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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
darunter den Fall, daß der thatsächliche Bestand einer Kasse oder
eines Magazins geringer ist als der rechnungsmäßige Sollbestand.
Der Begriff des Defektes ist daher weiter als der der Unterschla-
gung; er umfaßt auch das Manco, welches durch Sorglosigkeit
des Beamten, welchem die Obhut über die Kasse oder das Ma-
gazin obliegt, entstanden ist. Andererseits fällt aber nicht darunter
der Fall, wenn der Beamte aus der Kasse oder dem Magazin
Ausgaben gemacht hat, welche nicht hätten gemacht werden sollen,
oder wenn er sie an einen nicht gehörig legitimirten Empfänger
gemacht hat u. dergl., wofern nur die Zahlung oder Verausga-
bung rechnungsmäßig erfolgt und mit Belägen nachgewiesen ist 1).
Keinen Unterschied macht es, ob der Defekt Reichsvermögen be-
trifft oder Privatvermögen, welches von einer Reichsbehörde ver-
waltet wird 2), oder welches vermöge besonderer amtlicher Anord-
nung in den Gewahrsam eines Reichsbeamten gekommen ist 3).

b) Die Feststellung der Defekte ist zunächst von derjenigen
Behörde zu bewirken, zu deren Geschäftskreise die unmittelbare
Aufsicht über die Kasse oder das Magazin gehört. Diese Fest-
stellung erstreckt sich zugleich darauf, ob ein Reichsbeamter und
event. welcher Beamte für den Defekt zu haften hat und wie hoch
bei einem Defekt an Materialien die zu erstattende Summe in
Gelde zu berechnen ist 4).

Die Behörde hat einen motivirten Beschluß über den Betrag
des Defektes, den zum Ersatz verpflichteten Beamten und den
Grund seiner Verpflichtung abzufassen. Sind alle diese Punkte
hinsichtlich eines Theiles des Defektes klar, während hinsichtlich
eines anderen Theiles noch weitere Ermittelungen erforderlich sind,
so kann der Beschluß zunächst über den Theil abgefaßt werden
unter Vorbehalt weiterer Beschlüsse. Der Beschluß ist vollstreckbar,
falls die Behörde die Eigenschaft einer höheren Reichsbehörde hat;
in allen anderen Fällen bedarf der Beschluß der Prüfung und
Genehmigung der vorgesetzten höheren Reichsbehörde. Von dem

1) Erk. des Preuß. Gerichtshofes zur Entscheid. der Kom-
petenz-Konflikte
v. 25. Oktober 1856 (Just.-Min.-Bl. S. 54). Kann-
gießer
S. 231.
2) Reichsbeamtenges. §. 134.
3) ebendas. §. 136.
4) §. 134. 135 des Gesetzes.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
darunter den Fall, daß der thatſächliche Beſtand einer Kaſſe oder
eines Magazins geringer iſt als der rechnungsmäßige Sollbeſtand.
Der Begriff des Defektes iſt daher weiter als der der Unterſchla-
gung; er umfaßt auch das Manco, welches durch Sorgloſigkeit
des Beamten, welchem die Obhut über die Kaſſe oder das Ma-
gazin obliegt, entſtanden iſt. Andererſeits fällt aber nicht darunter
der Fall, wenn der Beamte aus der Kaſſe oder dem Magazin
Ausgaben gemacht hat, welche nicht hätten gemacht werden ſollen,
oder wenn er ſie an einen nicht gehörig legitimirten Empfänger
gemacht hat u. dergl., wofern nur die Zahlung oder Verausga-
bung rechnungsmäßig erfolgt und mit Belägen nachgewieſen iſt 1).
Keinen Unterſchied macht es, ob der Defekt Reichsvermögen be-
trifft oder Privatvermögen, welches von einer Reichsbehörde ver-
waltet wird 2), oder welches vermöge beſonderer amtlicher Anord-
nung in den Gewahrſam eines Reichsbeamten gekommen iſt 3).

b) Die Feſtſtellung der Defekte iſt zunächſt von derjenigen
Behörde zu bewirken, zu deren Geſchäftskreiſe die unmittelbare
Aufſicht über die Kaſſe oder das Magazin gehört. Dieſe Feſt-
ſtellung erſtreckt ſich zugleich darauf, ob ein Reichsbeamter und
event. welcher Beamte für den Defekt zu haften hat und wie hoch
bei einem Defekt an Materialien die zu erſtattende Summe in
Gelde zu berechnen iſt 4).

