setz die Abgrenzung der Wahlkreise bestimmen wird und bis dahin die gegenwärtigen Wahlkreise beizubehalten sind. Jede Verände- rung derselben erfordert daher nicht nur eine mit Genehmigung des Reichstages erlassene Bundesraths-Verordnung, sondern ein förmliches Gesetz 1).
5) Endlich ist hier noch zu erwähnen, daß die von dem Kaiser (R.-V. Art. 12) zu verfügende Vertagung des Reichstages der "Zu- stimmung" des letzteren bedarf, wenn sie die Frist von 30 Tagen übersteigt oder während derselben Session wiederholt wird. R.-V. Art. 26 2).
IV. Eine andere Reihe von Befugnissen des Reichstages läßt sich unter dem gemeinsamen Gesichtspunkte zusammenfassen, daß sie dem Reichstage eine Controle der gesammten Reichsverwaltung ermöglichen. Abgesehen von der Berathung des Etats, welche in- direct diesem Zwecke dient, sind es folgende staatsrechtliche Formen, in denen der Reichstag die Controle über die Regierung des Reiches übt und durch welche ihm die Ausübung dieser Funktion gesichert wird.
1) Art. 72 der R.-V. bestimmt, daß über die Verwendung aller Einnahmen des Reiches durch den Reichskanzler dem Bundes- rathe und dem Reichstage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen ist. Bei der Darstellung des Finanzrechtes wird dieser wichtige Verfassungs-Grundsatz im Einzelnen erörtert werden; hier genügt es, im Allgemeinen die Stellung zu charakterisiren, welche durch denselben dem Reichstage den übrigen Reichsorganen gegen- über gewährt wird. Sowohl die vorläufige "Uebersicht sämmtlicher Einnahmen und Ausgaben", als die definitive, nach erfolgter Prü- fung durch den Rechnungshof vorzulegende "Allgemeine Rechnung" erweisen sich, wie jede Rechnungslegung, als eine Berichter- stattung und zwar als ein Bericht der Reichsregierung über die gesammte Verwaltung in finanzieller Beziehung. Dieser Be- richt hat einerseits den Zweck, dem Reichstag den Nachweis zu erbringen, daß die Verwaltung den bestehenden Vorschriften und
1) Vgl. das Ges. v. 20. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 144) über die Wahl- kreise Beuthen und Kattowitz.
2) Die in Art. 31 der R.-V. erwähnte Genehmigung des Reichstages zur strafrichterlichen Verfolgung oder Verhaftung eines Mitgliedes hat einen an- deren rechtlichen Charakter; vgl. darüber unten §. 52.
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§. 48. Die Zuſtändigkeit des Reichstages.
ſetz die Abgrenzung der Wahlkreiſe beſtimmen wird und bis dahin die gegenwärtigen Wahlkreiſe beizubehalten ſind. Jede Verände- rung derſelben erfordert daher nicht nur eine mit Genehmigung des Reichstages erlaſſene Bundesraths-Verordnung, ſondern ein förmliches Geſetz 1).
5) Endlich iſt hier noch zu erwähnen, daß die von dem Kaiſer (R.-V. Art. 12) zu verfügende Vertagung des Reichstages der „Zu- ſtimmung“ des letzteren bedarf, wenn ſie die Friſt von 30 Tagen überſteigt oder während derſelben Seſſion wiederholt wird. R.-V. Art. 26 2).
IV. Eine andere Reihe von Befugniſſen des Reichstages läßt ſich unter dem gemeinſamen Geſichtspunkte zuſammenfaſſen, daß ſie dem Reichstage eine Controle der geſammten Reichsverwaltung ermöglichen. Abgeſehen von der Berathung des Etats, welche in- direct dieſem Zwecke dient, ſind es folgende ſtaatsrechtliche Formen, in denen der Reichstag die Controle über die Regierung des Reiches übt und durch welche ihm die Ausübung dieſer Funktion geſichert wird.
