ver- letzung des Amtsgeheimnisses enthalten. Die Entscheidung darüber, ob eine Verwaltungs-Verordnung veröffentlicht werden soll resp. darf oder nicht, steht natürlich derjenigen Behörde zu, welche die Verordnung erläßt, nicht derjenigen, an welche sie gerichtet ist.
§. 68. Die Formen der Verwaltung.
kann — wie bereits oben S. 211 ausgeführt wurde, die Ent- ſtehung neuer Rechtsſätze vorbereiten und anbahnen, aber formelles Recht weder aufheben noch ſchaffen.
3. Die Befugniß, Verwaltungs-Verordnungen zu erlaſſen, ſteht nicht blos dem Monarchen, als dem Chef der Verwaltung, ſondern in vielfachen Abſtufungen den Behörden zu. Die von der höheren Inſtanz erlaſſene Verordnung bindet alle unteren In- ſtanzen, ſchließt aber nicht die Befugniß derſelben aus, hinſichtlich aller, in der höheren Verordnung nicht geregelten Punkte, ihrer- ſeits wieder Verordnungen zu erlaſſen für die ihnen unterſtellten Aemter. Wenn man auch öfters den Namen Verordnung auf die vom Landesherrn oder etwa von den oberſten Centralbehörden (Miniſtern) erlaſſenen Anordnungen beſchränkt, dagegen die von anderen Behörden erlaſſenen als General-Verfügungen, Reſcripte, Inſtructionen n. dergl. bezeichnet, ſo beſteht doch ein begrifflicher, juriſtiſcher Unterſchied nicht.
4. Die Verwaltungs-Verordnung bedarf keiner Publikation in dem Sinne, welchen dieſes Wort bei der Geſetzgebung hat, ſondern der Behändigung oder Inſinuation. Sie muß denjenigen Behörden, denen ſie Vorſchriften giebt, mitgetheilt werden. Die Mittheilung erfolgt gewöhnlich durch ein von der vorgeſetzten Be- hörde ausgefertigtes Schreiben, welches bei den Akten aufbewahrt wird. Die ſchriftliche Zufertigung kann aber erſetzt werden durch den Druck in ſolchen Amtsblättern, welche die Behörden zu halten verpflichtet ſind. Nur muß alsdann der Abdruck die Gewähr der Aechtheit und Zuverläſſigkeit bieten. Eine ſolche Mittheilung durch gedruckte Blätter iſt lediglich ein Surrogat der ſchriftlichen Zu- fertigung.
Abgeſehen von dieſem Falle hat die Veröffentlichung der Ver- waltungs-Verordnung durch den Druck weder die Rechtswirkung der Verkündigung noch diejenige der Behändigung, ſondern ſie iſt lediglich thatſächliche Bekanntmachung an das Publikum. Dieſelbe iſt nicht nur für die Gültigkeit der Verordnung rechtlich nicht er- forderlich, ſondern ſie kann eine pflichtwidrige und ſtrafbare Ver- letzung des Amtsgeheimniſſes enthalten. Die Entſcheidung darüber, ob eine Verwaltungs-Verordnung veröffentlicht werden ſoll reſp. darf oder nicht, ſteht natürlich derjenigen Behörde zu, welche die Verordnung erläßt, nicht derjenigen, an welche ſie gerichtet iſt.
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§. 68. Die Formen der Verwaltung.
kann — wie bereits oben S. 211 ausgeführt wurde, die Ent-
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Recht weder aufheben noch ſchaffen.
3. Die Befugniß, Verwaltungs-Verordnungen zu erlaſſen,
ſteht nicht blos dem Monarchen, als dem Chef der Verwaltung,
ſondern in vielfachen Abſtufungen den Behörden zu. Die von der
höheren Inſtanz erlaſſene Verordnung bindet alle unteren In-
ſtanzen, ſchließt aber nicht die Befugniß derſelben aus, hinſichtlich
aller, in der höheren Verordnung nicht geregelten Punkte, ihrer-
ſeits wieder Verordnungen zu erlaſſen für die ihnen unterſtellten
Aemter. Wenn man auch öfters den Namen Verordnung auf die
vom Landesherrn oder etwa von den oberſten Centralbehörden
(Miniſtern) erlaſſenen Anordnungen beſchränkt, dagegen die von
anderen Behörden erlaſſenen als General-Verfügungen, Reſcripte,
Inſtructionen n. dergl. bezeichnet, ſo beſteht doch ein begrifflicher,
juriſtiſcher Unterſchied nicht.
4. Die Verwaltungs-Verordnung bedarf keiner Publikation
in dem Sinne, welchen dieſes Wort bei der Geſetzgebung hat,
ſondern der Behändigung oder Inſinuation. Sie muß denjenigen
Behörden, denen ſie Vorſchriften giebt, mitgetheilt werden. Die
Mittheilung erfolgt gewöhnlich durch ein von der vorgeſetzten Be-
hörde ausgefertigtes Schreiben, welches bei den Akten aufbewahrt
wird. Die ſchriftliche Zufertigung kann aber erſetzt werden durch
den Druck in ſolchen Amtsblättern, welche die Behörden zu halten
verpflichtet ſind. Nur muß alsdann der Abdruck die Gewähr der
Aechtheit und Zuverläſſigkeit bieten. Eine ſolche Mittheilung durch
gedruckte Blätter iſt lediglich ein Surrogat der ſchriftlichen Zu-
fertigung.
Abgeſehen von dieſem Falle hat die Veröffentlichung der Ver-
waltungs-Verordnung durch den Druck weder die Rechtswirkung
der Verkündigung noch diejenige der Behändigung, ſondern ſie iſt
lediglich thatſächliche Bekanntmachung an das Publikum. Dieſelbe
iſt nicht nur für die Gültigkeit der Verordnung rechtlich nicht er-
forderlich, ſondern ſie kann eine pflichtwidrige und ſtrafbare Ver-
letzung des Amtsgeheimniſſes enthalten. Die Entſcheidung darüber,
ob eine Verwaltungs-Verordnung veröffentlicht werden ſoll reſp.
darf oder nicht, ſteht natürlich derjenigen Behörde zu, welche die
Verordnung erläßt, nicht derjenigen, an welche ſie gerichtet iſt.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/238>, abgerufen am 27.11.2024.
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