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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches.
gedehnte Kompetenz zugewiesen wird, erklärt sich daraus, daß die
Regierung des Reiches auf Kosten aller Bundesstaaten geführt
wird und in ihrem finanziellen Resultat jeden Einzelstaat mittelst
der von ihm zu zahlenden Matrikularbeiträge berührt. Deshalb
sind der Kaiser und der von ihm ernannte Reichskanzler in der
Freiheit der Geschäftsführung, welche ihnen im Uebrigen gelassen
ist, gerade in finanzieller Beziehung beschränkt und an die Con-
trole und Zustimmung des Bundesrathes -- und wie unten näher
ausgeführt werden wird, des Reichtages -- gebunden.

5) Neben den vorstehend erörterten 4 Kategorien von Ver-
waltungsbefugnissen des Bundesrathes, die sich auf bestimmte all-
gemeinere Gesichtspunkte zurückführen lassen, enthalten die Reichs-
gesetze noch eine Anzahl von speziellen Punkten, über welche dem
Bundesrath die Beschlußfassung zugewiesen ist, ohne daß man aus
denselben ein einheitliches Princip für die Kompetenzbestimmung
des Bundesrathes abstrahiren kann. So unterliegt z. B. der Be-
schlußfassung
des Bundesrathes die Abgränzung der elsaß-
lothringen'schen Wahlkreise für den deutschen Reichstag 1); die
Bezirke der Disciplinarkammern werden vom Kaiser im Einver-
nehmen
mit dem Bundesrathe abgegrenzt 2); die Jurisdictions-
bezirke der einzelnen Consuln werden vom Reichskanzler nach Ver-
nehmung
des Bundesraths-Ausschusses für Handel und Verkehr
bestimmt 3).

Ferner steht die Aufhebung bestehender Zollausschlüsse dem
Bundesrath zu 4).

Zu erwähnen ist ferner die Bestimmung in Art. 46 der R.-V.
Die Zustimmung des Bundesrathsausschusses für das Landheer und
die Festungen ist auch erforderlich zu einer Abweichung von dem
vorgeschriebenen Vertheilungsmaaßstaabe des Rekrutenbedarfs 5).

Dergleichen Bestimmungen werden im speziellen Theil bei der
Darstellung der einzelnen Verwaltungszweige Erwähnung finden 6).


1) Ges. v. 25. Juni 1873 §. 6 (R.-G.-Bl. S. 162.)
2) Ges. v. 31. März 1873 §. 88 (R.-G.-Bl. S. 77.)
3) Ges. v. 8. Nov. 1867 §. 23 (B.-G.-Bl. S. 141.)
4) Zollv.-Vertrag v. 8. Juli 1867 Art. 6.
5) Reichs-Militär-Gesetz v. 2. Mai 1874 §. 9 (R.-G.-Bl. S. 47.)
6) Daß nach §. 4 des Ges. v. 4. Mai 1874 (R.-G.-Bl. S. 44) zur Wie-
dererwerbung der Staats-Angehörigkeit die Genehmigung des Bundesrathes
erforderlich ist, wurde bereits oben S. 175 erörtert.

§. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches.
gedehnte Kompetenz zugewieſen wird, erklärt ſich daraus, daß die
Regierung des Reiches auf Koſten aller Bundesſtaaten geführt
wird und in ihrem finanziellen Reſultat jeden Einzelſtaat mittelſt
der von ihm zu zahlenden Matrikularbeiträge berührt. Deshalb
ſind der Kaiſer und der von ihm ernannte Reichskanzler in der
Freiheit der Geſchäftsführung, welche ihnen im Uebrigen gelaſſen
iſt, gerade in finanzieller Beziehung beſchränkt und an die Con-
trole und Zuſtimmung des Bundesrathes — und wie unten näher
ausgeführt werden wird, des Reichtages — gebunden.

5) Neben den vorſtehend erörterten 4 Kategorien von Ver-
waltungsbefugniſſen des Bundesrathes, die ſich auf beſtimmte all-
gemeinere Geſichtspunkte zurückführen laſſen, enthalten die Reichs-
geſetze noch eine Anzahl von ſpeziellen Punkten, über welche dem
Bundesrath die Beſchlußfaſſung zugewieſen iſt, ohne daß man aus
denſelben ein einheitliches Princip für die Kompetenzbeſtimmung
des Bundesrathes abſtrahiren kann. So unterliegt z. B. der Be-
ſchlußfaſſung
des Bundesrathes die Abgränzung der elſaß-
lothringen’ſchen Wahlkreiſe für den deutſchen Reichstag 1); die
Bezirke der Disciplinarkammern werden vom Kaiſer im Einver-
nehmen
mit dem Bundesrathe abgegrenzt 2); die Jurisdictions-
bezirke der einzelnen Conſuln werden vom Reichskanzler nach Ver-
nehmung
des Bundesraths-Ausſchuſſes für Handel und Verkehr
beſtimmt 3).

