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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 38. Die Anstellung der Reichsbeamten.
v. 27. Juni 1873 §. 5 Nro. 4) und für die richterlichen Militär-
resp. Marine-Justizbeamten (Ges. v. 2. Mai 1874 §. 7.)

3. Die Form, in welcher der Anstellungs-Vertrag geschlossen
wird, bestimmt sich durch §. 4 des Beamtengesetzes. "Jeder Reichs-
beamte erhält bei seiner Anstellung eine Anstellungs-Ur-
kunde
." Dadurch ist der mündliche Abschluß des Rechtsgeschäfts
ausgeschlossen. Die Anstellungs-Urkunde heißt "Bestallung" 1).
Soweit einer Behörde die Ernennungs-Befugniß delegirt ist, ist
eine schriftliche Eröffnung dieser Behörde an den Beamten genü-
gend 2). Die Ausstellung einer schriftlichen Erklärung des Beamten
über seinen Eintritt in den Reichsdienst findet nicht Statt. Der
Vertrag wird vielmehr abgeschlossen durch die Aushändigung der
Anstellungs-Urkunde, d. h. durch die vorbehaltslose Annahme der-
selben Seitens des Beamten. Correspondenzen über den Eintritt
in den Reichsdienst und über die Bedingungen desselben, welche
zwischen dem anzustellenden Beamten und der zuständigen Reichs-
behörde stattgefunden haben, sind lediglich Vorverhandlungen und
begründen niemals einen rechtlichen Anspruch weder für die Reichs-
regierung auf Uebernahme des Amtes noch für den Beamten auf
Anstellung. Erst mit der Ausstellung und der Annahme der Be-
stallung wird der Vertrag perfekt.

4. Die Wirkungen des Vertrages beginnen im Allgemeinen
mit dem Moment der Perfektion des Vertrages; also mit dem
Empfange des Anstellungs-Dekretes
3). Von diesem
Zeitpunkte an entsteht für den Beamten die Pflicht zum dienstlichen
Gehorsam, zur Befolgung der Disciplinar-Vorschriften, die Be-
schränkung hinsichtlich der Uebernahme anderer Aemter u. s. w. und
ebenso die Befugniß zur Führung des Amtstitels und der übrigen
mit der Beamtenstellung verbundenen Vorrechte, z. B. der Steuer-
Bevorzugungen. Hiervon giebt es aber 2 Ausnahmen:


1) Verordn. vom 31. März 1873. R.-G.-Bl. S. 135.
2) Motive S. 31.
3) Die herrschende Ansicht, welche in der Anstellungs-Urkunde eine lex
specialis
erblickt, läßt die Wirkungen mit dem Datum des Decrets beginnen.
Vgl. z. B. Zachariä II. S. 33 und v. Gerber S. 117. Wie sollen aber
für den Beamten Pflichten erwachsen, so lange er von seiner Anstellung noch
Nichts weiß? Man hilft sich damit, daß man die Pflichten später entstehen
läßt, als die Rechte des Beamten! Vgl. Pözl im Staatswörterbuch IX.
S. 692.

§. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten.
v. 27. Juni 1873 §. 5 Nro. 4) und für die richterlichen Militär-
reſp. Marine-Juſtizbeamten (Geſ. v. 2. Mai 1874 §. 7.)

3. Die Form, in welcher der Anſtellungs-Vertrag geſchloſſen
wird, beſtimmt ſich durch §. 4 des Beamtengeſetzes. „Jeder Reichs-
beamte erhält bei ſeiner Anſtellung eine Anſtellungs-Ur-
kunde
.“ Dadurch iſt der mündliche Abſchluß des Rechtsgeſchäfts
ausgeſchloſſen. Die Anſtellungs-Urkunde heißt „Beſtallung“ 1).
Soweit einer Behörde die Ernennungs-Befugniß delegirt iſt, iſt
eine ſchriftliche Eröffnung dieſer Behörde an den Beamten genü-
gend 2). Die Ausſtellung einer ſchriftlichen Erklärung des Beamten
über ſeinen Eintritt in den Reichsdienſt findet nicht Statt. Der
Vertrag wird vielmehr abgeſchloſſen durch die Aushändigung der
Anſtellungs-Urkunde, d. h. durch die vorbehaltsloſe Annahme der-
ſelben Seitens des Beamten. Correſpondenzen über den Eintritt
in den Reichsdienſt und über die Bedingungen deſſelben, welche
zwiſchen dem anzuſtellenden Beamten und der zuſtändigen Reichs-
behörde ſtattgefunden haben, ſind lediglich Vorverhandlungen und
begründen niemals einen rechtlichen Anſpruch weder für die Reichs-
regierung auf Uebernahme des Amtes noch für den Beamten auf
Anſtellung. Erſt mit der Ausſtellung und der Annahme der Be-
ſtallung wird der Vertrag perfekt.

