Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 13. Begriff u. staatsrechtliche Natur der Reichsangehörigkeit. rechts. Da der Gesammtstaat und der Gliedstaat zwei einandernebengeordnete Staaten sein sollen, unter denen die Souveränetät getheilt sei, so ergiebt sich, daß der Einzelne in gewissen Beziehungen dem einen, in anderen Beziehungen dem anderen Staate angehört, daß er Bürger zweier coordinirter Staaten ist, daß aber sein Bür- gerrecht, da keiner dieser beiden Staaten ein vollständiger Staat ist, in keinem derselben ein volles Staatsbürgerrecht ist. Am Be- stimmtesten spricht schon v. Mohl Bundesstaatsrecht der Vereinigten Staaten S. 380 dies aus: "Da der Bund aus zweierlei Staaten besteht, dem Bundesstaate und den einzelnen Bundesgliedern, so steht auch den Bewohnern ein zweifaches Bürgerrecht zu, das des speziellen Staats, welchen sie bewohnen, und dann das allgemeine Bürgerrecht des Bundes." Waitz Politik S. 171 citirt mit voller Zustimmung eine Aeußerung des Herrn von Radowitz, welcher mit Beziehung auf die 1849 in Aussicht genommene Verfassung sagt: "Daher steht in gewissen Beziehungen jeder Deutsche unter der Centralgewalt, in anderen Beziehungen unter der einzelnen Staatsgewalt, in keiner Beziehung aber unter beiden zugleich"1), Brückner, Ueber das gemeinsame Indigenat. Gotha 1867. v. Groß im Gerichtssaal. Zeitschr. f. Strafrecht u. Strafprozeß. Bd. XIX. S. 330 ff. (1867). [Goltdammer] Archiv für Preußisches Strafrecht. Bd. XVI. S. 449 ff. (1868). Landgraff in den Preuß. Jahrbüchern. 1869. S. 226 ff. Derselbe Ausführungen zu dem Reichs- und Staatsangehörigkeits-Gesetz in Hirth's Annalen. Bd. III. S. 625 ff. 1870. Kletke, Das norddeutsche Bundes-Indigenat. Berlin 1871. Stolp, Deutsche Reichsangehörigkeits- u. Heimathsgesetzgebung. Berlin 1872. Auch Arnoldt, Freizügigkeit und Unterstützungswohnsitz. Berlin 1872 ist hier anzuführen. Riedel, Reichsverfassungs-Urkunde. Nördl. 1871. S. 84 ff. S. 249--279 (Kommentar zum Reichsgesetz v. 1. Juni 1870). Böhlau, Die Wandelung des Heimathsrechts in Mecklenburg-Schwerin. Jena 1873. (Separat-Abdruck aus Hildebrand's Jahrbüchern f. Natio- nalökon. u. Statistik. Bd. XIX.) v. Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr. In Hirth's Annalen 1875. S. 793 ff. 1113 ff. 1) Vgl. auch die bei Waitz S. 172 angeführte Aeußerung Tocque- ville's. In ähnlicher Art sagt Schulze Preuß. Staatsr. II. 358: "Wäh- rend in einem Einheitsstaate ein doppeltes Indigenat in diesem und zugleich in einem fremden Staate sich als Irregularität darstellt, hat in einem Bun- 9*
§. 13. Begriff u. ſtaatsrechtliche Natur der Reichsangehörigkeit. rechts. Da der Geſammtſtaat und der Gliedſtaat zwei einandernebengeordnete Staaten ſein ſollen, unter denen die Souveränetät getheilt ſei, ſo ergiebt ſich, daß der Einzelne in gewiſſen Beziehungen dem einen, in anderen Beziehungen dem anderen Staate angehört, daß er Bürger zweier coordinirter Staaten iſt, daß aber ſein Bür- gerrecht, da keiner dieſer beiden Staaten ein vollſtändiger Staat iſt, in keinem derſelben ein volles Staatsbürgerrecht iſt. Am Be- ſtimmteſten ſpricht ſchon v. Mohl Bundesſtaatsrecht der Vereinigten Staaten S. 380 dies aus: „Da der Bund aus zweierlei Staaten beſteht, dem Bundesſtaate und den einzelnen Bundesgliedern, ſo ſteht auch den Bewohnern ein zweifaches Bürgerrecht zu, das des ſpeziellen Staats, welchen ſie bewohnen, und dann das allgemeine Bürgerrecht des Bundes.“ Waitz Politik S. 171 citirt mit voller Zuſtimmung eine Aeußerung des Herrn von Radowitz, welcher mit Beziehung auf die 1849 in Ausſicht genommene Verfaſſung ſagt: „Daher ſteht in gewiſſen Beziehungen jeder Deutſche unter der Centralgewalt, in anderen Beziehungen unter der einzelnen Staatsgewalt, in keiner Beziehung aber unter beiden zugleich“1), Brückner, Ueber das gemeinſame Indigenat. Gotha 1867. v. Groß im Gerichtsſaal. Zeitſchr. f. Strafrecht u. Strafprozeß. Bd. XIX. S. 330 ff. (1867). [Goltdammer] Archiv für Preußiſches Strafrecht. Bd. XVI. S. 449 ff. (1868). Landgraff in den Preuß. Jahrbüchern. 