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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 44. Versetzung, Stellung zur Disposition, Suspension.
richterlichen Militär-Justiz-Beamten die Vorschriften der betreffenden
Particularrechte in Anwendung 1).

b) Durch Verfügung der obersten Reichsbehörde
kann ein Beamter vorläufig des Dienstes enthoben werden, wenn
gegen ihn ein gerichtliches Verfahren eingeleitet oder die Einleitung
eines förmlichen Disciplinar-Verfahrens (§. 84) verfügt wird. Auch
im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechtskräftigen
Entscheidung kann diese Verfügung noch getroffen werden 2).

Gegen ein Mitglied des Oberhandelsgerichtes kann, falls eine
Untersuchung gegen dasselbe eingeleitet wird, das Oberhandels-
Gericht mittelst Plenarbeschlusses die Suspension vom Amte für
die Dauer der Untersuchung aussprechen 3). Für die Mitglieder
des Bundesamtes für das Heimathwesen steht dieselbe Befugniß
dem Plenum des Bundesamtes zu 4).

c) Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann einem Beamten
auch von solchen Vorgesetzten, die seine Suspension zu verfügen
nicht ermächtigt sind, die Ausübung der Amtsverrichtungen vor-
läufig untersagt werden. Es ist aber darüber sofort an die oberste
Reichsbehörde zu berichten, von deren Entscheidung und Maßnahme
es abhängt, ob sich die Untersagung der Amtsverrichtungen in eine
ordentliche Suspension verwandelt oder ob sie hinwegfällt 5).

2) Die Wirkungen der vorläufigen Dienstenthebung sind
folgende:

a) Die Pflicht des Beamten zur Führung der Amtsgeschäfte
wird nicht nur suspendirt, sondern gleichzeitig ihm auch die mit
dieser Pflicht verbundene Handhabung der Staatsgewalt und Ver-
tretungsbefugniß (die Amtsgewalt) entzogen, so daß die von ihm
dennoch vorgenommenen Dienstgeschäfte rechtlich nicht als Amts-
handlungen anzusehen sind. Ob zugleich der Thatbestand eines straf-
baren Mißbrauchs der Amtsgewalt oder eines anderen Verbrechens
oder Vergehens vorliegt, ist nur nach Lage des einzelnen Falles
zu beurtheilen.

b) Der Anspruch des Beamten auf Gehalt wird durch die

1) Reichsbeamtenges. §. 158.
2) R.-G. §. 127.
3) Ges. v. 12. Juni 1869 §. 24 Abs. 1.
4) Ges. v. 6. Juni 1870 §. 43.
5) R.-G. §. 131.

§. 44. Verſetzung, Stellung zur Dispoſition, Suspenſion.
richterlichen Militär-Juſtiz-Beamten die Vorſchriften der betreffenden
Particularrechte in Anwendung 1).

b) Durch Verfügung der oberſten Reichsbehörde
kann ein Beamter vorläufig des Dienſtes enthoben werden, wenn
gegen ihn ein gerichtliches Verfahren eingeleitet oder die Einleitung
eines förmlichen Disciplinar-Verfahrens (§. 84) verfügt wird. Auch
im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechtskräftigen
Entſcheidung kann dieſe Verfügung noch getroffen werden 2).

Gegen ein Mitglied des Oberhandelsgerichtes kann, falls eine
Unterſuchung gegen daſſelbe eingeleitet wird, das Oberhandels-
Gericht mittelſt Plenarbeſchluſſes die Suspenſion vom Amte für
die Dauer der Unterſuchung ausſprechen 3). Für die Mitglieder
des Bundesamtes für das Heimathweſen ſteht dieſelbe Befugniß
dem Plenum des Bundesamtes zu 4).

c) Wenn Gefahr im Verzuge iſt, kann einem Beamten
auch von ſolchen Vorgeſetzten, die ſeine Suspenſion zu verfügen
nicht ermächtigt ſind, die Ausübung der Amtsverrichtungen vor-
läufig unterſagt werden. Es iſt aber darüber ſofort an die oberſte
Reichsbehörde zu berichten, von deren Entſcheidung und Maßnahme
es abhängt, ob ſich die Unterſagung der Amtsverrichtungen in eine
ordentliche Suspenſion verwandelt oder ob ſie hinwegfällt 5).