Die Behörde hat einen motivirten Beſchluß über den Betrag
des Defektes, den zum Erſatz verpflichteten Beamten und den
Grund ſeiner Verpflichtung abzufaſſen. Sind alle dieſe Punkte
hinſichtlich eines Theiles des Defektes klar, während hinſichtlich
eines anderen Theiles noch weitere Ermittelungen erforderlich ſind,
ſo kann der Beſchluß zunächſt über den Theil abgefaßt werden
unter Vorbehalt weiterer Beſchlüſſe. Der Beſchluß iſt vollſtreckbar,
falls die Behörde die Eigenſchaft einer höheren Reichsbehörde hat;
in allen anderen Fällen bedarf der Beſchluß der Prüfung und
Genehmigung der vorgeſetzten höheren Reichsbehörde. Von dem

1) Erk. des Preuß. Gerichtshofes zur Entſcheid. der Kom-
petenz-Konflikte
v. 25. Oktober 1856 (Juſt.-Min.-Bl. S. 54). Kann-
gießer
S. 231.
2) Reichsbeamtengeſ. §. 134.
3) ebendaſ. §. 136.
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[444/0464] §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. darunter den Fall, daß der thatſächliche Beſtand einer Kaſſe oder eines Magazins geringer iſt als der rechnungsmäßige Sollbeſtand. Der Begriff des Defektes iſt daher weiter als der der Unterſchla- gung; er umfaßt auch das Manco, welches durch Sorgloſigkeit des Beamten, welchem die Obhut über die Kaſſe oder das Ma- gazin obliegt, entſtanden iſt. Andererſeits fällt aber nicht darunter der Fall, wenn der Beamte aus der Kaſſe oder dem Magazin Ausgaben gemacht hat, welche nicht hätten gemacht werden ſollen, oder wenn er ſie an einen nicht gehörig legitimirten Empfänger gemacht hat u. dergl., wofern nur die Zahlung oder Verausga- bung rechnungsmäßig erfolgt und mit Belägen nachgewieſen iſt 1). Keinen Unterſchied macht es, ob der Defekt Reichsvermögen be- trifft oder Privatvermögen, welches von einer Reichsbehörde ver- waltet wird 2), oder welches vermöge beſonderer amtlicher Anord- nung in den Gewahrſam eines Reichsbeamten gekommen iſt 3). b) Die Feſtſtellung der Defekte iſt zunächſt von derjenigen Behörde zu bewirken, zu deren Geſchäftskreiſe die unmittelbare Aufſicht über die Kaſſe oder das Magazin gehört. Dieſe Feſt- ſtellung erſtreckt ſich zugleich darauf, ob ein Reichsbeamter und event. welcher Beamte für den Defekt zu haften hat und wie hoch bei einem Defekt an Materialien die zu erſtattende Summe in Gelde zu berechnen iſt 4). Die Behörde hat einen motivirten Beſchluß über den Betrag des Defektes, den zum Erſatz verpflichteten Beamten und den Grund ſeiner Verpflichtung abzufaſſen. Sind alle dieſe Punkte hinſichtlich eines Theiles des Defektes klar, während hinſichtlich eines anderen Theiles noch weitere Ermittelungen erforderlich ſind, ſo kann der Beſchluß zunächſt über den Theil abgefaßt werden unter Vorbehalt weiterer Beſchlüſſe. Der Beſchluß iſt vollſtreckbar, falls die Behörde die Eigenſchaft einer höheren Reichsbehörde hat; in allen anderen Fällen bedarf der Beſchluß der Prüfung und Genehmigung der vorgeſetzten höheren Reichsbehörde. Von dem 1) Erk. des Preuß. Gerichtshofes zur Entſcheid. der Kom- petenz-Konflikte v. 25. Oktober 1856 (Juſt.-Min.-Bl. S. 54). Kann- gießer S. 231. 2) Reichsbeamtengeſ. §. 134. 3) ebendaſ. §. 136. 4) §. 134. 135 des Geſetzes.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/464>, abgerufen am 24.11.2024.