4. Die Wirkungen des Vertrages beginnen im Allgemeinen
mit dem Moment der Perfektion des Vertrages; alſo mit dem
Empfange des Anſtellungs-Dekretes
3). Von dieſem
Zeitpunkte an entſteht für den Beamten die Pflicht zum dienſtlichen
Gehorſam, zur Befolgung der Disciplinar-Vorſchriften, die Be-
ſchränkung hinſichtlich der Uebernahme anderer Aemter u. ſ. w. und
ebenſo die Befugniß zur Führung des Amtstitels und der übrigen
mit der Beamtenſtellung verbundenen Vorrechte, z. B. der Steuer-
Bevorzugungen. Hiervon giebt es aber 2 Ausnahmen:


1) Verordn. vom 31. März 1873. R.-G.-Bl. S. 135.
2) Motive S. 31.
3) Die herrſchende Anſicht, welche in der Anſtellungs-Urkunde eine lex
specialis
erblickt, läßt die Wirkungen mit dem Datum des Decrets beginnen.
Vgl. z. B. Zachariä II. S. 33 und v. Gerber S. 117. Wie ſollen aber
für den Beamten Pflichten erwachſen, ſo lange er von ſeiner Anſtellung noch
Nichts weiß? Man hilft ſich damit, daß man die Pflichten ſpäter entſtehen
läßt, als die Rechte des Beamten! Vgl. Pözl im Staatswörterbuch IX.
S. 692.
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[407/0427] §. 38. Die Anſtellung der Reichsbeamten. v. 27. Juni 1873 §. 5 Nro. 4) und für die richterlichen Militär- reſp. Marine-Juſtizbeamten (Geſ. v. 2. Mai 1874 §. 7.) 3. Die Form, in welcher der Anſtellungs-Vertrag geſchloſſen wird, beſtimmt ſich durch §. 4 des Beamtengeſetzes. „Jeder Reichs- beamte erhält bei ſeiner Anſtellung eine Anſtellungs-Ur- kunde.“ Dadurch iſt der mündliche Abſchluß des Rechtsgeſchäfts ausgeſchloſſen. Die Anſtellungs-Urkunde heißt „Beſtallung“ 1). Soweit einer Behörde die Ernennungs-Befugniß delegirt iſt, iſt eine ſchriftliche Eröffnung dieſer Behörde an den Beamten genü- gend 2). Die Ausſtellung einer ſchriftlichen Erklärung des Beamten über ſeinen Eintritt in den Reichsdienſt findet nicht Statt. Der Vertrag wird vielmehr abgeſchloſſen durch die Aushändigung der Anſtellungs-Urkunde, d. h. durch die vorbehaltsloſe Annahme der- ſelben Seitens des Beamten. Correſpondenzen über den Eintritt in den Reichsdienſt und über die Bedingungen deſſelben, welche zwiſchen dem anzuſtellenden Beamten und der zuſtändigen Reichs- behörde ſtattgefunden haben, ſind lediglich Vorverhandlungen und begründen niemals einen rechtlichen Anſpruch weder für die Reichs- regierung auf Uebernahme des Amtes noch für den Beamten auf Anſtellung. Erſt mit der Ausſtellung und der Annahme der Be- ſtallung wird der Vertrag perfekt. 4. Die Wirkungen des Vertrages beginnen im Allgemeinen mit dem Moment der Perfektion des Vertrages; alſo mit dem Empfange des Anſtellungs-Dekretes 3). Von dieſem Zeitpunkte an entſteht für den Beamten die Pflicht zum dienſtlichen Gehorſam, zur Befolgung der Disciplinar-Vorſchriften, die Be- ſchränkung hinſichtlich der Uebernahme anderer Aemter u. ſ. w. und ebenſo die Befugniß zur Führung des Amtstitels und der übrigen mit der Beamtenſtellung verbundenen Vorrechte, z. B. der Steuer- Bevorzugungen. Hiervon giebt es aber 2 Ausnahmen: 1) Verordn. vom 31. März 1873. R.-G.-Bl. S. 135. 2) Motive S. 31. 3) Die herrſchende Anſicht, welche in der Anſtellungs-Urkunde eine lex specialis erblickt, läßt die Wirkungen mit dem Datum des Decrets beginnen. Vgl. z. B. Zachariä II. S. 33 und v. Gerber S. 117. Wie ſollen aber für den Beamten Pflichten erwachſen, ſo lange er von ſeiner Anſtellung noch Nichts weiß? Man hilft ſich damit, daß man die Pflichten ſpäter entſtehen läßt, als die Rechte des Beamten! Vgl. Pözl im Staatswörterbuch IX. S. 692.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/427>, abgerufen am 22.11.2024.