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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 52. Schutz der Reichstags-Mitglieder.

3) "Die gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung eines
Reichstags-Mitgliedes wegen Schulden erforderlich." R.-V. Art. 31
Abs. 2. Dieser Satz enthält eine Regel des Civilprozesses 1).
Nach dem R.-G. vom 29. Mai 1868 §. 1 (B.-G.-Bl. S. 237)
ist der Personalarrest als Executionsmittel in bürgerlichen Rechts-
sachen nur insoweit für unstatthaft erklärt, als dadurch die Zahlung
einer Geldsumme oder die Leistung einer Quantität vertretbarer
Sachen oder Werthpapiere erzwungen werden soll. Vorschriften
der partikulären Prozeßordnungen, welche den Personal-Arrest zu-
lassen als Exekutionsmittel, um die Leistung unvertretbarer (indi-
viduell bestimmter) Sachen oder von Handlungen zu erzwingen,
bestehen noch fort. Ferner hat das erwähnte Reichsgesetz §. 2
ausdrücklich aufrecht erhalten die gesetzlichen Vorschriften, welche
den Personalarrest gestatten, um die Einleitung oder Fortsetzung
des Prozeßverfahrens oder die gefährdete Exekution in das Ver-
mögen des Schuldners zu sichern (Sicherungsarrest). Alle diese
partikulären Prozeßregeln werden durch Art. 31 Abs. 2 der R.-V.
modificirt.

4) "Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren
gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs- oder Civil-
haft für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben." R.-V. Art. 31
Abs. 3. Durch diese Vorschrift wird dem Reichstage die Befug-
niß gegeben, die Unterbrechung eines Strafverfahrens, sowie einer
Untersuchungs- oder Civilhaft zu verlangen 2). Auf eine Straf-
vollstreckung kann der Artikel nicht bezogen werden, weil dieselbe
erst nach Beendigung des Strafverfahrens eintritt, nicht mehr
zum Strafverfahren selbst gehört und weil die ausdrückliche Her-
vorhebung "jeder Untersuchungs- oder Civilhaft" es unzweifelhaft
macht, daß die "Strafhaft" dieser Regel nicht mit unterworfen
werden sollte 3). Die Unterbrechung des Strafverfahrens u. s. w.

1) Vrgl. den Entw. der R.-Civilproc.-Ordn. §. 731.
2) Ueber die Unterbrechung der Civilhaft vgl. die übereinstimmende An-
ordnung im Entw. der R.-Civilpr.-Ordn. §. 732 Nr. 1.
3) Dies ist auch durch eine constante Praxis des Reichstages anerkannt,
welche z. B. in den Sitzungen vom 12. März 1874 (Stenogr. Ber. S. 305 ff.)
und v. 21. Nov. 1874 (Stenogr. Ber. 1874/75 S. 244 ff.) bestätigt wurde
und welche sich an die feststehende Auslegung, die der mit Art. 31 Abs. 3 über-
einstimmende Art. 84 Abs. 4 der Preuß. Verf.-Urk. im Preußischen Landtage
gefunden hat, anlehnt.
§. 52. Schutz der Reichstags-Mitglieder.

3) „Die gleiche Genehmigung iſt bei einer Verhaftung eines
Reichstags-Mitgliedes wegen Schulden erforderlich.“ R.-V. Art. 31
Abſ. 2. Dieſer Satz enthält eine Regel des Civilprozeſſes 1).
Nach dem R.-G. vom 29. Mai 1868 §. 1 (B.-G.-Bl. S. 237)
iſt der Perſonalarreſt als Executionsmittel in bürgerlichen Rechts-
ſachen nur inſoweit für unſtatthaft erklärt, als dadurch die Zahlung
einer Geldſumme oder die Leiſtung einer Quantität vertretbarer
Sachen oder Werthpapiere erzwungen werden ſoll. Vorſchriften
der partikulären Prozeßordnungen, welche den Perſonal-Arreſt zu-
laſſen als Exekutionsmittel, um die Leiſtung unvertretbarer (indi-
viduell beſtimmter) Sachen oder von Handlungen zu erzwingen,
beſtehen noch fort. Ferner hat das erwähnte Reichsgeſetz §. 2
ausdrücklich aufrecht erhalten die geſetzlichen Vorſchriften, welche
den Perſonalarreſt geſtatten, um die Einleitung oder Fortſetzung
des Prozeßverfahrens oder die gefährdete Exekution in das Ver-
mögen des Schuldners zu ſichern (Sicherungsarreſt). Alle dieſe
partikulären Prozeßregeln werden durch Art. 31 Abſ. 2 der R.-V.
modificirt.