1869. S. 226 ff. Derſelbe Ausführungen zu dem Reichs- und Staatsangehörigkeits-Geſetz in Hirth’s Annalen. Bd. III. S. 625 ff. 1870. Kletke, Das norddeutſche Bundes-Indigenat. Berlin 1871. Stolp, Deutſche Reichsangehörigkeits- u. Heimathsgeſetzgebung. Berlin 1872. Auch Arnoldt, Freizügigkeit und Unterſtützungswohnſitz. Berlin 1872 iſt hier anzuführen. Riedel, Reichsverfaſſungs-Urkunde. Nördl. 1871. S. 84 ff. S. 249—279 (Kommentar zum Reichsgeſetz v. 1. Juni 1870). Böhlau, Die Wandelung des Heimathsrechts in Mecklenburg-Schwerin. Jena 1873. (Separat-Abdruck aus Hildebrand’s Jahrbüchern f. Natio- nalökon. u. Statiſtik. Bd. XIX.) v. Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr. In Hirth’s Annalen 1875. S. 793 ff. 1113 ff. 1) Vgl. auch die bei Waitz S. 172 angeführte Aeußerung Tocque- ville’s. In ähnlicher Art ſagt Schulze Preuß. Staatsr. II. 358: „Wäh- rend in einem Einheitsſtaate ein doppeltes Indigenat in dieſem und zugleich in einem fremden Staate ſich als Irregularität darſtellt, hat in einem Bun- 9*
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rechts. Da der Geſammtſtaat und der Gliedſtaat zwei einander
nebengeordnete Staaten ſein ſollen, unter denen die Souveränetät
getheilt ſei, ſo ergiebt ſich, daß der Einzelne in gewiſſen Beziehungen
dem einen, in anderen Beziehungen dem anderen Staate angehört,
daß er Bürger zweier coordinirter Staaten iſt, daß aber ſein Bür-
gerrecht, da keiner dieſer beiden Staaten ein vollſtändiger Staat
iſt, in keinem derſelben ein volles Staatsbürgerrecht iſt. Am Be-
ſtimmteſten ſpricht ſchon v. Mohl Bundesſtaatsrecht der Vereinigten
Staaten S. 380 dies aus: „Da der Bund aus zweierlei Staaten
beſteht, dem Bundesſtaate und den einzelnen Bundesgliedern, ſo
ſteht auch den Bewohnern ein zweifaches Bürgerrecht zu, das des
ſpeziellen Staats, welchen ſie bewohnen, und dann das allgemeine
Bürgerrecht des Bundes.“ Waitz Politik S. 171 citirt mit voller
Zuſtimmung eine Aeußerung des Herrn von Radowitz, welcher
mit Beziehung auf die 1849 in Ausſicht genommene Verfaſſung
ſagt: „Daher ſteht in gewiſſen Beziehungen jeder Deutſche unter
der Centralgewalt, in anderen Beziehungen unter der einzelnen
Staatsgewalt, in keiner Beziehung aber unter beiden zugleich“ 1),
*)
1) Vgl. auch die bei Waitz S. 172 angeführte Aeußerung Tocque-
ville’s. In ähnlicher Art ſagt Schulze Preuß. Staatsr. II. 358: „Wäh-
rend in einem Einheitsſtaate ein doppeltes Indigenat in dieſem und zugleich
in einem fremden Staate ſich als Irregularität darſtellt, hat in einem Bun-
*) Brückner, Ueber das gemeinſame Indigenat. Gotha 1867.
v. Groß im Gerichtsſaal. Zeitſchr. f. Strafrecht u. Strafprozeß. Bd. XIX.
S. 330 ff. (1867).
[Goltdammer] Archiv für Preußiſches Strafrecht. Bd. XVI. S. 449 ff.
(1868).
Landgraff in den Preuß. Jahrbüchern. 1869. S. 226 ff.
Derſelbe Ausführungen zu dem Reichs- und Staatsangehörigkeits-Geſetz in
Hirth’s Annalen. Bd. III. S. 625 ff. 1870.
Kletke, Das norddeutſche Bundes-Indigenat. Berlin 1871.
Stolp, Deutſche Reichsangehörigkeits- u. Heimathsgeſetzgebung. Berlin 1872.
Auch Arnoldt, Freizügigkeit und Unterſtützungswohnſitz. Berlin 1872 iſt
hier anzuführen.
Riedel, Reichsverfaſſungs-Urkunde. Nördl. 1871. S. 84 ff. S. 249—279
(Kommentar zum Reichsgeſetz v. 1. Juni 1870).
Böhlau, Die Wandelung des Heimathsrechts in Mecklenburg-Schwerin.
Jena 1873. (Separat-Abdruck aus Hildebrand’s Jahrbüchern f. Natio-
nalökon. u. Statiſtik. Bd. XIX.)
v. Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr.
In Hirth’s Annalen 1875. S. 793 ff. 1113 ff.
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