Vorstand irgend einer Aktiengesellschaft ebenfalls hat; über die Reichsbank aber übt das Reich als Person des öffentlichen Rechts Hoheitsrechte aus, wie sie ihm auch Privat-Banken gegenüber zustehen 1).
Diesem doppelten Verhältniß des Reiches zur Reichsbank entspricht es, daß zwei verschiedene Reichsbank-Behörden bestehen, von denen die eine das Hoheitsrecht des Reiches, die Aufsicht über die Reichsbank, die andere das privatrechtliche Mitgliedschafts- recht des Reiches, die Leitung der Reichsbank, wahrzunehmen hat. Die begriffliche Verschiedenheit beider Behörden und der ihnen obliegenden Funktionen wird nur dadurch thatsächlich etwas verdunkelt, daß dieselbe Person, nämlich der Reichskanzler, an der Spitze beider steht.
1. Das Bank-Kuratorium2).
Dies ist die Behörde zur Handhabung des staatlichen Hoheits- rechtes. Mit der Führung der Bankgeschäfte und der Vertretung der Reichsbank hat sie Nichts zu thun; ihr liegt vielmehr ob "die dem Reiche zustehende Aufsicht über die Reichs-Bank auszuüben" 3).
Den Vorsitz dieser Behörde führt der Reichskanzler. Sie besteht außerdem aus vier Mitgliedern, von denen eines der Kaiser ernennt, die drei anderen der Bundesrath wählt. Das Kurato- rium ist keine ständig arbeitende Behörde; es versammelt sich viel- mehr nur vierteljährlich einmal und empfängt in diesen Versamm- lungen einen Bericht über den Zustand der Bank und alle darauf Bezug habenden Gegenstände und es wird ihm eine allgemeine Rechenschaft von allen Operationen und Geschäftseinrichtungen der Bank ertheilt 4).
Von einer Beschlußfassung des Bank-Kuratoriums schweigt das Gesetz vollständig. Anordnungen, welche für die Leitung der Reichsbank verbindliche Kraft hätten, kann das Bank-Kuratorium als solches nicht treffen; wohl aber kann der Reichskanzler als
1) Ueber die dem Reichskanzler zustehende staatliche Aufsicht über die Privatbanken, welche Noten ausgeben, enthält das Bankgesetz §. 48 ff. die erforderlichen Bestimmungen.
2) Ueber das ehemalige Preuß. Bank-Kuratorium vgl. die Königl. Ver- ordnung vom 3. November 1817 (Preuß. Ges.-Samml. S. 295) §§. 5--8 und die Cab.-Ordre vom 11. April 1846 (Preuß. Ges.-Samml. S. 153).
3) Bankgesetz §. 25 Abs. 1.
4) Bankgesetz §. 25 Abs. 2.
§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Vorſtand irgend einer Aktiengeſellſchaft ebenfalls hat; über die Reichsbank aber übt das Reich als Perſon des öffentlichen Rechts Hoheitsrechte aus, wie ſie ihm auch Privat-Banken gegenüber zuſtehen 1).
Dieſem doppelten Verhältniß des Reiches zur Reichsbank entſpricht es, daß zwei verſchiedene Reichsbank-Behörden beſtehen, von denen die eine das Hoheitsrecht des Reiches, die Aufſicht über die Reichsbank, die andere das privatrechtliche Mitgliedſchafts- recht des Reiches, die Leitung der Reichsbank, wahrzunehmen hat. Die begriffliche Verſchiedenheit beider Behörden und der ihnen obliegenden Funktionen wird nur dadurch thatſächlich etwas verdunkelt, daß dieſelbe Perſon, nämlich der Reichskanzler, an der Spitze beider ſteht.
1. Das Bank-Kuratorium2).
Dies iſt die Behörde zur Handhabung des ſtaatlichen Hoheits- rechtes. Mit der Führung der Bankgeſchäfte und der Vertretung der Reichsbank hat ſie Nichts zu thun; ihr liegt vielmehr ob „die dem Reiche zuſtehende Aufſicht über die Reichs-Bank auszuüben“ 3).
