aufgestellten Grundsätze in den Norddeutschen Bund einzu- treten."
Dieser Bündniß-Vertrag vom 18. August 1866 bildet die völkerrechtliche Grundlage für die Errichtung des Norddeutschen Bundes und sein Verhältniß zu der nachmaligen Bundesverfassung ist für die gesammte staatsrechtliche Auffassung des Norddeutschen Bundes und des deutschen Reiches von so großer Wichtigkeit, daß ein näheres Eingehen auf seinen Inhalt uner- läßlich ist.
Der Vertrag vom 18. August 1866 steht im schärfsten Gegen- satz zu dem Bundesvertrage von 1815. Der letztere schuf eine politische Organisation Deutschlands, sein Inhalt war demgemäß auf die Dauer berechnet; der Bund war ein "beständiger" d. h. ein unauflöslicher, von dem sich kein Mitglied lossagen durfte, für den kein vorausbestimmter Endtermin fixirt war; sein Zweck zwar nach Art. 2 und 6 der Bundes-Acte ein für alle Zeiten realisir- barer 1); die Bundesacte enthielt die Verfassung des Bundes, soweit man den Ausdruck Verfassung von einem vertragsmäßigen Rechts- verhältniß gebrauchen darf.
Das Bündniß vom 18. August 1866 ist in allen diesen Be- ziehungen verschieden. Die Dauer des Bündnisses ist durch Art. 6 auf ein Jahr festgesetzt; mit Ablauf dieses Zeitraumes erlosch der Vertrag von selbst, falls er nicht schon vorher durch Gründung eines dauernden Bundesverhältnisses erledigt wurde 2).
Die Pflichten, welche die Contrahenten gegen einander über- nahmen, lassen sich auf zwei Punkte zurückführen.
1) Sie schlossen ein Offensiv- und Defensiv-Bündniß zur Er- haltung der Unabhängigkeit und Integrität, sowie der inneren und äußeren Sicherheit ihrer Staaten (Art. 1) und stellten ihre Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen, mit dem Vorbehalt, daß die Leistungen während des Kriegs durch besondere Verabredungen geregelt werden (Art. 4).
1) Art. 2. "Der Zweck des Bundes ist Erhaltung der äußeren und in- neren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten." Art. 6 erwähnt "gemeinnützige Anordnungen."
2) Vgl. die Rede des Fürsten Bismarck in der Reichstags-Sitzung vom 4. März 1867. (Sten. Ber. S. 41.)
Laband, Reichsstaatsrecht. I. 2
§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.
aufgeſtellten Grundſätze in den Norddeutſchen Bund einzu- treten.“
Dieſer Bündniß-Vertrag vom 18. Auguſt 1866 bildet die völkerrechtliche Grundlage für die Errichtung des Norddeutſchen Bundes und ſein Verhältniß zu der nachmaligen Bundesverfaſſung iſt für die geſammte ſtaatsrechtliche Auffaſſung des Norddeutſchen Bundes und des deutſchen Reiches von ſo großer Wichtigkeit, daß ein näheres Eingehen auf ſeinen Inhalt uner- läßlich iſt.
Der Vertrag vom 18. Auguſt 1866 ſteht im ſchärfſten Gegen- ſatz zu dem Bundesvertrage von 1815. Der letztere ſchuf eine politiſche Organiſation Deutſchlands, ſein Inhalt war demgemäß auf die Dauer berechnet; der Bund war ein „beſtändiger“ d. h. ein unauflöslicher, von dem ſich kein Mitglied losſagen durfte, für den kein vorausbeſtimmter Endtermin fixirt war; ſein Zweck zwar nach Art. 2 und 6 der Bundes-Acte ein für alle Zeiten realiſir- barer 1); die Bundesacte enthielt die Verfaſſung des Bundes, ſoweit man den Ausdruck Verfaſſung von einem vertragsmäßigen Rechts- verhältniß gebrauchen darf.
