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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
Dieser Satz ist aber nur von dispositiver Kraft; die Contrahenten
können ihn durch eine entgegenstehende Vereinbarung ausschließen;
sei es, daß der Ehemann oder Vater die Staatsangehörigkeit nicht
für alle seiner Gewalt unterworfenen Angehörigen erwerben will,
sei es, daß die Verwaltungsbehörde sie nicht allen ertheilen will 1).

Abgesehen von diesen allgemeinen Regeln sind die Voraus-
setzungen der Verleihung verschieden, je nachdem ein Angehöriger
eines Deutschen Bundesstaates oder ein Ausländer sie verlangt.
Diese Verschiedenheit hat ihren Ausdruck auch in der technischen
Bezeichnung gefunden, indem das Gesetz die Verleihung im ersten
Falle Aufnahme, im zweiten Falle Naturalisation nennt.

1) Die Aufnahme eines Deutschen setzt außer dem Gesuche
um Ertheilung und dem Nachweise, daß er einem deutschen Bun-
desstaate angehöre 2), also das Reichsindigenat bereits habe, nur
voraus, den Nachweis,
daß er in dem Bundesstaate, in welchem er die Aufnahme
nachsucht, sich niedergelassen habe. (Ges. §. 7) 3).

Unter der Niederlassung ist nach der feststehenden Termino-
logie der Reichsgesetzgebung die Begründung eines Wohnsitzes
(Domizils) im Gegensatz zum bloßen Aufenthalt zu verstehen. So
zweifellos es nun ist, daß ein bereits begründeter Wohnsitz trotz
des Aufenthalts an anderen Orten fortbestehen kann, Wohnsitz
und Aufenthaltsort demnach verschieden sein können, so gewiß ist
es doch andererseits, daß die Begründung eines neuen Wohn-
sitzes ohne Aufenthalt daselbst nicht erfolgen kann, und daß
namentlich derjenige, welcher an einem Orte sich aufzuhalten gar
nicht befugt ist, dessen Aufenthalt dort nicht geduldet wird, sich
daselbst auch nicht niederlassen kann. Soweit daher ein Bundes-
staat befugt ist, den Angehörigen anderer Bundesstaaten in seinem
Gebiet den Aufenthalt zu versagen, kann er auch eine Nie-
derlassung
derselben in seinem Gebiete verwehren und mithin

1) §. 11. "Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern
nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird
, zugleich auf die Ehe-
frau und die noch unter väterlicher Gewalt stehenden minderjährigen Kinder."
2) Ges. über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 §. 2.
3) Die Verleihung der Staatsangehörigkeit an Deutsche, welche sich nicht im
Staatsgebiete niederlassen, z. B. die Ertheilung eines Ehren-Staatsbürger-
rechts, ist demnach unzulässig. Vgl. auch Riedel S. 258 unter 3 b.

§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
Dieſer Satz iſt aber nur von dispoſitiver Kraft; die Contrahenten
können ihn durch eine entgegenſtehende Vereinbarung ausſchließen;
ſei es, daß der Ehemann oder Vater die Staatsangehörigkeit nicht
für alle ſeiner Gewalt unterworfenen Angehörigen erwerben will,
ſei es, daß die Verwaltungsbehörde ſie nicht allen ertheilen will 1).

Abgeſehen von dieſen allgemeinen Regeln ſind die Voraus-
ſetzungen der Verleihung verſchieden, je nachdem ein Angehöriger
eines Deutſchen Bundesſtaates oder ein Ausländer ſie verlangt.
Dieſe Verſchiedenheit hat ihren Ausdruck auch in der techniſchen
Bezeichnung gefunden, indem das Geſetz die Verleihung im erſten
Falle Aufnahme, im zweiten Falle Naturaliſation nennt.

1) Die Aufnahme eines Deutſchen ſetzt außer dem Geſuche
um Ertheilung und dem Nachweiſe, daß er einem deutſchen Bun-
desſtaate angehöre 2), alſo das Reichsindigenat bereits habe, nur
voraus, den Nachweis,
daß er in dem Bundesſtaate, in welchem er die Aufnahme
nachſucht, ſich niedergelaſſen habe. (Geſ. §. 7) 3).