Den Vorſitz dieſer Behörde führt der Reichskanzler. Sie beſteht außerdem aus vier Mitgliedern, von denen eines der Kaiſer ernennt, die drei anderen der Bundesrath wählt. Das Kurato- rium iſt keine ſtändig arbeitende Behörde; es verſammelt ſich viel- mehr nur vierteljährlich einmal und empfängt in dieſen Verſamm- lungen einen Bericht über den Zuſtand der Bank und alle darauf Bezug habenden Gegenſtände und es wird ihm eine allgemeine Rechenſchaft von allen Operationen und Geſchäftseinrichtungen der Bank ertheilt 4).
Von einer Beſchlußfaſſung des Bank-Kuratoriums ſchweigt das Geſetz vollſtändig. Anordnungen, welche für die Leitung der Reichsbank verbindliche Kraft hätten, kann das Bank-Kuratorium als ſolches nicht treffen; wohl aber kann der Reichskanzler als
1) Ueber die dem Reichskanzler zuſtehende ſtaatliche Aufſicht über die Privatbanken, welche Noten ausgeben, enthält das Bankgeſetz §. 48 ff. die erforderlichen Beſtimmungen.
2) Ueber das ehemalige Preuß. Bank-Kuratorium vgl. die Königl. Ver- ordnung vom 3. November 1817 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 295) §§. 5—8 und die Cab.-Ordre vom 11. April 1846 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 153).
3) Bankgeſetz §. 25 Abſ. 1.
4) Bankgeſetz §. 25 Abſ. 2.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0365"n="345"/><fwplace="top"type="header">§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.</fw><lb/>
Vorſtand irgend einer Aktiengeſellſchaft ebenfalls hat; <hirendition="#g">über</hi> die<lb/>
Reichsbank aber übt das Reich als Perſon des öffentlichen Rechts<lb/>
Hoheitsrechte aus, wie ſie ihm auch Privat-Banken gegenüber<lb/>
zuſtehen <noteplace="foot"n="1)">Ueber die dem Reichskanzler zuſtehende ſtaatliche Aufſicht über die<lb/>
Privatbanken, welche Noten ausgeben, enthält das Bankgeſetz §. 48 ff. die<lb/>
erforderlichen Beſtimmungen.</note>.</p><lb/><p>Dieſem doppelten Verhältniß des Reiches zur Reichsbank<lb/>
entſpricht es, daß zwei verſchiedene Reichsbank-Behörden beſtehen,<lb/>
von denen die eine das Hoheitsrecht des Reiches, die <hirendition="#g">Aufſicht</hi><lb/>
über die Reichsbank, die andere das privatrechtliche Mitgliedſchafts-<lb/>
recht des Reiches, die <hirendition="#g">Leitung</hi> der Reichsbank, wahrzunehmen<lb/>
hat. Die begriffliche Verſchiedenheit beider Behörden und der<lb/>
ihnen obliegenden Funktionen wird nur dadurch thatſächlich etwas<lb/>
verdunkelt, daß dieſelbe Perſon, nämlich der Reichskanzler, an der<lb/>
Spitze beider ſteht.</p><lb/><p>1. <hirendition="#g">Das Bank-Kuratorium</hi><noteplace="foot"n="2)">Ueber das ehemalige Preuß. Bank-Kuratorium vgl. die Königl. Ver-<lb/>
ordnung vom 3. November 1817 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 295) §§. 5—8<lb/>
und die Cab.-Ordre vom 11. April 1846 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 153).</note>.</p><lb/><p>Dies iſt die Behörde zur Handhabung des ſtaatlichen Hoheits-<lb/>
rechtes. Mit der Führung der Bankgeſchäfte und der Vertretung der<lb/>
Reichsbank hat ſie Nichts zu thun; ihr liegt vielmehr ob „die dem<lb/>
Reiche zuſtehende Aufſicht über die Reichs-Bank auszuüben“<noteplace="foot"n="3)">Bankgeſetz §. 25 Abſ. 1.</note>.</p><lb/><p>Den Vorſitz dieſer Behörde führt der Reichskanzler. Sie<lb/>
