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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.

Am 14. März 1866 berührte das offizielle Organ der Preu-
ßischen Regierung, die Provinzial-Correspondenz, die Nothwendig-
keit, bei der Entscheidung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit
auch die Reform der Bundesverhältnisse in Frage zu ziehen; sie
erinnerte an die in der Denkschrift vom 15. September 1863 vom
Preußischen Staatsministerium dargelegten Grundsätze und erklärte:
"die Preußische Regierung würde, falls jetzt die Nothwendigkeit
hervorträte, die Umbildung der Bundesverhältnisse wieder ins Auge
zu fassen, vermuthlich an ihre Vorschläge in der erwähnten Denk-
schrift wieder anknüpfen" 1).

Bald darauf, am 24. März 1866, richtete Fürst Bismark an
die Vertreter Preußens bei den deutschen Regierungen eine Cir-
cular-Depesche 2), welche eine scharfe Kritik der Bundesverhältnisse
enthält und die Nothwendigkeit einer Bundesreform den deutschen
Regierungen dringend ans Herz legt 3).

Am 9. April 1866 stellte Preußen am Bundestage den An-
trag auf eine Reform des deutschen Bundes 4). In der Erklärung
des Preußischen Bundestags-Gesandten wird die Nothwendigkeit
einer Umgestaltung der Bundesverfassung nachgewiesen, namentlich
aber darauf der größte Nachdruck gelegt, daß weder die einseitigen
Verhandlungen unter den Regierungen, noch die Debatten und
Beschlüsse einer gewählten Versammlung allein im Stande wären,
eine Neugestaltung des nationalen Verfassungswerkes zu schaffen,

einigen würden, die Integrität ihres Gebietes gewährleistete. Vgl. Hahn
S. 128 ff. Staatsarch. XI. Nr. 2322 und 2324. (An Hannover, Sachsen
und Kurhessen gerichtete, sogenannte Sommationen.)
1) Hahn S. 37.
2) Hahn S. 43 ff.
3) Bemerkenswerth ist folgende Stelle: "Wenn wir Deutschlands nicht sicher
sind, ist unsere Stellung gerade wegen unserer geographischen Lage gefährdeter,
als die der meisten andern europäischen Staaten; das Schicksal Preußens aber
wird das Schicksal Deutschlands nach sich ziehen, und wir zweifeln nicht, daß,
wenn Preußens Kraft einmal gebrochen wäre, Deutschland an der Politik der
europäischen Nationen nur noch passiv betheiligt bleiben würde. .... Wenn
der deutsche Bund in seiner jetzigen Gestalt und mit seinen jetzigen politischen
und militärischen Einrichtungen den großen, europäischen Krisen, die aus mehr
als einer Ursache jeden Augenblick auftauchen können, entgegen gehen soll, so
ist nur zu sehr zu befürchten, daß er seiner Aufgabe erliegen und Deutsch-
land vor dem Schicksale Polens nicht schützen werde
."
4) Hahn S. 60--65.
§. 2. Die Gründung des nordd. Bundes.

Am 14. März 1866 berührte das offizielle Organ der Preu-
ßiſchen Regierung, die Provinzial-Correſpondenz, die Nothwendig-
keit, bei der Entſcheidung der ſchleswig-holſteiniſchen Angelegenheit
auch die Reform der Bundesverhältniſſe in Frage zu ziehen; ſie
erinnerte an die in der Denkſchrift vom 15. September 1863 vom
Preußiſchen Staatsminiſterium dargelegten Grundſätze und erklärte:
„die Preußiſche Regierung würde, falls jetzt die Nothwendigkeit
hervorträte, die Umbildung der Bundesverhältniſſe wieder ins Auge
zu faſſen, vermuthlich an ihre Vorſchläge in der erwähnten Denk-
ſchrift wieder anknüpfen“ 1).

Bald darauf, am 24. März 1866, richtete Fürſt Bismark an
die Vertreter Preußens bei den deutſchen Regierungen eine Cir-
cular-Depeſche 2), welche eine ſcharfe Kritik der Bundesverhältniſſe
enthält und die Nothwendigkeit einer Bundesreform den deutſchen
Regierungen dringend ans Herz legt 3).

