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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 68. Die Formen der Verwaltung.
geschlossen hat, in rechtsgültiger Weise das Amt übertragen worden
ist, und ob der Abschluß des in Rede stehenden Vertrages zu dem
Geschäftskreise dieses Amtes gehört. Beide Fragen sind staats-
rechtlicher Natur. Die erste ist nach den über die Anstellung von
Staatsbeamten geltenden Rechtsgrundsätzen, die zweite nach den
staatsrechtlichen Vorschriften über das Behördensystem und die
Kompetenz der einzelnen Behörden zu entscheiden. In beiden Be-
ziehungen aber muß man sich hüten, die Ansätze des Staatshaus-
halts mit Rechtsregeln zu verwechseln. Das Staatsoberhaupt
kann durch die Anstellung eines Beamten, welchem ein Gehalt zu-
gebilligt wird, ohne daß dasselbe im Budget ausgeworfen ist, eine
Rechtsverletzung sich zu Schulden kommen lassen; dessenungeachtet
aber bleibt die Uebertragung des Amtes und die damit verbundene
Vollmacht völlig rechtswirksam, wenn sie in den vorgeschriebenen
Formen erfolgt ist. Ebenso sind die von einer Behörde innerhalb
ihrer gesetzlichen Kompetenz abgeschlossenen Verträge völlig rechts-
wirksam, wenngleich sie die im Etat angesetzten Summen über-
steigen. Inwieweit der Beamte dafür von seinem Vorgesetzten
zur Verantwortung gezogen, vielleicht zum Ersatz angehalten wer-
den kann, ist eine den Dritten nicht berührende Frage.

b) Hinsichtlich des Inhaltes der Verträge. Im Allge-
meinen besteht auf dem Gebiete des Verkehrsrechtes volle Freiheit
der Contrahenten, innerhalb der gesetzlichen Schranken zu verein-
baren, was ihnen beliebt. Die Grundsätze des Obligationenrechts
haben regelmäßig den Charakter des ius dispositivum. Dies gilt
prinzipiell auch von den Rechtsgeschäften, welche zum Zwecke der
Staatsverwaltung geschlossen werden. Grade an den unzähligen
Verträgen, welche die Verwaltungsbehörden abzuschließen veran-
laßt sind, wird es deutlich, daß die Verwaltungsthätigkeit nicht
Anwendung oder Vollziehung der Gesetze ist; der Staat schließt
vielmehr diese Verträge mit derselben Handlungsfreiheit ab wie
jedes andere Rechtssubject, und die Behörden, welche zur Verwal-
tung der Staatsgeschäfte berufen sind, haben bei der Vereinbarung
der Vertragsbedingungen der Regel nach keine andere Stellung
wie sie die geschäftsführenden Organe juristischer Personen (Corpo-
rationen, Stiftungen, Aktienvereine) überhaupt haben. Ausnahms-
weise aber kann der Inhalt der Verträge durch Gesetz so fest vor-
geschrieben sein, daß die Verwaltungsbehörden die Verträge nach

§. 68. Die Formen der Verwaltung.
geſchloſſen hat, in rechtsgültiger Weiſe das Amt übertragen worden
iſt, und ob der Abſchluß des in Rede ſtehenden Vertrages zu dem
Geſchäftskreiſe dieſes Amtes gehört. Beide Fragen ſind ſtaats-
rechtlicher Natur. Die erſte iſt nach den über die Anſtellung von
Staatsbeamten geltenden Rechtsgrundſätzen, die zweite nach den
ſtaatsrechtlichen Vorſchriften über das Behördenſyſtem und die
Kompetenz der einzelnen Behörden zu entſcheiden. In beiden Be-
ziehungen aber muß man ſich hüten, die Anſätze des Staatshaus-
halts mit Rechtsregeln zu verwechſeln. Das Staatsoberhaupt
kann durch die Anſtellung eines Beamten, welchem ein Gehalt zu-
gebilligt wird, ohne daß daſſelbe im Budget ausgeworfen iſt, eine
Rechtsverletzung ſich zu Schulden kommen laſſen; deſſenungeachtet
aber bleibt die Uebertragung des Amtes und die damit verbundene
Vollmacht völlig rechtswirkſam, wenn ſie in den vorgeſchriebenen
Formen erfolgt iſt. Ebenſo ſind die von einer Behörde innerhalb
ihrer geſetzlichen Kompetenz abgeſchloſſenen Verträge völlig rechts-
wirkſam, wenngleich ſie die im Etat angeſetzten Summen über-
ſteigen. Inwieweit der Beamte dafür von ſeinem Vorgeſetzten
zur Verantwortung gezogen, vielleicht zum Erſatz angehalten wer-
den kann, iſt eine den Dritten nicht berührende Frage.

