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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
füllung, sondern Erfüllung der übernommenen Treue und Gehor-
samspflicht 1).

Mithin unterscheidet sich der Dienst des Beamten dadurch
von dem Dienst des Unterthanen, daß der letztere ihn leisten muß,
ohne daß er sich durch seinen freien Willensentschluß dazu ver-
pflichtet hat, und dadurch von dem Dienst desjenigen, den der
Staat gemiethet hat, daß der letztere dem Staate als gleichberech-
tigter Contrahent gegenüber steht. Die, durch diesen doppelten
Gegensatz bestimmte Art des Dienstverhältnisses liefert das ent-
scheidende, wesentliche Kriterium des juristischen Begriffes des
Beamten.

Ist diese Definition richtig, so folgt zugleich daraus, daß eine
Reihe von anderen Kriterien, welche in der Literatur öfters als
begriffsbestimmend angegeben werden, nicht von Erheblichkeit ist.

Nicht entscheidend ist der Anspruch auf Gehalt 2); es gibt
auch unbesoldete Staatsbeamte z. B. Wahlkonsuln, sogen. Hono-
rar-Professoren u. s. w.

Das Reichsbeamtengesetz erwähnt im Art. 16 Abs. 2 und

1) Die richtige Auffassung des Beamten-Verhältnisses finde ich in der
neueren staatsrechtlichen Literatur bei Schmitthenner Grundlinien des
allgemeinen oder idealen Staatsr. Gießen 1845 S. 509. Er sagt: "Das or-
ganische Verhältniß des Staatsdienstes wird, wo nicht Jemand ein Amt durch
Geburt erwirbt, durch Vertrag eingegangen. Der Staatsdienst ist nicht, wie
etwa der gemeine Militärdienst, eine Pflicht, welche der Regent durch Befehl
und Gesetz auferlegen kann. -- Wenn Manche, wie z. B. Hegel (Rechtsphilos.
§. 75. 294) sich hiergegen erklären, so beruht dies einfach auf dem Irrthum,
daß sie den Vertrag im Allgemeinen mit einer bloßen Art desselben, dem Ver-
trag des abstracten Vermögensrechts, namentlich dem obligatorischen gleich-
setzen. Es ist freilich kein Obligationsverhältniß, sondern ein besonderes öffent-
liches, folglich ein organisches Subjectionsverhältniß, welches durch den Staats-
dienstvertrag gegründet wird, wie schon daraus hervorgeht, daß der Staat
nicht ein bloßes Klagerecht, sondern das Recht zu Befehl und Zwang erhält."
Auch Welcker in seinem Staatslexikon Bd. 12 S. 300 im Art. "Staats-
dienst" hat eine sehr ähnliche Auffassung; jedoch bezeichnet er das Rechtsver-
hältniß des Beamten zum Staat als ein "gemischtes", nämlich theils privat-
rechtliches theils öffentlichrechtliches, was ich für unrichtig halte.
2) In der älteren Literatur wird durchweg hierauf das entscheidende
Gewicht gelegt; aber auch die neuesten Darstellungen gehen fast ausnahmslos
von der Anschauung aus, daß eine Besoldung nicht blos ein Naturale, sondern
ein Essentiale des Beamten-Verhältnisses sei. Vgl. z. B. Schulze a. a. O.
I. S. 336. -- Richtig Bluntschli Allgemeines Staatsr. S. 125.

§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
füllung, ſondern Erfüllung der übernommenen Treue und Gehor-
ſamspflicht 1).

Mithin unterſcheidet ſich der Dienſt des Beamten dadurch
von dem Dienſt des Unterthanen, daß der letztere ihn leiſten muß,
ohne daß er ſich durch ſeinen freien Willensentſchluß dazu ver-
pflichtet hat, und dadurch von dem Dienſt desjenigen, den der
Staat gemiethet hat, daß der letztere dem Staate als gleichberech-
tigter Contrahent gegenüber ſteht. Die, durch dieſen doppelten
Gegenſatz beſtimmte Art des Dienſtverhältniſſes liefert das ent-
ſcheidende, weſentliche Kriterium des juriſtiſchen Begriffes des
Beamten.

Iſt dieſe Definition richtig, ſo folgt zugleich daraus, daß eine
Reihe von anderen Kriterien, welche in der Literatur öfters als
begriffsbeſtimmend angegeben werden, nicht von Erheblichkeit iſt.

Nicht entſcheidend iſt der Anſpruch auf Gehalt 2); es gibt
auch unbeſoldete Staatsbeamte z. B. Wahlkonſuln, ſogen. Hono-
rar-Profeſſoren u. ſ. w.

