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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 30. Die formelle Erledigung der Geschäfte des Bundesrathes.
besonders gesammelt und gedruckt mit besonderer Zählung der
Bundesraths-Sitzungen und der Paragraphen der Protokolle.

8) Der Beschlußnahme des Bundesrathes unterliegt zunächst
die geschäftliche Behandlung des Gegenstandes. Dieselbe kann in
dreifacher Art erfolgen 1):

a) der Bundesrath entscheidet sich dafür, über die Sache selbst
sofort oder nach einer zu bestimmenden Frist zu berathen
und zu beschließen.
b) Der Bundesrath verweist die Angelegenheit an einen der
ständigen Ausschüsse. In diesem Falle kann der Bundes-
rath gleichzeitig die Form, in welcher der Ausschuß Bericht
zu erstatten hat, bezeichnen 2).
c) Der Bundesrath beschließt, die Angelegenheit einem beson-
ders zu wählenden (außerordentlichen) Ausschuß zu über-
weisen. Alsdann ist gleichzeitig darüber Beschluß zu fassen,
aus wie vielen Mitgliedern dieser Ausschuß bestehen soll.

Wenn wegen Mangels an Instruktion die Aussetzung einer
Abstimmung beantragt wird, so entscheidet der Bundesrath über
diesen Antrag, eventuell über den Tag, an welchem die ausgesetzte
Abstimmung erfolgen soll.

IV. Ueber die Beschlußfassung des Bundesrathes gilt
im Allgemeinen die Regel 3), daß dieselbe mit einfacher Mehr-
heit
erfolgt und daß bei der Stimmengleichheit die Präsidial-
stimme entscheidet, d. h. daß dasjenige Votum zum Beschluß er-
hoben ist,[...] für welches die 17 Stimmen Preußens sich erklärt
haben 4).

Bei der Berechnung der Majorität kommen nur die wirklich
abgegebenen
Stimmen in Betracht. Es werden daher nicht

1) Gesch.-Ordn. §. 12.
2) Protok. 1872 §. 87. Gesch.-Ordn. §. 18 Abs. 5.
3) R.-V. Art. 5.
4) v. Mohl S. 236 nimmt an, daß wenn an einer Beschlußfassung gar
kein preußischer Bevollmächtigter Theil nimmt, so daß Bayern den Vorsitz in
Vertretung führte, die Bayrischen Stimmen im Falle der Stimmengleichheit den
Ausschlag geben. Dies ist zweifellos unrichtig. Denn das Schlußprotok. Z. IX
spricht nur von dem Vorsitz im Bundesrathe, nicht von einer stellvertretenden
Ausübung anderer Präsidialrechte. Die "Präsidialstimme" ist nicht identisch
mit der Stimme des Vorsitzenden im Bundesrathe, sondern mit der Stimme
des Bundespräsidiums d. i. Preußens. Vgl. S. 234 u. 276.

§. 30. Die formelle Erledigung der Geſchäfte des Bundesrathes.
beſonders geſammelt und gedruckt mit beſonderer Zählung der
Bundesraths-Sitzungen und der Paragraphen der Protokolle.

8) Der Beſchlußnahme des Bundesrathes unterliegt zunächſt
die geſchäftliche Behandlung des Gegenſtandes. Dieſelbe kann in
dreifacher Art erfolgen 1):

a) der Bundesrath entſcheidet ſich dafür, über die Sache ſelbſt
ſofort oder nach einer zu beſtimmenden Friſt zu berathen
und zu beſchließen.
b) Der Bundesrath verweiſt die Angelegenheit an einen der
ſtändigen Ausſchüſſe. In dieſem Falle kann der Bundes-
rath gleichzeitig die Form, in welcher der Ausſchuß Bericht
zu erſtatten hat, bezeichnen 2).
c) Der Bundesrath beſchließt, die Angelegenheit einem beſon-
ders zu wählenden (außerordentlichen) Ausſchuß zu über-
weiſen. Alsdann iſt gleichzeitig darüber Beſchluß zu faſſen,
aus wie vielen Mitgliedern dieſer Ausſchuß beſtehen ſoll.

Wenn wegen Mangels an Inſtruktion die Ausſetzung einer
Abſtimmung beantragt wird, ſo entſcheidet der Bundesrath über
dieſen Antrag, eventuell über den Tag, an welchem die ausgeſetzte
Abſtimmung erfolgen ſoll.