Unter der Niederlaſſung iſt nach der feſtſtehenden Termino-
logie der Reichsgeſetzgebung die Begründung eines Wohnſitzes
(Domizils) im Gegenſatz zum bloßen Aufenthalt zu verſtehen. So
zweifellos es nun iſt, daß ein bereits begründeter Wohnſitz trotz
des Aufenthalts an anderen Orten fortbeſtehen kann, Wohnſitz
und Aufenthaltsort demnach verſchieden ſein können, ſo gewiß iſt
es doch andererſeits, daß die Begründung eines neuen Wohn-
ſitzes ohne Aufenthalt daſelbſt nicht erfolgen kann, und daß
namentlich derjenige, welcher an einem Orte ſich aufzuhalten gar
nicht befugt iſt, deſſen Aufenthalt dort nicht geduldet wird, ſich
daſelbſt auch nicht niederlaſſen kann. Soweit daher ein Bundes-
ſtaat befugt iſt, den Angehörigen anderer Bundesſtaaten in ſeinem
Gebiet den Aufenthalt zu verſagen, kann er auch eine Nie-
derlaſſung
derſelben in ſeinem Gebiete verwehren und mithin

1) §. 11. „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erſtreckt ſich, inſofern
nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird
, zugleich auf die Ehe-
frau und die noch unter väterlicher Gewalt ſtehenden minderjährigen Kinder.“
2) Geſ. über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 §. 2.
3) Die Verleihung der Staatsangehörigkeit an Deutſche, welche ſich nicht im
Staatsgebiete niederlaſſen, z. B. die Ertheilung eines Ehren-Staatsbürger-
rechts, iſt demnach unzuläſſig. Vgl. auch Riedel S. 258 unter 3 b.
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[167/0187] §. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit. Dieſer Satz iſt aber nur von dispoſitiver Kraft; die Contrahenten können ihn durch eine entgegenſtehende Vereinbarung ausſchließen; ſei es, daß der Ehemann oder Vater die Staatsangehörigkeit nicht für alle ſeiner Gewalt unterworfenen Angehörigen erwerben will, ſei es, daß die Verwaltungsbehörde ſie nicht allen ertheilen will 1). Abgeſehen von dieſen allgemeinen Regeln ſind die Voraus- ſetzungen der Verleihung verſchieden, je nachdem ein Angehöriger eines Deutſchen Bundesſtaates oder ein Ausländer ſie verlangt. Dieſe Verſchiedenheit hat ihren Ausdruck auch in der techniſchen Bezeichnung gefunden, indem das Geſetz die Verleihung im erſten Falle Aufnahme, im zweiten Falle Naturaliſation nennt. 1) Die Aufnahme eines Deutſchen ſetzt außer dem Geſuche um Ertheilung und dem Nachweiſe, daß er einem deutſchen Bun- desſtaate angehöre 2), alſo das Reichsindigenat bereits habe, nur voraus, den Nachweis, daß er in dem Bundesſtaate, in welchem er die Aufnahme nachſucht, ſich niedergelaſſen habe. (Geſ. §. 7) 3). Unter der Niederlaſſung iſt nach der feſtſtehenden Termino- logie der Reichsgeſetzgebung die Begründung eines Wohnſitzes (Domizils) im Gegenſatz zum bloßen Aufenthalt zu verſtehen. So zweifellos es nun iſt, daß ein bereits begründeter Wohnſitz trotz des Aufenthalts an anderen Orten fortbeſtehen kann, Wohnſitz und Aufenthaltsort demnach verſchieden ſein können, ſo gewiß iſt es doch andererſeits, daß die Begründung eines neuen Wohn- ſitzes ohne Aufenthalt daſelbſt nicht erfolgen kann, und daß namentlich derjenige, welcher an einem Orte ſich aufzuhalten gar nicht befugt iſt, deſſen Aufenthalt dort nicht geduldet wird, ſich daſelbſt auch nicht niederlaſſen kann. Soweit daher ein Bundes- ſtaat befugt iſt, den Angehörigen anderer Bundesſtaaten in ſeinem Gebiet den Aufenthalt zu verſagen, kann er auch eine Nie- derlaſſung derſelben in ſeinem Gebiete verwehren und mithin 1) §. 11. „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erſtreckt ſich, inſofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehe- frau und die noch unter väterlicher Gewalt ſtehenden minderjährigen Kinder.“ 2) Geſ. über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 §. 2. 3) Die Verleihung der Staatsangehörigkeit an Deutſche, welche ſich nicht im Staatsgebiete niederlaſſen, z. B. die Ertheilung eines Ehren-Staatsbürger- rechts, iſt demnach unzuläſſig. Vgl. auch Riedel S. 258 unter 3 b.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/187>, abgerufen am 24.11.2024.