Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.groß geachtet wurde. Doch mußte der über und über roth gewordene Candidat sich manche Neckerei gefallen lassen, daß er zwischen der asiatisch-ägyptisch-deutschen Woche von sieben Tagen und den Nundinen der Römer einen Vermittlungsversuch gewagt habe. Auf den Abend wandelte der glückliche Vater in einen öffentlichen Garten, der, damals der einzige in der Residenz, weit und breit eines großen Rufes genoß. Wer zählt die Völker, nennt die Namen, Die gastlich hier zusammenkamen? Die Chargen des Militärs vom Lieutenant aufwärts bis zum General, höhere Kanzleibeamte, alte und junge Richter, Lehrer der Künste und Wissenschaften, und endlich schwere Bürger, welche mehr Geld in der Tasche hatten, als jene Alle mit einander, das waren die allabendlichen Stammgäste. Hiezu kamen aber noch die Vielen, die das Landexamen in die Stadt geführt hatte, und die nicht Wenigen, welche diese Wimmelzeit zum Stelldichein benützten. Besonders waren es die verschiedenen Altersklassen der Geistlichkeit, die ihre regelmäßigen jährlichen Zusammenkünfte auf diese Zeit zu verlegen liebten. Dieselben wurden im elegantesten Latein in der gelesensten Zeitung des Landes ausgeschrieben, die eben darum manchmal beinahe einem ungarischen Reichstagsblatte groß geachtet wurde. Doch mußte der über und über roth gewordene Candidat sich manche Neckerei gefallen lassen, daß er zwischen der asiatisch-ägyptisch-deutschen Woche von sieben Tagen und den Nundinen der Römer einen Vermittlungsversuch gewagt habe. Auf den Abend wandelte der glückliche Vater in einen öffentlichen Garten, der, damals der einzige in der Residenz, weit und breit eines großen Rufes genoß. Wer zählt die Völker, nennt die Namen, Die gastlich hier zusammenkamen? Die Chargen des Militärs vom Lieutenant aufwärts bis zum General, höhere Kanzleibeamte, alte und junge Richter, Lehrer der Künste und Wissenschaften, und endlich schwere Bürger, welche mehr Geld in der Tasche hatten, als jene Alle mit einander, das waren die allabendlichen Stammgäste. Hiezu kamen aber noch die Vielen, die das Landexamen in die Stadt geführt hatte, und die nicht Wenigen, welche diese Wimmelzeit zum Stelldichein benützten. Besonders waren es die verschiedenen Altersklassen der Geistlichkeit, die ihre regelmäßigen jährlichen Zusammenkünfte auf diese Zeit zu verlegen liebten. Dieselben wurden im elegantesten Latein in der gelesensten Zeitung des Landes ausgeschrieben, die eben darum manchmal beinahe einem ungarischen Reichstagsblatte <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0076"/> groß geachtet wurde. Doch mußte der über und über roth gewordene Candidat sich manche Neckerei gefallen lassen, daß er zwischen der asiatisch-ägyptisch-deutschen Woche von sieben Tagen und den Nundinen der Römer einen Vermittlungsversuch gewagt habe.</p><lb/> <p>Auf den Abend wandelte der glückliche Vater in einen öffentlichen Garten, der, damals der einzige in der Residenz, weit und breit eines großen Rufes genoß.</p><lb/> <lg> <l>Wer zählt die Völker, nennt die Namen,</l> <l>Die gastlich hier zusammenkamen?</l> </lg> <p>Die Chargen des Militärs vom Lieutenant aufwärts bis zum General, höhere Kanzleibeamte, alte und junge Richter, Lehrer der Künste und Wissenschaften, und endlich schwere Bürger, welche mehr Geld in der Tasche hatten, als jene Alle mit einander, das waren die allabendlichen Stammgäste. Hiezu kamen aber noch die Vielen, die das Landexamen in die Stadt geführt hatte, und die nicht Wenigen, welche diese Wimmelzeit zum Stelldichein benützten. Besonders waren es die verschiedenen Altersklassen der Geistlichkeit, die ihre regelmäßigen jährlichen Zusammenkünfte auf diese Zeit zu verlegen liebten. Dieselben wurden im elegantesten Latein in der gelesensten Zeitung des Landes ausgeschrieben, die eben darum manchmal beinahe einem ungarischen Reichstagsblatte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
groß geachtet wurde. Doch mußte der über und über roth gewordene Candidat sich manche Neckerei gefallen lassen, daß er zwischen der asiatisch-ägyptisch-deutschen Woche von sieben Tagen und den Nundinen der Römer einen Vermittlungsversuch gewagt habe.
Auf den Abend wandelte der glückliche Vater in einen öffentlichen Garten, der, damals der einzige in der Residenz, weit und breit eines großen Rufes genoß.
Wer zählt die Völker, nennt die Namen, Die gastlich hier zusammenkamen?
Die Chargen des Militärs vom Lieutenant aufwärts bis zum General, höhere Kanzleibeamte, alte und junge Richter, Lehrer der Künste und Wissenschaften, und endlich schwere Bürger, welche mehr Geld in der Tasche hatten, als jene Alle mit einander, das waren die allabendlichen Stammgäste. Hiezu kamen aber noch die Vielen, die das Landexamen in die Stadt geführt hatte, und die nicht Wenigen, welche diese Wimmelzeit zum Stelldichein benützten. Besonders waren es die verschiedenen Altersklassen der Geistlichkeit, die ihre regelmäßigen jährlichen Zusammenkünfte auf diese Zeit zu verlegen liebten. Dieselben wurden im elegantesten Latein in der gelesensten Zeitung des Landes ausgeschrieben, die eben darum manchmal beinahe einem ungarischen Reichstagsblatte
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Zitationshilfe: | Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/76>, abgerufen am 17.02.2025. |