Das Bündniß vom 18. Auguſt 1866 iſt in allen dieſen Be- ziehungen verſchieden. Die Dauer des Bündniſſes iſt durch Art. 6 auf ein Jahr feſtgeſetzt; mit Ablauf dieſes Zeitraumes erloſch der Vertrag von ſelbſt, falls er nicht ſchon vorher durch Gründung eines dauernden Bundesverhältniſſes erledigt wurde 2).
Die Pflichten, welche die Contrahenten gegen einander über- nahmen, laſſen ſich auf zwei Punkte zurückführen.
1) Sie ſchloſſen ein Offenſiv- und Defenſiv-Bündniß zur Er- haltung der Unabhängigkeit und Integrität, ſowie der inneren und äußeren Sicherheit ihrer Staaten (Art. 1) und ſtellten ihre Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen, mit dem Vorbehalt, daß die Leiſtungen während des Kriegs durch beſondere Verabredungen geregelt werden (Art. 4).
1) Art. 2. „Der Zweck des Bundes iſt Erhaltung der äußeren und in- neren Sicherheit Deutſchlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutſchen Staaten.“ Art. 6 erwähnt „gemeinnützige Anordnungen.“
2) Vgl. die Rede des Fürſten Bismarck in der Reichstags-Sitzung vom 4. März 1867. (Sten. Ber. S. 41.)
Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 2
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§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.
aufgeſtellten Grundſätze in den Norddeutſchen Bund einzu-
treten.“
Dieſer Bündniß-Vertrag vom 18. Auguſt 1866 bildet
die völkerrechtliche Grundlage für die Errichtung des
Norddeutſchen Bundes und ſein Verhältniß zu der nachmaligen
Bundesverfaſſung iſt für die geſammte ſtaatsrechtliche Auffaſſung
des Norddeutſchen Bundes und des deutſchen Reiches von ſo großer
Wichtigkeit, daß ein näheres Eingehen auf ſeinen Inhalt uner-
läßlich iſt.
Der Vertrag vom 18. Auguſt 1866 ſteht im ſchärfſten Gegen-
ſatz zu dem Bundesvertrage von 1815. Der letztere ſchuf eine
politiſche Organiſation Deutſchlands, ſein Inhalt war demgemäß
auf die Dauer berechnet; der Bund war ein „beſtändiger“ d. h.
ein unauflöslicher, von dem ſich kein Mitglied losſagen durfte, für
den kein vorausbeſtimmter Endtermin fixirt war; ſein Zweck zwar
nach Art. 2 und 6 der Bundes-Acte ein für alle Zeiten realiſir-
barer 1); die Bundesacte enthielt die Verfaſſung des Bundes, ſoweit
man den Ausdruck Verfaſſung von einem vertragsmäßigen Rechts-
verhältniß gebrauchen darf.
Das Bündniß vom 18. Auguſt 1866 iſt in allen dieſen Be-
ziehungen verſchieden. Die Dauer des Bündniſſes iſt durch Art. 6
auf ein Jahr feſtgeſetzt; mit Ablauf dieſes Zeitraumes erloſch
der Vertrag von ſelbſt, falls er nicht ſchon vorher durch Gründung
eines dauernden Bundesverhältniſſes erledigt wurde 2).
Die Pflichten, welche die Contrahenten gegen einander über-
nahmen, laſſen ſich auf zwei Punkte zurückführen.
1) Sie ſchloſſen ein Offenſiv- und Defenſiv-Bündniß zur Er-
haltung der Unabhängigkeit und Integrität, ſowie der inneren
und äußeren Sicherheit ihrer Staaten (Art. 1) und ſtellten ihre
Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen, mit dem
Vorbehalt, daß die Leiſtungen während des Kriegs durch beſondere
Verabredungen geregelt werden (Art. 4).
1) Art. 2. „Der Zweck des Bundes iſt Erhaltung der äußeren und in-
neren Sicherheit Deutſchlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit
der einzelnen deutſchen Staaten.“ Art. 6 erwähnt „gemeinnützige Anordnungen.“
2) Vgl. die Rede des Fürſten Bismarck in der Reichstags-Sitzung vom
4. März 1867. (Sten. Ber. S. 41.)
Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 2
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/37>, abgerufen am 21.11.2024.
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