1) Art. 72 der R.-V. beſtimmt, daß über die Verwendung aller Einnahmen des Reiches durch den Reichskanzler dem Bundes- rathe und dem Reichstage zur Entlaſtung jährlich Rechnung zu legen iſt. Bei der Darſtellung des Finanzrechtes wird dieſer wichtige Verfaſſungs-Grundſatz im Einzelnen erörtert werden; hier genügt es, im Allgemeinen die Stellung zu charakteriſiren, welche durch denſelben dem Reichstage den übrigen Reichsorganen gegen- über gewährt wird. Sowohl die vorläufige „Ueberſicht ſämmtlicher Einnahmen und Ausgaben“, als die definitive, nach erfolgter Prü- fung durch den Rechnungshof vorzulegende „Allgemeine Rechnung“ erweiſen ſich, wie jede Rechnungslegung, als eine Berichter- ſtattung und zwar als ein Bericht der Reichsregierung über die geſammte Verwaltung in finanzieller Beziehung. Dieſer Be- richt hat einerſeits den Zweck, dem Reichstag den Nachweis zu erbringen, daß die Verwaltung den beſtehenden Vorſchriften und
1) Vgl. das Geſ. v. 20. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 144) über die Wahl- kreiſe Beuthen und Kattowitz.
2) Die in Art. 31 der R.-V. erwähnte Genehmigung des Reichstages zur ſtrafrichterlichen Verfolgung oder Verhaftung eines Mitgliedes hat einen an- deren rechtlichen Charakter; vgl. darüber unten §. 52.
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§. 48. Die Zuſtändigkeit des Reichstages.
ſetz die Abgrenzung der Wahlkreiſe beſtimmen wird und bis dahin
die gegenwärtigen Wahlkreiſe beizubehalten ſind. Jede Verände-
rung derſelben erfordert daher nicht nur eine mit Genehmigung
des Reichstages erlaſſene Bundesraths-Verordnung, ſondern ein
förmliches Geſetz 1).
5) Endlich iſt hier noch zu erwähnen, daß die von dem Kaiſer
(R.-V. Art. 12) zu verfügende Vertagung des Reichstages der „Zu-
ſtimmung“ des letzteren bedarf, wenn ſie die Friſt von 30 Tagen
überſteigt oder während derſelben Seſſion wiederholt wird. R.-V.
Art. 26 2).
IV. Eine andere Reihe von Befugniſſen des Reichstages läßt
ſich unter dem gemeinſamen Geſichtspunkte zuſammenfaſſen, daß ſie
dem Reichstage eine Controle der geſammten Reichsverwaltung
ermöglichen. Abgeſehen von der Berathung des Etats, welche in-
direct dieſem Zwecke dient, ſind es folgende ſtaatsrechtliche Formen,
in denen der Reichstag die Controle über die Regierung des Reiches
übt und durch welche ihm die Ausübung dieſer Funktion geſichert
wird.
1) Art. 72 der R.-V. beſtimmt, daß über die Verwendung
aller Einnahmen des Reiches durch den Reichskanzler dem Bundes-
rathe und dem Reichstage zur Entlaſtung jährlich Rechnung zu
legen iſt. Bei der Darſtellung des Finanzrechtes wird dieſer
wichtige Verfaſſungs-Grundſatz im Einzelnen erörtert werden; hier
genügt es, im Allgemeinen die Stellung zu charakteriſiren, welche
durch denſelben dem Reichstage den übrigen Reichsorganen gegen-
über gewährt wird. Sowohl die vorläufige „Ueberſicht ſämmtlicher
Einnahmen und Ausgaben“, als die definitive, nach erfolgter Prü-
fung durch den Rechnungshof vorzulegende „Allgemeine Rechnung“
erweiſen ſich, wie jede Rechnungslegung, als eine Berichter-
ſtattung und zwar als ein Bericht der Reichsregierung über
die geſammte Verwaltung in finanzieller Beziehung. Dieſer Be-
richt hat einerſeits den Zweck, dem Reichstag den Nachweis zu
erbringen, daß die Verwaltung den beſtehenden Vorſchriften und
1) Vgl. das Geſ. v. 20. Juni 1873 (R.-G.-Bl. S. 144) über die Wahl-
kreiſe Beuthen und Kattowitz.
2) Die in Art. 31 der R.-V. erwähnte Genehmigung des Reichstages zur
ſtrafrichterlichen Verfolgung oder Verhaftung eines Mitgliedes hat einen an-
deren rechtlichen Charakter; vgl. darüber unten §. 52.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/535>, abgerufen am 22.11.2024.
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