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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
seiner amtlichen Pflichten zu verantworten 1). Gegen die Ver-
hangung von Ordnungsstrafen findet nur Beschwerde im Instanzen-
zuge statt. (§. 82. 83.)

b) Die Entfernung aus dem Amte setzt ein contra-
diktorisches, nach den Formen des accusatorischen Strafprozesses
normirtes Verfahren voraus, welches aus einer schriftlichen Vor-
untersuchung und einer mündlichen Verhandlung besteht. Die
oberste Reichsbehörde verfügt die Einleitung, ernennt den unter-
suchungsführenden Beamten und diejenigen Beamten, welche die
Verrichtungen der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen haben. (§. 84.
85) 2). Nach Beendigung der Voruntersuchung werden die Akten
an die oberste Reichsbehörde eingesandt, nachdem dem Angeschul-
digten der Inhalt der erhobenen Beweismittel mitgetheilt worden
ist. Die oberste Reichsbehörde kann mit Rücksicht auf den Aus-
fall der Voruntersuchung das Verfahren einstellen und geeigneten
Falles eine Ordnungsstrafe verhängen oder die Verweisung der
Sache vor die Disciplinarkammer beschließen. Im letzteren Falle
ist von dem Beamten der Staats-Anwaltschaft eine Anschuldigungs-
schrift anzufertigen, welche dem Angeschuldigten abschriftlich mit-
zutheilen ist. Der Angeschuldigte kann sich des Beistandes eines
Advokaten oder Rechtsanwalts bedienen. Ueber die mündliche Ver-
handlung gelten die gewöhnlichen Vorschriften des Strafprozesses.
Sie ist öffentlich; aus besondern Gründen kann durch Be-
schluß der Disciplinarkammer die Oeffentlichkeit ausgeschlossen oder
auf bestimmte Personen beschränkt werden. Sowohl der Staats-
anwaltschaft als dem Angeschuldigten steht gegen das Erkenntniß
der Disciplinarkammer die Berufung an den Disciplinarhof offen,
welche binnen einer vierwöchentlichen Frist anzumelden ist. (§. §. 94
bis 117.)

9) Der Kaiser hat das Recht, die von den Disciplinarbe-

1) "Ist eine Geldstrafe für den Fall der Nichterledigung einer spe-
ciellen
dienstlichen Verfügung binnen einer bestimmten Frist angedroht, so kann
nach Ablauf der Frist die Geldstrafe ohne Weiteres festgestellt werden". (§. 82
Abs. 3.)
2) Da das Disciplinarverfahren zwar dem Strafverfahren nachgebildet,
aber keine Abart desselben ist und niemals zu einer öffentlichen Strafe führen
kann, so ist die Verhaftung, vorläufige Festnahme oder Vorführung des An-
geschuldigten unzulässig. (§. 94 Abs. 2.)

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
ſeiner amtlichen Pflichten zu verantworten 1). Gegen die Ver-
hangung von Ordnungsſtrafen findet nur Beſchwerde im Inſtanzen-
zuge ſtatt. (§. 82. 83.)

b) Die Entfernung aus dem Amte ſetzt ein contra-
diktoriſches, nach den Formen des accuſatoriſchen Strafprozeſſes
normirtes Verfahren voraus, welches aus einer ſchriftlichen Vor-
unterſuchung und einer mündlichen Verhandlung beſteht. Die
oberſte Reichsbehörde verfügt die Einleitung, ernennt den unter-
ſuchungsführenden Beamten und diejenigen Beamten, welche die
Verrichtungen der Staatsanwaltſchaft wahrzunehmen haben. (§. 84.
85) 2). Nach Beendigung der Vorunterſuchung werden die Akten
an die oberſte Reichsbehörde eingeſandt, nachdem dem Angeſchul-
digten der Inhalt der erhobenen Beweismittel mitgetheilt worden
iſt. Die oberſte Reichsbehörde kann mit Rückſicht auf den Aus-
fall der Vorunterſuchung das Verfahren einſtellen und geeigneten
Falles eine Ordnungsſtrafe verhängen oder die Verweiſung der
Sache vor die Disciplinarkammer beſchließen. Im letzteren Falle
iſt von dem Beamten der Staats-Anwaltſchaft eine Anſchuldigungs-
ſchrift anzufertigen, welche dem Angeſchuldigten abſchriftlich mit-
zutheilen iſt. Der Angeſchuldigte kann ſich des Beiſtandes eines
Advokaten oder Rechtsanwalts bedienen. Ueber die mündliche Ver-
handlung gelten die gewöhnlichen Vorſchriften des Strafprozeſſes.
Sie iſt öffentlich; aus beſondern Gründen kann durch Be-
ſchluß der Disciplinarkammer die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen oder
auf beſtimmte Perſonen beſchränkt werden. Sowohl der Staats-
anwaltſchaft als dem Angeſchuldigten ſteht gegen das Erkenntniß
der Disciplinarkammer die Berufung an den Disciplinarhof offen,
welche binnen einer vierwöchentlichen Friſt anzumelden iſt. (§. §. 94
bis 117.)