IV. Ueber die Beſchlußfaſſung des Bundesrathes gilt
im Allgemeinen die Regel 3), daß dieſelbe mit einfacher Mehr-
heit
erfolgt und daß bei der Stimmengleichheit die Präſidial-
ſtimme entſcheidet, d. h. daß dasjenige Votum zum Beſchluß er-
hoben iſt,[…] für welches die 17 Stimmen Preußens ſich erklärt
haben 4).

Bei der Berechnung der Majorität kommen nur die wirklich
abgegebenen
Stimmen in Betracht. Es werden daher nicht

1) Geſch.-Ordn. §. 12.
2) Protok. 1872 §. 87. Geſch.-Ordn. §. 18 Abſ. 5.
3) R.-V. Art. 5.
4) v. Mohl S. 236 nimmt an, daß wenn an einer Beſchlußfaſſung gar
kein preußiſcher Bevollmächtigter Theil nimmt, ſo daß Bayern den Vorſitz in
Vertretung führte, die Bayriſchen Stimmen im Falle der Stimmengleichheit den
Ausſchlag geben. Dies iſt zweifellos unrichtig. Denn das Schlußprotok. Z. IX
ſpricht nur von dem Vorſitz im Bundesrathe, nicht von einer ſtellvertretenden
Ausübung anderer Präſidialrechte. Die „Präſidialſtimme“ iſt nicht identiſch
mit der Stimme des Vorſitzenden im Bundesrathe, ſondern mit der Stimme
des Bundespräſidiums d. i. Preußens. Vgl. S. 234 u. 276.
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[279/0299] §. 30. Die formelle Erledigung der Geſchäfte des Bundesrathes. beſonders geſammelt und gedruckt mit beſonderer Zählung der Bundesraths-Sitzungen und der Paragraphen der Protokolle. 8) Der Beſchlußnahme des Bundesrathes unterliegt zunächſt die geſchäftliche Behandlung des Gegenſtandes. Dieſelbe kann in dreifacher Art erfolgen 1): a) der Bundesrath entſcheidet ſich dafür, über die Sache ſelbſt ſofort oder nach einer zu beſtimmenden Friſt zu berathen und zu beſchließen. b) Der Bundesrath verweiſt die Angelegenheit an einen der ſtändigen Ausſchüſſe. In dieſem Falle kann der Bundes- rath gleichzeitig die Form, in welcher der Ausſchuß Bericht zu erſtatten hat, bezeichnen 2). c) Der Bundesrath beſchließt, die Angelegenheit einem beſon- ders zu wählenden (außerordentlichen) Ausſchuß zu über- weiſen. Alsdann iſt gleichzeitig darüber Beſchluß zu faſſen, aus wie vielen Mitgliedern dieſer Ausſchuß beſtehen ſoll. Wenn wegen Mangels an Inſtruktion die Ausſetzung einer Abſtimmung beantragt wird, ſo entſcheidet der Bundesrath über dieſen Antrag, eventuell über den Tag, an welchem die ausgeſetzte Abſtimmung erfolgen ſoll. IV. Ueber die Beſchlußfaſſung des Bundesrathes gilt im Allgemeinen die Regel 3), daß dieſelbe mit einfacher Mehr- heit erfolgt und daß bei der Stimmengleichheit die Präſidial- ſtimme entſcheidet, d. h. daß dasjenige Votum zum Beſchluß er- hoben iſt, für welches die 17 Stimmen Preußens ſich erklärt haben 4). Bei der Berechnung der Majorität kommen nur die wirklich abgegebenen Stimmen in Betracht. Es werden daher nicht 1) Geſch.-Ordn. §. 12. 2) Protok. 1872 §. 87. Geſch.-Ordn. §. 18 Abſ. 5. 3) R.-V. Art. 5. 4) v. Mohl S. 236 nimmt an, daß wenn an einer Beſchlußfaſſung gar kein preußiſcher Bevollmächtigter Theil nimmt, ſo daß Bayern den Vorſitz in Vertretung führte, die Bayriſchen Stimmen im Falle der Stimmengleichheit den Ausſchlag geben. Dies iſt zweifellos unrichtig. Denn das Schlußprotok. Z. IX ſpricht nur von dem Vorſitz im Bundesrathe, nicht von einer ſtellvertretenden Ausübung anderer Präſidialrechte. Die „Präſidialſtimme“ iſt nicht identiſch mit der Stimme des Vorſitzenden im Bundesrathe, ſondern mit der Stimme des Bundespräſidiums d. i. Preußens. Vgl. S. 234 u. 276.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/299>, abgerufen am 24.11.2024.