Am 9. April 1866 ſtellte Preußen am Bundestage den An-
trag auf eine Reform des deutſchen Bundes 4). In der Erklärung
des Preußiſchen Bundestags-Geſandten wird die Nothwendigkeit
einer Umgeſtaltung der Bundesverfaſſung nachgewieſen, namentlich
aber darauf der größte Nachdruck gelegt, daß weder die einſeitigen
Verhandlungen unter den Regierungen, noch die Debatten und
Beſchlüſſe einer gewählten Verſammlung allein im Stande wären,
eine Neugeſtaltung des nationalen Verfaſſungswerkes zu ſchaffen,

einigen würden, die Integrität ihres Gebietes gewährleiſtete. Vgl. Hahn
S. 128 ff. Staatsarch. XI. Nr. 2322 und 2324. (An Hannover, Sachſen
und Kurheſſen gerichtete, ſogenannte Sommationen.)
1) Hahn S. 37.
2) Hahn S. 43 ff.
3) Bemerkenswerth iſt folgende Stelle: „Wenn wir Deutſchlands nicht ſicher
ſind, iſt unſere Stellung gerade wegen unſerer geographiſchen Lage gefährdeter,
als die der meiſten andern europäiſchen Staaten; das Schickſal Preußens aber
wird das Schickſal Deutſchlands nach ſich ziehen, und wir zweifeln nicht, daß,
wenn Preußens Kraft einmal gebrochen wäre, Deutſchland an der Politik der
europäiſchen Nationen nur noch paſſiv betheiligt bleiben würde. .... Wenn
der deutſche Bund in ſeiner jetzigen Geſtalt und mit ſeinen jetzigen politiſchen
und militäriſchen Einrichtungen den großen, europäiſchen Kriſen, die aus mehr
als einer Urſache jeden Augenblick auftauchen können, entgegen gehen ſoll, ſo
iſt nur zu ſehr zu befürchten, daß er ſeiner Aufgabe erliegen und Deutſch-
land vor dem Schickſale Polens nicht ſchützen werde
.“
4) Hahn S. 60—65.
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[11/0031] §. 2. Die Gründung des nordd. Bundes. Am 14. März 1866 berührte das offizielle Organ der Preu- ßiſchen Regierung, die Provinzial-Correſpondenz, die Nothwendig- keit, bei der Entſcheidung der ſchleswig-holſteiniſchen Angelegenheit auch die Reform der Bundesverhältniſſe in Frage zu ziehen; ſie erinnerte an die in der Denkſchrift vom 15. September 1863 vom Preußiſchen Staatsminiſterium dargelegten Grundſätze und erklärte: „die Preußiſche Regierung würde, falls jetzt die Nothwendigkeit hervorträte, die Umbildung der Bundesverhältniſſe wieder ins Auge zu faſſen, vermuthlich an ihre Vorſchläge in der erwähnten Denk- ſchrift wieder anknüpfen“ 1). Bald darauf, am 24. März 1866, richtete Fürſt Bismark an die Vertreter Preußens bei den deutſchen Regierungen eine Cir- cular-Depeſche 2), welche eine ſcharfe Kritik der Bundesverhältniſſe enthält und die Nothwendigkeit einer Bundesreform den deutſchen Regierungen dringend ans Herz legt 3). Am 9. April 1866 ſtellte Preußen am Bundestage den An- trag auf eine Reform des deutſchen Bundes 4). In der Erklärung des Preußiſchen Bundestags-Geſandten wird die Nothwendigkeit einer Umgeſtaltung der Bundesverfaſſung nachgewieſen, namentlich aber darauf der größte Nachdruck gelegt, daß weder die einſeitigen Verhandlungen unter den Regierungen, noch die Debatten und Beſchlüſſe einer gewählten Verſammlung allein im Stande wären, eine Neugeſtaltung des nationalen Verfaſſungswerkes zu ſchaffen, 2) 1) Hahn S. 37. 2) Hahn S. 43 ff. 3) Bemerkenswerth iſt folgende Stelle: „Wenn wir Deutſchlands nicht ſicher ſind, iſt unſere Stellung gerade wegen unſerer geographiſchen Lage gefährdeter, als die der meiſten andern europäiſchen Staaten; das Schickſal Preußens aber wird das Schickſal Deutſchlands nach ſich ziehen, und wir zweifeln nicht, daß, wenn Preußens Kraft einmal gebrochen wäre, Deutſchland an der Politik der europäiſchen Nationen nur noch paſſiv betheiligt bleiben würde. .... Wenn der deutſche Bund in ſeiner jetzigen Geſtalt und mit ſeinen jetzigen politiſchen und militäriſchen Einrichtungen den großen, europäiſchen Kriſen, die aus mehr als einer Urſache jeden Augenblick auftauchen können, entgegen gehen ſoll, ſo iſt nur zu ſehr zu befürchten, daß er ſeiner Aufgabe erliegen und Deutſch- land vor dem Schickſale Polens nicht ſchützen werde.“ 4) Hahn S. 60—65. 2) einigen würden, die Integrität ihres Gebietes gewährleiſtete. Vgl. Hahn S. 128 ff. Staatsarch. XI. Nr. 2322 und 2324. (An Hannover, Sachſen und Kurheſſen gerichtete, ſogenannte Sommationen.)

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/31>, abgerufen am 21.11.2024.