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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
Drohung, aber durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder Andro-
hung eines bestimmten Mißbrauchs derselben begangen hat 1).
§. 339, Abs. 3.

c) Wer ein unrichtiges Ergebniß der Wahlhandlung vorsätz-
lich herbeiführt, wird, wenn er mit der Sammlung von Wahl-
zetteln oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung be-
auftragt ist, mit Gefängniß von 1 Woche bis zu 3 Jahren bestraft;
wenn er nicht mit der Sammlung der Zettel oder einer anderen
Verrichtung bei dem Wahlgeschäfte beauftragt ist, so tritt Gefäng-
nißstrafe bis zu zwei Jahren ein. Auch kann auf Verlust der
bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 108 2).

d) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit ein Wahlrecht
kauft oder verkauft 3), wird mit Gefängniß von einem Monat
bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürger-
lichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 109 4).

Alle nicht unter diese 4 Kategorien fallende Handlungen,
welche eine Beeinflußung der Wähler bezwecken, sind, sofern sie
nicht gegen die allgemeinen Strafgesetze verstoßen, erlaubt 5). Die
Freiheit der Wahlbeeinflußung ist das Correlat des allgemeinen,
directen Wahlrechts und ohne sie ist die Erzielung einer absoluten
Stimmenmehrheit der Wähler eines Kreises kaum zu erwarten.

1) Vrgl. hiezu Oppenhoff St.-G.-B. Note 9 zu §. 339 und Meves
in v. Holtzendorff's Handb. III. S. 973 ff. und oben S. 438.
2) Vergl. v. Mohl krit. Bemerk. S. 57 fg. Drenkmann a. a. O.
John a. a. O. S. 87 ff.
3) Die civilrechtlichen Begriffe des Kaufs und Verkaufs kommen hier nicht
zur Anwendung. Drenkmann a. a. O. S. 178. John S. 89. Oppen-
hoff
Strafgesetzb. Note 3 zu §. 109 und insbesondere Schwarze Kommen-
tar zum St.-G.-B. zu §. 109.
4) Vgl. v. Mohl a. a. O. S. 61 fg.
5) Dahin gehört namentlich die Verbreitung von Lügen; die Erregung
phantastischer Hoffnungen; die Versicherung, daß die Wahl eines bestimmten
Kandidaten Gott wohlgefällig sei, die eines anderen Krankheiten und Mißernte
u. dergl. Unglücksfälle als Strafen Gottes herbeiführen werde; Bedrohung mit
Verlust der Kundschaft oder mit Dienstentlassung oder mit Kündigung von
Pachtverträgen u. drgl. Alles dies mag man tadeln und beklagen, man muß
es aber als Consequenz des allgemeinen Wahlrechts mit hinnehmen. Andere
zu beeinflussen und sich von ihnen beeinflussen zu lassen, ist ein "unantastbares
Menschenrecht", welches freilich in den Katalogen der "natürlichen Rechte" oder
"Grundrechte" gewöhnlich übergangen wird.

§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
Drohung, aber durch Mißbrauch ſeiner Amtsgewalt oder Andro-
hung eines beſtimmten Mißbrauchs derſelben begangen hat 1).
§. 339, Abſ. 3.

c) Wer ein unrichtiges Ergebniß der Wahlhandlung vorſätz-
lich herbeiführt, wird, wenn er mit der Sammlung von Wahl-
zetteln oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung be-
auftragt iſt, mit Gefängniß von 1 Woche bis zu 3 Jahren beſtraft;
wenn er nicht mit der Sammlung der Zettel oder einer anderen
Verrichtung bei dem Wahlgeſchäfte beauftragt iſt, ſo tritt Gefäng-
nißſtrafe bis zu zwei Jahren ein. Auch kann auf Verluſt der
bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 108 2).

d) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit ein Wahlrecht
kauft oder verkauft 3), wird mit Gefängniß von einem Monat
bis zu zwei Jahren beſtraft; auch kann auf Verluſt der bürger-
lichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 109 4).

Alle nicht unter dieſe 4 Kategorien fallende Handlungen,
welche eine Beeinflußung der Wähler bezwecken, ſind, ſofern ſie
nicht gegen die allgemeinen Strafgeſetze verſtoßen, erlaubt 5). Die
Freiheit der Wahlbeeinflußung iſt das Correlat des allgemeinen,
directen Wahlrechts und ohne ſie iſt die Erzielung einer abſoluten
Stimmenmehrheit der Wähler eines Kreiſes kaum zu erwarten.