beſteht außerdem aus vier Mitgliedern, von denen eines der Kaiſer<lb/>
ernennt, die drei anderen der Bundesrath wählt. Das Kurato-<lb/>
rium iſt keine ſtändig arbeitende Behörde; es verſammelt ſich viel-<lb/>
mehr nur vierteljährlich einmal und empfängt in dieſen Verſamm-<lb/>
lungen einen Bericht über den Zuſtand der Bank und alle darauf<lb/>
Bezug habenden Gegenſtände und es wird ihm eine allgemeine<lb/>
Rechenſchaft von allen Operationen und Geſchäftseinrichtungen der<lb/>
Bank ertheilt <noteplace="foot"n="4)">Bankgeſetz §. 25 Abſ. 2.</note>.</p><lb/><p>Von einer Beſchlußfaſſung des Bank-Kuratoriums ſchweigt<lb/>
das Geſetz vollſtändig. Anordnungen, welche für die Leitung der<lb/>
Reichsbank verbindliche Kraft hätten, kann das Bank-Kuratorium<lb/>
als ſolches nicht treffen; wohl aber kann der Reichskanzler als<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[345/0365]
§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Vorſtand irgend einer Aktiengeſellſchaft ebenfalls hat; über die
Reichsbank aber übt das Reich als Perſon des öffentlichen Rechts
Hoheitsrechte aus, wie ſie ihm auch Privat-Banken gegenüber
zuſtehen 1).
Dieſem doppelten Verhältniß des Reiches zur Reichsbank
entſpricht es, daß zwei verſchiedene Reichsbank-Behörden beſtehen,
von denen die eine das Hoheitsrecht des Reiches, die Aufſicht
über die Reichsbank, die andere das privatrechtliche Mitgliedſchafts-
recht des Reiches, die Leitung der Reichsbank, wahrzunehmen
hat. Die begriffliche Verſchiedenheit beider Behörden und der
ihnen obliegenden Funktionen wird nur dadurch thatſächlich etwas
verdunkelt, daß dieſelbe Perſon, nämlich der Reichskanzler, an der
Spitze beider ſteht.
1. Das Bank-Kuratorium 2).
Dies iſt die Behörde zur Handhabung des ſtaatlichen Hoheits-
rechtes. Mit der Führung der Bankgeſchäfte und der Vertretung der
Reichsbank hat ſie Nichts zu thun; ihr liegt vielmehr ob „die dem
Reiche zuſtehende Aufſicht über die Reichs-Bank auszuüben“ 3).
Den Vorſitz dieſer Behörde führt der Reichskanzler. Sie
beſteht außerdem aus vier Mitgliedern, von denen eines der Kaiſer
ernennt, die drei anderen der Bundesrath wählt. Das Kurato-
rium iſt keine ſtändig arbeitende Behörde; es verſammelt ſich viel-
mehr nur vierteljährlich einmal und empfängt in dieſen Verſamm-
lungen einen Bericht über den Zuſtand der Bank und alle darauf
Bezug habenden Gegenſtände und es wird ihm eine allgemeine
Rechenſchaft von allen Operationen und Geſchäftseinrichtungen der
Bank ertheilt 4).
Von einer Beſchlußfaſſung des Bank-Kuratoriums ſchweigt
das Geſetz vollſtändig. Anordnungen, welche für die Leitung der
Reichsbank verbindliche Kraft hätten, kann das Bank-Kuratorium
als ſolches nicht treffen; wohl aber kann der Reichskanzler als
1) Ueber die dem Reichskanzler zuſtehende ſtaatliche Aufſicht über die
Privatbanken, welche Noten ausgeben, enthält das Bankgeſetz §. 48 ff. die
erforderlichen Beſtimmungen.
2) Ueber das ehemalige Preuß. Bank-Kuratorium vgl. die Königl. Ver-
ordnung vom 3. November 1817 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 295) §§. 5—8
und die Cab.-Ordre vom 11. April 1846 (Preuß. Geſ.-Samml. S. 153).
3) Bankgeſetz §. 25 Abſ. 1.
4) Bankgeſetz §. 25 Abſ. 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/365>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.