Das Reichsbeamtengeſetz erwähnt im Art. 16 Abſ. 2 und

1) Die richtige Auffaſſung des Beamten-Verhältniſſes finde ich in der
neueren ſtaatsrechtlichen Literatur bei Schmitthenner Grundlinien des
allgemeinen oder idealen Staatsr. Gießen 1845 S. 509. Er ſagt: „Das or-
ganiſche Verhältniß des Staatsdienſtes wird, wo nicht Jemand ein Amt durch
Geburt erwirbt, durch Vertrag eingegangen. Der Staatsdienſt iſt nicht, wie
etwa der gemeine Militärdienſt, eine Pflicht, welche der Regent durch Befehl
und Geſetz auferlegen kann. — Wenn Manche, wie z. B. Hegel (Rechtsphiloſ.
§. 75. 294) ſich hiergegen erklären, ſo beruht dies einfach auf dem Irrthum,
daß ſie den Vertrag im Allgemeinen mit einer bloßen Art deſſelben, dem Ver-
trag des abſtracten Vermögensrechts, namentlich dem obligatoriſchen gleich-
ſetzen. Es iſt freilich kein Obligationsverhältniß, ſondern ein beſonderes öffent-
liches, folglich ein organiſches Subjectionsverhältniß, welches durch den Staats-
dienſtvertrag gegründet wird, wie ſchon daraus hervorgeht, daß der Staat
nicht ein bloßes Klagerecht, ſondern das Recht zu Befehl und Zwang erhält.“
Auch Welcker in ſeinem Staatslexikon Bd. 12 S. 300 im Art. „Staats-
dienſt“ hat eine ſehr ähnliche Auffaſſung; jedoch bezeichnet er das Rechtsver-
hältniß des Beamten zum Staat als ein „gemiſchtes“, nämlich theils privat-
rechtliches theils öffentlichrechtliches, was ich für unrichtig halte.
2) In der älteren Literatur wird durchweg hierauf das entſcheidende
Gewicht gelegt; aber auch die neueſten Darſtellungen gehen faſt ausnahmslos
von der Anſchauung aus, daß eine Beſoldung nicht blos ein Naturale, ſondern
ein Essentiale des Beamten-Verhältniſſes ſei. Vgl. z. B. Schulze a. a. O.
I. S. 336. — Richtig Bluntſchli Allgemeines Staatsr. S. 125.
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[388/0408] §. 37. Der Begriff der Reichsbeamten. füllung, ſondern Erfüllung der übernommenen Treue und Gehor- ſamspflicht 1). Mithin unterſcheidet ſich der Dienſt des Beamten dadurch von dem Dienſt des Unterthanen, daß der letztere ihn leiſten muß, ohne daß er ſich durch ſeinen freien Willensentſchluß dazu ver- pflichtet hat, und dadurch von dem Dienſt desjenigen, den der Staat gemiethet hat, daß der letztere dem Staate als gleichberech- tigter Contrahent gegenüber ſteht. Die, durch dieſen doppelten Gegenſatz beſtimmte Art des Dienſtverhältniſſes liefert das ent- ſcheidende, weſentliche Kriterium des juriſtiſchen Begriffes des Beamten. Iſt dieſe Definition richtig, ſo folgt zugleich daraus, daß eine Reihe von anderen Kriterien, welche in der Literatur öfters als begriffsbeſtimmend angegeben werden, nicht von Erheblichkeit iſt. Nicht entſcheidend iſt der Anſpruch auf Gehalt 2); es gibt auch unbeſoldete Staatsbeamte z. B. Wahlkonſuln, ſogen. Hono- rar-Profeſſoren u. ſ. w. Das Reichsbeamtengeſetz erwähnt im Art. 16 Abſ. 2 und 1) Die richtige Auffaſſung des Beamten-Verhältniſſes finde ich in der neueren ſtaatsrechtlichen Literatur bei Schmitthenner Grundlinien des allgemeinen oder idealen Staatsr. Gießen 1845 S. 509. Er ſagt: „Das or- ganiſche Verhältniß des Staatsdienſtes wird, wo nicht Jemand ein Amt durch Geburt erwirbt, durch Vertrag eingegangen. Der Staatsdienſt iſt nicht, wie etwa der gemeine Militärdienſt, eine Pflicht, welche der Regent durch Befehl und Geſetz auferlegen kann. — Wenn Manche, wie z. B. Hegel (Rechtsphiloſ. §. 75. 294) ſich hiergegen erklären, ſo beruht dies einfach auf dem Irrthum, daß ſie den Vertrag im Allgemeinen mit einer bloßen Art deſſelben, dem Ver- trag des abſtracten Vermögensrechts, namentlich dem obligatoriſchen gleich- ſetzen. Es iſt freilich kein Obligationsverhältniß, ſondern ein beſonderes öffent- liches, folglich ein organiſches Subjectionsverhältniß, welches durch den Staats- dienſtvertrag gegründet wird, wie ſchon daraus hervorgeht, daß der Staat nicht ein bloßes Klagerecht, ſondern das Recht zu Befehl und Zwang erhält.“ Auch Welcker in ſeinem Staatslexikon Bd. 12 S. 300 im Art. „Staats- dienſt“ hat eine ſehr ähnliche Auffaſſung; jedoch bezeichnet er das Rechtsver- hältniß des Beamten zum Staat als ein „gemiſchtes“, nämlich theils privat- rechtliches theils öffentlichrechtliches, was ich für unrichtig halte. 2) In der älteren Literatur wird durchweg hierauf das entſcheidende Gewicht gelegt; aber auch die neueſten Darſtellungen gehen faſt ausnahmslos von der Anſchauung aus, daß eine Beſoldung nicht blos ein Naturale, ſondern ein Essentiale des Beamten-Verhältniſſes ſei. Vgl. z. B. Schulze a. a. O. I. S. 336. — Richtig Bluntſchli Allgemeines Staatsr. S. 125.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/408>, abgerufen am 22.11.2024.