1) Vrgl. hiezu Oppenhoff St.-G.-B. Note 9 zu §. 339 und Meves
in v. Holtzendorff’s Handb. III. S. 973 ff. und oben S. 438.
2) Vergl. v. Mohl krit. Bemerk. S. 57 fg. Drenkmann a. a. O.
John a. a. O. S. 87 ff.
3) Die civilrechtlichen Begriffe des Kaufs und Verkaufs kommen hier nicht
zur Anwendung. Drenkmann a. a. O. S. 178. John S. 89. Oppen-
hoff
Strafgeſetzb. Note 3 zu §. 109 und insbeſondere Schwarze Kommen-
tar zum St.-G.-B. zu §. 109.
4) Vgl. v. Mohl a. a. O. S. 61 fg.
5) Dahin gehört namentlich die Verbreitung von Lügen; die Erregung
phantaſtiſcher Hoffnungen; die Verſicherung, daß die Wahl eines beſtimmten
Kandidaten Gott wohlgefällig ſei, die eines anderen Krankheiten und Mißernte
u. dergl. Unglücksfälle als Strafen Gottes herbeiführen werde; Bedrohung mit
Verluſt der Kundſchaft oder mit Dienſtentlaſſung oder mit Kündigung von
Pachtverträgen u. drgl. Alles dies mag man tadeln und beklagen, man muß
es aber als Conſequenz des allgemeinen Wahlrechts mit hinnehmen. Andere
zu beeinfluſſen und ſich von ihnen beeinfluſſen zu laſſen, iſt ein „unantaſtbares
Menſchenrecht“, welches freilich in den Katalogen der „natürlichen Rechte“ oder
„Grundrechte“ gewöhnlich übergangen wird.
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[550/0570] §. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. Drohung, aber durch Mißbrauch ſeiner Amtsgewalt oder Andro- hung eines beſtimmten Mißbrauchs derſelben begangen hat 1). §. 339, Abſ. 3. c) Wer ein unrichtiges Ergebniß der Wahlhandlung vorſätz- lich herbeiführt, wird, wenn er mit der Sammlung von Wahl- zetteln oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung be- auftragt iſt, mit Gefängniß von 1 Woche bis zu 3 Jahren beſtraft; wenn er nicht mit der Sammlung der Zettel oder einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeſchäfte beauftragt iſt, ſo tritt Gefäng- nißſtrafe bis zu zwei Jahren ein. Auch kann auf Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 108 2). d) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit ein Wahlrecht kauft oder verkauft 3), wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu zwei Jahren beſtraft; auch kann auf Verluſt der bürger- lichen Ehrenrechte erkannt werden. §. 109 4). Alle nicht unter dieſe 4 Kategorien fallende Handlungen, welche eine Beeinflußung der Wähler bezwecken, ſind, ſofern ſie nicht gegen die allgemeinen Strafgeſetze verſtoßen, erlaubt 5). Die Freiheit der Wahlbeeinflußung iſt das Correlat des allgemeinen, directen Wahlrechts und ohne ſie iſt die Erzielung einer abſoluten Stimmenmehrheit der Wähler eines Kreiſes kaum zu erwarten. 1) Vrgl. hiezu Oppenhoff St.-G.-B. Note 9 zu §. 339 und Meves in v. Holtzendorff’s Handb. III. S. 973 ff. und oben S. 438. 2) Vergl. v. Mohl krit. Bemerk. S. 57 fg. Drenkmann a. a. O. John a. a. O. S. 87 ff. 3) Die civilrechtlichen Begriffe des Kaufs und Verkaufs kommen hier nicht zur Anwendung. Drenkmann a. a. O. S. 178. John S. 89. Oppen- hoff Strafgeſetzb. Note 3 zu §. 109 und insbeſondere Schwarze Kommen- tar zum St.-G.-B. zu §. 109. 4) Vgl. v. Mohl a. a. O. S. 61 fg. 5) Dahin gehört namentlich die Verbreitung von Lügen; die Erregung phantaſtiſcher Hoffnungen; die Verſicherung, daß die Wahl eines beſtimmten Kandidaten Gott wohlgefällig ſei, die eines anderen Krankheiten und Mißernte u. dergl. Unglücksfälle als Strafen Gottes herbeiführen werde; Bedrohung mit Verluſt der Kundſchaft oder mit Dienſtentlaſſung oder mit Kündigung von Pachtverträgen u. drgl. Alles dies mag man tadeln und beklagen, man muß es aber als Conſequenz des allgemeinen Wahlrechts mit hinnehmen. Andere zu beeinfluſſen und ſich von ihnen beeinfluſſen zu laſſen, iſt ein „unantaſtbares Menſchenrecht“, welches freilich in den Katalogen der „natürlichen Rechte“ oder „Grundrechte“ gewöhnlich übergangen wird.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/570>, abgerufen am 25.11.2024.