9) Der Kaiſer hat das Recht, die von den Disciplinarbe-

1) „Iſt eine Geldſtrafe für den Fall der Nichterledigung einer ſpe-
ciellen
dienſtlichen Verfügung binnen einer beſtimmten Friſt angedroht, ſo kann
nach Ablauf der Friſt die Geldſtrafe ohne Weiteres feſtgeſtellt werden“. (§. 82
Abſ. 3.)
2) Da das Disciplinarverfahren zwar dem Strafverfahren nachgebildet,
aber keine Abart deſſelben iſt und niemals zu einer öffentlichen Strafe führen
kann, ſo iſt die Verhaftung, vorläufige Feſtnahme oder Vorführung des An-
geſchuldigten unzuläſſig. (§. 94 Abſ. 2.)
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[458/0478] §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. ſeiner amtlichen Pflichten zu verantworten 1). Gegen die Ver- hangung von Ordnungsſtrafen findet nur Beſchwerde im Inſtanzen- zuge ſtatt. (§. 82. 83.) b) Die Entfernung aus dem Amte ſetzt ein contra- diktoriſches, nach den Formen des accuſatoriſchen Strafprozeſſes normirtes Verfahren voraus, welches aus einer ſchriftlichen Vor- unterſuchung und einer mündlichen Verhandlung beſteht. Die oberſte Reichsbehörde verfügt die Einleitung, ernennt den unter- ſuchungsführenden Beamten und diejenigen Beamten, welche die Verrichtungen der Staatsanwaltſchaft wahrzunehmen haben. (§. 84. 85) 2). Nach Beendigung der Vorunterſuchung werden die Akten an die oberſte Reichsbehörde eingeſandt, nachdem dem Angeſchul- digten der Inhalt der erhobenen Beweismittel mitgetheilt worden iſt. Die oberſte Reichsbehörde kann mit Rückſicht auf den Aus- fall der Vorunterſuchung das Verfahren einſtellen und geeigneten Falles eine Ordnungsſtrafe verhängen oder die Verweiſung der Sache vor die Disciplinarkammer beſchließen. Im letzteren Falle iſt von dem Beamten der Staats-Anwaltſchaft eine Anſchuldigungs- ſchrift anzufertigen, welche dem Angeſchuldigten abſchriftlich mit- zutheilen iſt. Der Angeſchuldigte kann ſich des Beiſtandes eines Advokaten oder Rechtsanwalts bedienen. Ueber die mündliche Ver- handlung gelten die gewöhnlichen Vorſchriften des Strafprozeſſes. Sie iſt öffentlich; aus beſondern Gründen kann durch Be- ſchluß der Disciplinarkammer die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen oder auf beſtimmte Perſonen beſchränkt werden. Sowohl der Staats- anwaltſchaft als dem Angeſchuldigten ſteht gegen das Erkenntniß der Disciplinarkammer die Berufung an den Disciplinarhof offen, welche binnen einer vierwöchentlichen Friſt anzumelden iſt. (§. §. 94 bis 117.) 9) Der Kaiſer hat das Recht, die von den Disciplinarbe- 1) „Iſt eine Geldſtrafe für den Fall der Nichterledigung einer ſpe- ciellen dienſtlichen Verfügung binnen einer beſtimmten Friſt angedroht, ſo kann nach Ablauf der Friſt die Geldſtrafe ohne Weiteres feſtgeſtellt werden“. (§. 82 Abſ. 3.) 2) Da das Disciplinarverfahren zwar dem Strafverfahren nachgebildet, aber keine Abart deſſelben iſt und niemals zu einer öffentlichen Strafe führen kann, ſo iſt die Verhaftung, vorläufige Feſtnahme oder Vorführung des An- geſchuldigten unzuläſſig. (§. 94 Abſ. 2.)

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/478>, abgerufen am 24.11.2024.