Ferner ſteht die Aufhebung beſtehender Zollausſchlüſſe dem
Bundesrath zu 4).

Zu erwähnen iſt ferner die Beſtimmung in Art. 46 der R.-V.
Die Zuſtimmung des Bundesrathsausſchuſſes für das Landheer und
die Feſtungen iſt auch erforderlich zu einer Abweichung von dem
vorgeſchriebenen Vertheilungsmaaßſtaabe des Rekrutenbedarfs 5).

Dergleichen Beſtimmungen werden im ſpeziellen Theil bei der
Darſtellung der einzelnen Verwaltungszweige Erwähnung finden 6).


1) Geſ. v. 25. Juni 1873 §. 6 (R.-G.-Bl. S. 162.)
2) Geſ. v. 31. März 1873 §. 88 (R.-G.-Bl. S. 77.)
3) Geſ. v. 8. Nov. 1867 §. 23 (B.-G.-Bl. S. 141.)
4) Zollv.-Vertrag v. 8. Juli 1867 Art. 6.
5) Reichs-Militär-Geſetz v. 2. Mai 1874 §. 9 (R.-G.-Bl. S. 47.)
6) Daß nach §. 4 des Geſ. v. 4. Mai 1874 (R.-G.-Bl. S. 44) zur Wie-
dererwerbung der Staats-Angehörigkeit die Genehmigung des Bundesrathes
erforderlich iſt, wurde bereits oben S. 175 erörtert.
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[265/0285] §. 29. Der Bundesrath als Organ des Reiches. gedehnte Kompetenz zugewieſen wird, erklärt ſich daraus, daß die Regierung des Reiches auf Koſten aller Bundesſtaaten geführt wird und in ihrem finanziellen Reſultat jeden Einzelſtaat mittelſt der von ihm zu zahlenden Matrikularbeiträge berührt. Deshalb ſind der Kaiſer und der von ihm ernannte Reichskanzler in der Freiheit der Geſchäftsführung, welche ihnen im Uebrigen gelaſſen iſt, gerade in finanzieller Beziehung beſchränkt und an die Con- trole und Zuſtimmung des Bundesrathes — und wie unten näher ausgeführt werden wird, des Reichtages — gebunden. 5) Neben den vorſtehend erörterten 4 Kategorien von Ver- waltungsbefugniſſen des Bundesrathes, die ſich auf beſtimmte all- gemeinere Geſichtspunkte zurückführen laſſen, enthalten die Reichs- geſetze noch eine Anzahl von ſpeziellen Punkten, über welche dem Bundesrath die Beſchlußfaſſung zugewieſen iſt, ohne daß man aus denſelben ein einheitliches Princip für die Kompetenzbeſtimmung des Bundesrathes abſtrahiren kann. So unterliegt z. B. der Be- ſchlußfaſſung des Bundesrathes die Abgränzung der elſaß- lothringen’ſchen Wahlkreiſe für den deutſchen Reichstag 1); die Bezirke der Disciplinarkammern werden vom Kaiſer im Einver- nehmen mit dem Bundesrathe abgegrenzt 2); die Jurisdictions- bezirke der einzelnen Conſuln werden vom Reichskanzler nach Ver- nehmung des Bundesraths-Ausſchuſſes für Handel und Verkehr beſtimmt 3). Ferner ſteht die Aufhebung beſtehender Zollausſchlüſſe dem Bundesrath zu 4). Zu erwähnen iſt ferner die Beſtimmung in Art. 46 der R.-V. Die Zuſtimmung des Bundesrathsausſchuſſes für das Landheer und die Feſtungen iſt auch erforderlich zu einer Abweichung von dem vorgeſchriebenen Vertheilungsmaaßſtaabe des Rekrutenbedarfs 5). Dergleichen Beſtimmungen werden im ſpeziellen Theil bei der Darſtellung der einzelnen Verwaltungszweige Erwähnung finden 6). 1) Geſ. v. 25. Juni 1873 §. 6 (R.-G.-Bl. S. 162.) 2) Geſ. v. 31. März 1873 §. 88 (R.-G.-Bl. S. 77.) 3) Geſ. v. 8. Nov. 1867 §. 23 (B.-G.-Bl. S. 141.) 4) Zollv.-Vertrag v. 8. Juli 1867 Art. 6. 5) Reichs-Militär-Geſetz v. 2. Mai 1874 §. 9 (R.-G.-Bl. S. 47.) 6) Daß nach §. 4 des Geſ. v. 4. Mai 1874 (R.-G.-Bl. S. 44) zur Wie- dererwerbung der Staats-Angehörigkeit die Genehmigung des Bundesrathes erforderlich iſt, wurde bereits oben S. 175 erörtert.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/285>, abgerufen am 24.11.2024.