2) Die Wirkungen der vorläufigen Dienſtenthebung ſind
folgende:

a) Die Pflicht des Beamten zur Führung der Amtsgeſchäfte
wird nicht nur ſuspendirt, ſondern gleichzeitig ihm auch die mit
dieſer Pflicht verbundene Handhabung der Staatsgewalt und Ver-
tretungsbefugniß (die Amtsgewalt) entzogen, ſo daß die von ihm
dennoch vorgenommenen Dienſtgeſchäfte rechtlich nicht als Amts-
handlungen anzuſehen ſind. Ob zugleich der Thatbeſtand eines ſtraf-
baren Mißbrauchs der Amtsgewalt oder eines anderen Verbrechens
oder Vergehens vorliegt, iſt nur nach Lage des einzelnen Falles
zu beurtheilen.

b) Der Anſpruch des Beamten auf Gehalt wird durch die

1) Reichsbeamtengeſ. §. 158.
2) R.-G. §. 127.
3) Geſ. v. 12. Juni 1869 §. 24 Abſ. 1.
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[485/0505] §. 44. Verſetzung, Stellung zur Dispoſition, Suspenſion. richterlichen Militär-Juſtiz-Beamten die Vorſchriften der betreffenden Particularrechte in Anwendung 1). b) Durch Verfügung der oberſten Reichsbehörde kann ein Beamter vorläufig des Dienſtes enthoben werden, wenn gegen ihn ein gerichtliches Verfahren eingeleitet oder die Einleitung eines förmlichen Disciplinar-Verfahrens (§. 84) verfügt wird. Auch im Laufe des einen oder anderen Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entſcheidung kann dieſe Verfügung noch getroffen werden 2). Gegen ein Mitglied des Oberhandelsgerichtes kann, falls eine Unterſuchung gegen daſſelbe eingeleitet wird, das Oberhandels- Gericht mittelſt Plenarbeſchluſſes die Suspenſion vom Amte für die Dauer der Unterſuchung ausſprechen 3). Für die Mitglieder des Bundesamtes für das Heimathweſen ſteht dieſelbe Befugniß dem Plenum des Bundesamtes zu 4). c) Wenn Gefahr im Verzuge iſt, kann einem Beamten auch von ſolchen Vorgeſetzten, die ſeine Suspenſion zu verfügen nicht ermächtigt ſind, die Ausübung der Amtsverrichtungen vor- läufig unterſagt werden. Es iſt aber darüber ſofort an die oberſte Reichsbehörde zu berichten, von deren Entſcheidung und Maßnahme es abhängt, ob ſich die Unterſagung der Amtsverrichtungen in eine ordentliche Suspenſion verwandelt oder ob ſie hinwegfällt 5). 2) Die Wirkungen der vorläufigen Dienſtenthebung ſind folgende: a) Die Pflicht des Beamten zur Führung der Amtsgeſchäfte wird nicht nur ſuspendirt, ſondern gleichzeitig ihm auch die mit dieſer Pflicht verbundene Handhabung der Staatsgewalt und Ver- tretungsbefugniß (die Amtsgewalt) entzogen, ſo daß die von ihm dennoch vorgenommenen Dienſtgeſchäfte rechtlich nicht als Amts- handlungen anzuſehen ſind. Ob zugleich der Thatbeſtand eines ſtraf- baren Mißbrauchs der Amtsgewalt oder eines anderen Verbrechens oder Vergehens vorliegt, iſt nur nach Lage des einzelnen Falles zu beurtheilen. b) Der Anſpruch des Beamten auf Gehalt wird durch die 1) Reichsbeamtengeſ. §. 158. 2) R.-G. §. 127. 3) Geſ. v. 12. Juni 1869 §. 24 Abſ. 1. 4) Geſ. v. 6. Juni 1870 §. 43. 5) R.-G. §. 131.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/505>, abgerufen am 22.11.2024.