b) Hinſichtlich des Inhaltes der Verträge. Im Allge-
meinen beſteht auf dem Gebiete des Verkehrsrechtes volle Freiheit
der Contrahenten, innerhalb der geſetzlichen Schranken zu verein-
baren, was ihnen beliebt. Die Grundſätze des Obligationenrechts
haben regelmäßig den Charakter des ius dispositivum. Dies gilt
prinzipiell auch von den Rechtsgeſchäften, welche zum Zwecke der
Staatsverwaltung geſchloſſen werden. Grade an den unzähligen
Verträgen, welche die Verwaltungsbehörden abzuſchließen veran-
laßt ſind, wird es deutlich, daß die Verwaltungsthätigkeit nicht
Anwendung oder Vollziehung der Geſetze iſt; der Staat ſchließt
vielmehr dieſe Verträge mit derſelben Handlungsfreiheit ab wie
jedes andere Rechtsſubject, und die Behörden, welche zur Verwal-
tung der Staatsgeſchäfte berufen ſind, haben bei der Vereinbarung
der Vertragsbedingungen der Regel nach keine andere Stellung
wie ſie die geſchäftsführenden Organe juriſtiſcher Perſonen (Corpo-
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[214/0228] §. 68. Die Formen der Verwaltung. geſchloſſen hat, in rechtsgültiger Weiſe das Amt übertragen worden iſt, und ob der Abſchluß des in Rede ſtehenden Vertrages zu dem Geſchäftskreiſe dieſes Amtes gehört. Beide Fragen ſind ſtaats- rechtlicher Natur. Die erſte iſt nach den über die Anſtellung von Staatsbeamten geltenden Rechtsgrundſätzen, die zweite nach den ſtaatsrechtlichen Vorſchriften über das Behördenſyſtem und die Kompetenz der einzelnen Behörden zu entſcheiden. In beiden Be- ziehungen aber muß man ſich hüten, die Anſätze des Staatshaus- halts mit Rechtsregeln zu verwechſeln. Das Staatsoberhaupt kann durch die Anſtellung eines Beamten, welchem ein Gehalt zu- gebilligt wird, ohne daß daſſelbe im Budget ausgeworfen iſt, eine Rechtsverletzung ſich zu Schulden kommen laſſen; deſſenungeachtet aber bleibt die Uebertragung des Amtes und die damit verbundene Vollmacht völlig rechtswirkſam, wenn ſie in den vorgeſchriebenen Formen erfolgt iſt. Ebenſo ſind die von einer Behörde innerhalb ihrer geſetzlichen Kompetenz abgeſchloſſenen Verträge völlig rechts- wirkſam, wenngleich ſie die im Etat angeſetzten Summen über- ſteigen. Inwieweit der Beamte dafür von ſeinem Vorgeſetzten zur Verantwortung gezogen, vielleicht zum Erſatz angehalten wer- den kann, iſt eine den Dritten nicht berührende Frage. b) Hinſichtlich des Inhaltes der Verträge. Im Allge- meinen beſteht auf dem Gebiete des Verkehrsrechtes volle Freiheit der Contrahenten, innerhalb der geſetzlichen Schranken zu verein- baren, was ihnen beliebt. Die Grundſätze des Obligationenrechts haben regelmäßig den Charakter des ius dispositivum. Dies gilt prinzipiell auch von den Rechtsgeſchäften, welche zum Zwecke der Staatsverwaltung geſchloſſen werden. Grade an den unzähligen Verträgen, welche die Verwaltungsbehörden abzuſchließen veran- laßt ſind, wird es deutlich, daß die Verwaltungsthätigkeit nicht Anwendung oder Vollziehung der Geſetze iſt; der Staat ſchließt vielmehr dieſe Verträge mit derſelben Handlungsfreiheit ab wie jedes andere Rechtsſubject, und die Behörden, welche zur Verwal- tung der Staatsgeſchäfte berufen ſind, haben bei der Vereinbarung der Vertragsbedingungen der Regel nach keine andere Stellung wie ſie die geſchäftsführenden Organe juriſtiſcher Perſonen (Corpo- rationen, Stiftungen, Aktienvereine) überhaupt haben. Ausnahms- weiſe aber kann der Inhalt der Verträge durch Geſetz ſo feſt vor- geſchrieben ſein, daß die Verwaltungsbehörden die Verträge nach

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/228>, abgerufen am 27.11.2024.