4) „Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren
gegen ein Mitglied deſſelben und jede Unterſuchungs- oder Civil-
haft für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.“ R.-V. Art. 31
Abſ. 3. Durch dieſe Vorſchrift wird dem Reichstage die Befug-
niß gegeben, die Unterbrechung eines Strafverfahrens, ſowie einer
Unterſuchungs- oder Civilhaft zu verlangen 2). Auf eine Straf-
vollſtreckung kann der Artikel nicht bezogen werden, weil dieſelbe
erſt nach Beendigung des Strafverfahrens eintritt, nicht mehr
zum Strafverfahren ſelbſt gehört und weil die ausdrückliche Her-
vorhebung „jeder Unterſuchungs- oder Civilhaft“ es unzweifelhaft
macht, daß die „Strafhaft“ dieſer Regel nicht mit unterworfen
werden ſollte 3). Die Unterbrechung des Strafverfahrens u. ſ. w.

1) Vrgl. den Entw. der R.-Civilproc.-Ordn. §. 731.
2) Ueber die Unterbrechung der Civilhaft vgl. die übereinſtimmende An-
ordnung im Entw. der R.-Civilpr.-Ordn. §. 732 Nr. 1.
3) Dies iſt auch durch eine conſtante Praxis des Reichstages anerkannt,
welche z. B. in den Sitzungen vom 12. März 1874 (Stenogr. Ber. S. 305 ff.)
und v. 21. Nov. 1874 (Stenogr. Ber. 1874/75 S. 244 ff.) beſtätigt wurde
und welche ſich an die feſtſtehende Auslegung, die der mit Art. 31 Abſ. 3 über-
einſtimmende Art. 84 Abſ. 4 der Preuß. Verf.-Urk. im Preußiſchen Landtage
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[574/0594] §. 52. Schutz der Reichstags-Mitglieder. 3) „Die gleiche Genehmigung iſt bei einer Verhaftung eines Reichstags-Mitgliedes wegen Schulden erforderlich.“ R.-V. Art. 31 Abſ. 2. Dieſer Satz enthält eine Regel des Civilprozeſſes 1). Nach dem R.-G. vom 29. Mai 1868 §. 1 (B.-G.-Bl. S. 237) iſt der Perſonalarreſt als Executionsmittel in bürgerlichen Rechts- ſachen nur inſoweit für unſtatthaft erklärt, als dadurch die Zahlung einer Geldſumme oder die Leiſtung einer Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere erzwungen werden ſoll. Vorſchriften der partikulären Prozeßordnungen, welche den Perſonal-Arreſt zu- laſſen als Exekutionsmittel, um die Leiſtung unvertretbarer (indi- viduell beſtimmter) Sachen oder von Handlungen zu erzwingen, beſtehen noch fort. Ferner hat das erwähnte Reichsgeſetz §. 2 ausdrücklich aufrecht erhalten die geſetzlichen Vorſchriften, welche den Perſonalarreſt geſtatten, um die Einleitung oder Fortſetzung des Prozeßverfahrens oder die gefährdete Exekution in das Ver- mögen des Schuldners zu ſichern (Sicherungsarreſt). Alle dieſe partikulären Prozeßregeln werden durch Art. 31 Abſ. 2 der R.-V. modificirt. 4) „Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied deſſelben und jede Unterſuchungs- oder Civil- haft für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.“ R.-V. Art. 31 Abſ. 3. Durch dieſe Vorſchrift wird dem Reichstage die Befug- niß gegeben, die Unterbrechung eines Strafverfahrens, ſowie einer Unterſuchungs- oder Civilhaft zu verlangen 2). Auf eine Straf- vollſtreckung kann der Artikel nicht bezogen werden, weil dieſelbe erſt nach Beendigung des Strafverfahrens eintritt, nicht mehr zum Strafverfahren ſelbſt gehört und weil die ausdrückliche Her- vorhebung „jeder Unterſuchungs- oder Civilhaft“ es unzweifelhaft macht, daß die „Strafhaft“ dieſer Regel nicht mit unterworfen werden ſollte 3). Die Unterbrechung des Strafverfahrens u. ſ. w. 1) Vrgl. den Entw. der R.-Civilproc.-Ordn. §. 731. 2) Ueber die Unterbrechung der Civilhaft vgl. die übereinſtimmende An- ordnung im Entw. der R.-Civilpr.-Ordn. §. 732 Nr. 1. 3) Dies iſt auch durch eine conſtante Praxis des Reichstages anerkannt, welche z. B. in den Sitzungen vom 12. März 1874 (Stenogr. Ber. S. 305 ff.) und v. 21. Nov. 1874 (Stenogr. Ber. 1874/75 S. 244 ff.) beſtätigt wurde und welche ſich an die feſtſtehende Auslegung, die der mit Art. 31 Abſ. 3 über- einſtimmende Art. 84 Abſ. 4 der Preuß. Verf.-Urk. im Preußiſchen Landtage gefunden hat, anlehnt.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/594>, abgerufen am 22.11.2024.